Vortrag: Hansjörg Jung weist auf diverse Aspekte der Windkraftnutzung hin / Zuhörer debattieren eifrig

Haigerloch. Windhöffigkeit, Eiswurf, Verschattung, Infraschall, Disko-Effekt und Lungenplatzer. Beim Vortrag von Hansjörg Jung warf der Windkraft-Kritiker aus Herrenberg viele plakative Schlagworte in den Raum.

Power-Point macht’s möglich. Auf einer großen Leinwand im Waldhorn blitzten fast im Sekundentakt neue Zahlen, Diagramme, Tabellen, Infografiken und Bilder auf. Dennoch schaffte es der Referent, dass ihm seine Zuhörerschaft gut 90 Minuten aufmerksam folgte.

Unbestritten, Jung ist einer von jenen, die in der Windkraftenergie zwar eine technische Option sehen, sie aber keinesfalls als ein Wundermittel der Energiewende glorifizieren, sondern auch ihre negativen Seiten und Risiken sehen. Dies wurde in seinem Vortrag deutlich

Er räumte zunächst mit der Vorstellung auf, dass der Wind nur ordentlich blasen müsse, dann laufe das Geschäft. "Stürme kann man nicht ernten", so Jung. Werde der Wind zu stark – dann schalte man die Windräder aus Sicherheitsgründen ab. So etwa bei 25 Meter pro Sekunde Windgeschwindigkeit. Einschalten tue sich ein Windrad bei drei Meter pro Sekunde und seine Nennleistung erbringe es im Durchschnitt bei zwölf Meter pro Sekunde.

Dass sich manche Hoffnungen in punkto Windkraft nicht erfüllen würden – Jung nannte als Negativbeispiel einen Windpark bei Simmersfeld – liegt seiner Einschätzung nach an falschen Annahmen. Für den Bau von Windkraftanlagen werde meist der baden-württembergische Windatlas herangezogen, weil der Gesetzgeber eine Windmessung nicht vorschreibe. Windmessungen seien nämlich mit Vorlaufkosten von bis zu 150 000 Euro eine teure Angelegenheit.

Dabei, betonte Jung, sei der Windatlas eine rein rechnerische Simulation am Computer. Die Methodik stamme aus Dänemark und eignet sich aus seiner Sicht nicht für die Verhältnisse in Baden-Württemberg.

Interessant werde laut ihm Windkraft ab einer Geschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde. Wenn aber die tatsächlichen Verhältnisse nur um zehn Prozent nach unten abweichen würden, dann mindere sich der Ertrag eines Windrades um gut 30 Prozent. Was er damit wohl ausdrücken wollte: Der Grad zwischen Gewinnen und Verlusten aus Windenergievermarktung scheint schmal zu sein. Wer sich auf der sicheren Seite wähnen wolle, der komme um eine aus seiner Sicht wesentlich verlässlichere Windkraftmessung nicht herum.

Auch auf die Bereiche Natur und Tierschutz – offenbar verursachen Windräder bei Fledermäusen Lungenplatzer – oder die Geräuschentwicklung ging er ein. Ein Problem für Jung stellt der Flächenverbrauch dar, weil Wege und massive Fundamente gebaut werden müssen. Er sprach auch die Waldbrandgefahr an – ein Windrad kann mehrere hundert Litern Motorenöl beherbergen. Risiken sah Jung auch in Eisbrocken, die im Winter von den Rotorblättern wegbrechen, über weite Distanzen fliegen und zur Gefahr werden können. Und, ja, es seien auch schon Windräder umgestürzt, wie er mit Bildern dokumentierte. Und mit 200 Meter hohen Windräder veränderte sich zwangsläufig das Landschaftsbild. Völlig brandmarkte Jung diese Technologie indes nicht. Er zeigte auch Beispiele gut funktionierender Windräder. Dennoch war er der Meinung dass in Baden-Württemberg die Nutzung von Wasserkraft die bessere Alternative darstelle.

Ausgiebig wurde nach dem Vortrag diskutiert. Erich Horn wies zum Beispiel auf Dolinen hin, die unter der Hohwacht zu finden seien. Für ihn wäre ein Windradbau der "zweite große Schwabenstreich nach Stuttgart 21". Alexander Siedler fürchtete einen Wertverlust von Häusern in der Nähe von Windrädern.

Die Dolinen, so regte Jungs Kollege Werner Müller, seien ein Argument, dass man in der derzeitigen öffentlichen Anhörung des Teilregionalplanes Windkraft gut einbringen könne. Der Plan liegt noch bis 31. Mai beim Regionalverband Neckar-Alb aus, bis dahin kann jeder Bedenken und Anregungen machen.