Auch mit 90 noch ein aufmerksamer Leser des Schwarzwälder Boten Hausschatz’. Für ihn hat Redakteur Josef Schneider aus Gruol viele heimatliche Geschichten geschrieben. Foto: Kost Foto: Schwarzwälder-Bote

Der frühere Schwarzwälder-Bote-Lokalredakteur Josef Schneider aus Gruol feiert morgen den 90. Geburtstag

Von Thomas Kost

Haigerloch-Gruol. Wie geht’s eigentlich dem? Und was macht die? Das Interesse von Josef Schneider an "seiner" Zeitung, dem Schwarzwälder Boten, ist auch nach 25 Jahren im Ruhestand ungebrochen. Morgen feiert der frühere Redakteur und Geschäftsstellenleiter aus Gruol seinen 90. Geburtstag.

Keine Frage: Den Stellenwert als Heimatzeitung Nummer eins, den sich der Schwarzwälder Bote im Raum Haigerloch in den vergangenen 60 Jahren erarbeitet hat, ist in weiten Teilen Schneiders Verdienst.

Dass sein Berufsweg in den Journalismus und die Anzeigen- und Werbebranche führen würde, hatte sich der am 19. Juli 1925 als Sohn von Eugen und Berta Schneider geborene Josef wohl nicht ausgemalt, denn das Schicksal hatte zunächst anderes mit ihm vor: Nach dem Besuch der Volksschule erlebte Josef Schneider nämlich als junger Mann mit 17 Jahren die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Zunächst beim Reichsarbeitsdienst, wo er in der Bretagne bei Brest im Festungsbau eingesetzt war. Danach kam er als Infanterist nach Russland, wo Schneider an der Kurlandfront gleich drei schwere Verwundungen erlitt.

Der Krieg endete für ihn im Lazarett in Stettin und in amerikanischer Gefangenschaft in Bad Aibling, aus der er im Herbst 1945 nach Hause entlassen wurde und dort zunächst einmal in der elterlichen Landwirtschaft weiterarbeitete und im Winter die Landwirtschaftsschule besuchte, die damals im Schloss Haigerloch untergebracht war.

Es war der damalige Gruoler Ortspfarrer Gustav Reiber, der Josef Schneider dazu animierte, über das örtliche Geschehen zu schreiben. Diese Tätigkeit mündete schließlich 1956 in eine Festanstellung beim Schwarzwälder Boten. Es erfüllte ihn damals mit Stolz, dass ihm die Zeitung aus Oberndorf als "grasgrünem Laien", wie er sagt, so viel Vertrauen entgegen brachte.

Sein Revier war fortan der Raum Haigerloch, Höfendorf und Bietenhausen. Wenn Not am Mann war, musste Schneider aber auch in Bisingen, Burladingen, Hechingen, Horb oder gar Sulz als Berichterstatter aushelfen. Von Anfang an gehörte neben der journalistischen Tätigkeit auch das Anzeigengeschäft zu Josef Schneiders Metier.

Journalismus ist ein Beruf, in dem man die Stunden nicht zählen darf – das ist schon immer so gewesen und traf besonders zu, als Josef Schneider von 1968 bis 1982 zusätzlich als Werbesachbearbeiter beim Owinger Möbelhaus Schick arbeitete – dessen Gründer und Seniorchef Karl Schick ist ein Jahrgänger von Josef Schneider und ein guter Freund.

Morgens Zeitung, nachmittags Wohn-Schick und abends nochmals Zeitungstermine wahrnehmen. Dieser Rhythmus prägte lange Jahre das intensive Arbeitsleben des Jubilars. Um so wichtiger war es, dass ihm seine vor zehn Jahren verstorbene Ehefrau Katharina immer den Rücken frei hielt und auch in turbulenten Phasen wie der Kommunalreform Anfang bis Mitte der 70er Jahre eine wichtige Ratgeberin war, auf die er baute und vertraute.

Mit Josef Schneider entwickelte sich der Schwarzwälder Bote in Haigerloch prächtig und deshalb klapperten die Schreibmaschinentasten und klingelte der Telefonapparat irgendwann nicht mehr im Bürozimmer seines Privathauses, sondern in einer Geschäftsstelle in der Haigerlocher Oberstadtstraße, die der Schwarzwälder Bote 1987 eröffnete. Dort arbeitete Josef Schneider mit Unterstützung von fleißigen Anzeigenmitarbeiterinnen noch bis 1990, dann ging er mit 65 Jahren in den Ruhestand.

Wobei Ruhestand nicht das richtige Wort für einen Mann wie ihn ist: Wie selbstverständlich blieb Josef Schneider seinem Beruf treu und übernahm als freier Berichterstatter für die Lokalredaktion weiterhin ungezählte Presse-Termine, vor allem in seinem Heimatort Gruol.

Der Ruhestand gab ihm auch ein bisschen mehr Luft, sich Themen zu widmen, die ihm von jeher am Herzen lagen: Heimatgeschichte und kirchliches Leben. Josef Schneider hat mehrere Bücher verfasst, zum Beispiel über den Haigerlocher Handwerkerjahrtag (1998), über Weihnachtsbrauchtum und Krippenkunst in Hohenzollern (2006) Er schilderte, wie die Bevölkerung von Empfingen bis Hechingen das Kriegsende 1945 erlebte ("Donnergrollen"; 2007), war Mitautor des Heimatbuches "900 Jahre Gruol" (1994) und publizierte den Bildband "Haigerloch im Jubiläumsjahr" (1995) und seine Autobiografie "Stationen bewegter Jugendjahre" (2003).

Eine tiefe christlich-soziale Prägung führten zu verschiedenen ehrenamtlichen Tätigkeiten, insbesondere in der Kolpingsfamilie Gruol und dem VdK. Zum Ehrenvorsitzenden der Kolpingsfamilie wurde Josef Schneider im Jahr 2003 ernannt und 2011 mit dem Münsterturm ausgezeichnet, die höchste Ehrung die Kolping zu vergeben hat. Der VdK ehrte ihn für 40-jährige Mitgliedschaft. Im Gruoler Liederkranz (heute "Vocalis pur") ist Josef Schneider ebenfalls Ehrenmitglied. Auch ums Gruoler Altenwerk hat sich der Jubilar Verdienste erworben.

Dazu kommt als besondere Auszeichnung die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg, die es dem morgen 90-Jährigen bereits 1985 für langjährige Verdienste im Ehrenamt verliehen hatte. Seit 1950 ist Josef Schneider auch Mitglied der CDU.

Wie geht es ihm heute? "Ich bin zufrieden", sagt er im Gespräch, abgesehen von seinen Kriegsverletzungen, die sich im Alter stärker bemerkbar machen als früher. Das Zeitgeschehen verfolgt er weiterhin und auch im Garten in seinem Haus arbeitet er noch gern. Gefeiert wird am Sonntag in der Haigerlocher "Krone" im Kreise der Familie und Freunde, mit den Töchtern Edeltraud und Annerose, deren Familien und drei Enkeln.