Dem TV St. Georgen ist das Meisterstück geglückt. Foto: Marc Eich

Landesliga: 28:25-Sieg gegen TV Herbolzheim. 700 Zuschauern feiern Aufstieg. Mit Video

Mit dem 28:25-Sieg gegen den TV Herbolzheim hat der TV St. Georgen eine fast schon fabelhafte Saison gekrönt. Die Bergstädter feierten am Samstagabend die Meisterschaft in der Landesliga und den damit verbundenen Aufstieg in die Südbadenliga.

"Oh, wie ist das schön. Oh, wie ist das schön", sangen die 700 Zuschauer auf den Rängen und die Spieler stimmten ein. Alle waren sich an diesem Abend einig, dass der TV St. Georgen den Meistertitel in der Landesliga verdient hat. "Das war Werbung für den Handballsport", sagte Herbolzheims Trainer Mario Reif, der sich als fairer Verlierer zeigte. "Es besteht kein Zweifel daran, dass diese Mannschaft der verdiente Meister ist."

Er hatte es im Vorfeld angekündigt: Meisterschaften werden in der Abwehr entschieden. In dieser Kategorie sind die St. Georgener in dieser Saison einfach unschlagbar. Die wurfgewaltigen Rückraumspieler aus Herbolzheim – Erik Ziehler und Niklas Pommeranz – rieben sich an der starken Deckung auf und fanden nur selten den Weg ins Tor – auch dank eines starken Jannik Kaltenbach im St. Georgener Tor. "Die körperliche Präsenz in der Abwehr ist einfach wahnsinnig gut", sprach Reif dem Gegner ein weiteres Kompliment aus.

Zunächst sah es jedoch so aus, als hätten die Bergstädter ihre Nerven nicht im Griff. In den ersten 30 Minuten vergaben sie zahlreiche hochkarätige Torchancen, scheiterten zudem in der Anfangsphase zwei Mal von der Siebenmeter-Linie. "Wir haben zwischendurch sehr nervös agiert", sagte Trainer Jürgen Herr nach dem Spiel. Er selbst machte dagegen sowohl während der Partie als auch danach einen sehr lockeren Eindruck. "Ich finde, als Trainer ist es wichtig, die Ruhe zu bewahren. Das hatte ich mir vorgenommen." Und umgesetzt.

Herbolzheim nutzte die Schwächen im ersten Durchgang aus, ging zeitweise mit drei Toren in Führung (8:5). Die St. Georgener kämpften sich zurück und glichen bis zur Halbzeit auf 13:13 aus.

Im zweiten Durchgang waren die Jungs vom Roßberg dann wie ausgewechselt und demonstrierten ihre Stärke: die Abwehrarbeit und dazu einen unbändigen Willen. Die Hausherren pushten sich gegenseitig nach vorne und gingen so bis ans Limit. "Jeder hat heute alles gegeben, was er hatte", sagte Kapitän Jan Holzmann nach der Partie. Die Bergstädter zogen zehn Minuten vor Schluss auf fünf Tore davon (25:20). Die Halle stand Kopf. Der Titel war in greifbarer Nähe. Als die Gäste kurz darauf zwei Mal eine 2-Minuten-Zeitstrafe aufgebrummt bekamen und in doppelter Unterzahl agierten, war jedem in der Halle klar, dass diese Partie nur noch mit einem Heimsieg enden kann.

Fünf Minuten waren noch zu spielen, als Theo Assfalg mit dem 28:21 die Vorentscheidung erzielte. Die Zuschauer standen auf, begannen zu singen. Die Spieler und Trainer auf der St. Georgener Bank fielen sich um den Hals. "Oh, wie ist das schön!" TV St. Georgen: Jannik Kaltenbach, Thomas Schwer; Theo Assfalg (4), Lukas Holzmann (2), Thule Laabs, Dominik Vetter, Jan Holzmann (7), Niclas Grießhaber, Jan Linhard (3), Jonas Herrmann (1), Mario Müller, Paul Assfalg (6), Stephan Lermer (1), Manuel Bürk (4).

Damit hätte vor der Saison auch Trainer Jürgen Herr nicht gerechnet: St. Georgen steigt in die Südbadenliga auf. Und dies verdient. Glückwunsch an die Bergstädter, die es ohne bezahlte "Stars" geschafft haben, die Landesliga aufzumischen. Die Abwehr, der TVS stellt die beste der Klasse, gewinnt eben Meisterschaften, der Angriff Spiele. Doch noch wichtiger war der Zusammenhalt des seit Jahren eingespielten Teams. St. Georgen lebte – unterstützt von den Fans – also vom Kollektiv.

Nun beginnen die Planungen für das Abenteuer Südbadenliga. Nicht nur Abteilungsleiter Matthias Flaig weiß, dass in der höchsten Klasse des Verbandes ein rauer Wind weht. Für die Handball-Region wird es enorm wichtig sein, dass St. Georgen den Klassenerhalt schafft. Ohne Leuchttürme ist es schwer, eine Sportart weiterzuentwickeln. Und der TVS ist nun dieses Aushängeschild.

Stimmen

Jürgen Herr, Trainer TV St. Georgen:

"Ich werde noch eine Weile brauchen, bis ich begreifen kann, was hier gerade passiert. Wir waren heute alle sehr nervös – das hat man phasenweise auch im Spiel gesehen. Deshalb habe ich versucht, cool zu bleiben. In der Halbzeit ist es dafür richtig laut geworden. Ich habe den Jungs gesagt, dass sie im zweiten Durchgang die Gelegenheit haben, ihren Mann zu stehen. Das haben sie gemacht."

Mario Reif, Trainer TV Herbolzheim:

"Kein Zweifel: Der TV St. Georgen ist ganz klar verdient Meister geworden. Kompliment an diese tolle Mannschaft. Wir haben es verpasst, mit einem Vorsprung in die Halbzeit zu gehen. Das wäre vielleicht unsere Chance gewesen. Eine solche Kulisse habe ich in der Landesliga noch nie erlebt. Ich hoffe, dass unsere Jungs heute gemerkt haben, wie geil es sein kann, Handball zu spielen. Wir machen jetzt einfach weiter und geben in der Relegation unser Bestes."

Jan Holzmann, Kapitän TV St. Georgen:

"Es ist einfach der Wahnsinn. So viele Zuschauer – das gab es noch nie hier. In der zweiten Halbzeit lief alles perfekt für uns. Jeder hat alles reingehauen, was er hatte. Das mussten wir auch, um zu gewinnen. Jetzt werden wir auch in der dritten Halbzeit noch einmal alles geben."

Manuel Bürk:

"Es war der Hammer – einfach der Wahnsinn. Es hat schon die ganze Woche über gekribbelt. Wir waren positiv aufgeregt, am Anfang des Spiels auch nervös. Trotzdem haben wir es geschafft, bis zur Halbzeit dranzubleiben. In der Pause hat uns der Coach gesagt, dass wir jetzt beweisen müssen, dass wir Eier haben. Ich denke, wir haben es bewiesen."

Paul Assfalg:

"Das ist total verrückt, was hier los ist. Es sind Leute aus der ganzen Region gekommen. Da haben im Spiel die Hände schon ein wenig gezittert. Mit unserer Abwehr haben wir es wieder einmal rausgerissen. Wichtig war auch, dass wir uns gegenseitig immer und immer wieder gepusht haben."

Randnotizen

 Rekordkulisse

Bereits eine Stunde vor Spielbeginn (18.30 Uhr) platzte die Roßberghalle aus ihren Nähten. Rund 700 Zuschauer waren zum Handball-Spektakel nach St. Georgen gekommen, darunter etwa 140 aus Herbolzheim. Da reichte die Kapazität der Tribünen nicht aus. Etliche Zuschauer mussten am Spielfeldrand Platz nehmen. Eine solche Kulisse hatte es auf dem Roßberg zuvor wohl noch nie gegeben.

 Nervenflattern

Vor allem an der Sieben-Meter-Linie war zu sehen, dass die Bergstädter mit den Nerven zu kämpfen hatten. Vier von vier Strafwürfen haben die St. Georgener vergeben. "Das vergessen wir ganz, ganz schnell wieder", sagte Paul Assfalg. Zwei Fehlwürfe davon gehen auf sein Konto. "Darüber können wir heute ausnahmsweise hinwegschauen."

 Handball-Familie

Der Herbolzheimer Coach Mario Reif pflegt gute Kontakte auf den Roßberg. Das betonte er am Rande der Partie immer wieder. "Ich habe mit Vater Holzmann mehrere Jahre in einem Büro gesessen", erklärt er den Grund für die Verbundenheit. "Die ganze Familie ist einfach handballverrückt. Die muss man einfach lieben."

 Bescheidenheit

Keine Meister-Shirts, keine Bierduschen. Es hatte den Anschein, als wären die St. Georgener gar nicht richtig auf den Titelgewinn vorbereitet gewesen. "Wir sind ja allgemein sehr bescheiden", begründete Abteilungsleiter Matthias Flaig, weshalb die Bergstädter auf Extras verzichtet haben. Gefeiert wurde natürlich trotzdem.

 Flüsterpost

Komplett ausgepowert und ohne Stimme stand Kapitän Jan Holzmann nach der Partie am Spielfeldrand. "Ich bin schon ein wenig heißer", sagte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Der Grund: Die Lautstärke auf den Zuschauerrängen war so hoch, dass der Spielmacher seinen Mitspielern die Kommandos regelrecht entgegenbrüllen musste. "Das hatte phasenweise schon etwas von Flüsterpost", sagte er mit einem noch breiteren Grinsen. "Aber es ist ja alles gut gegangen."

 Kurze Leine

St. Georgens Top-Torschütze Manuel Bürk wurde von Herbolzheims Erik Ziehler während der kompletten Spielzeit an die kurze Leine gelegt, also per Manndeckung aus dem Spiel genommen. "Ich glaube, er wäre mir in der Halbzeit sogar bis auf’s Klo gefolgt", sagte Bürk schmunzelnd.