Eine Aufnahme aus dem Jahr 1894 zeige Kinder, die die Jüdische Schule in Rexingen besuchten. Quelle: Synagogenverein Rexingen Foto: Schwarzwälder-Bote

Vom Cheder zum Campus: Tagung in Haigerloch gewährt Einblicke in jüdische Bildung gestern und heute

Haigerloch/Horb. Ein Blick auf Bewährtes kann auch neue Erkenntnisse bringen. Dazu soll eine Tagung des Gedenkstättenverbundes GäuNeckar-Alb beitragen. "Vom Cheder zum Campus – Jüdische Bildung in Südwestdeutschland" heißt die ganztägige Veranstaltung in der Witthauhalle in Haigerloch am Sonntag, 13. Oktober.

Acht Referentinnen und Referenten werden in Vorträgen einen Überblick über ihre Forschungsergebnisse zur jüdischen Bildung geben. Der Bildungsauftrag im Judentum leitet sich unmittelbar aus den biblischen Schriften ab und hat seit Jahrtausenden einen hohen Stellenwert.

Den Auftakt macht ab 9.50 Uhr eine der profundesten Forscherinnen zur deutsch-jüdischen Alltagsgeschichte: Monika Richarz aus Hamburg, gibt einen Überblick über die Entwicklung der jüdischen Bildung in Deutschland vom 18. bis ins 20. Jahrhundert.

Der württembergische Landesrabbiner Netanel Wurmser will ab 10.45 Uhr nachweisen, dass die Hochachtung von Bildung schon in den Heiligen Schriften gefordert wurde.

Im dritten Vortrag ab 11.45 Uhr stellt Historiker Helmut Gabeli aus Haigerloch neueste Forschungen zu den jüdischen Elementarschulen in Haigerloch und Rexingen vor. Beide Schulen hatten in Hohenzollern und Württemberg in der Nazi-Zeit am längsten Bestand.

Nach der Mittagspause spricht Carsten Kohlmann, Leiter des Stadtarchives in Schramberg, ab 14 Uhr über das Rabbinat im Schwarzwaldkreis. Viele Rabbiner aus namhaften askenasischen Dynastien haben dem in Mühringen angesiedelten Rabbinat vorgestanden, bis es 1913 nach Horb verlegt und der letzte Rabbiner, Abraham Schweizer, in Treblinka ermordet wurde.

Die Horber Schülerin Allison Schmitz hat für eine Arbeit im Fach Geschichte die Situation der jüdischen Volksschule in Rexingen während der Zeit des Nationalsozialismus erforscht und spricht darüber in ihrem Vortrag "Die jüdische Schule in Rexingen in Zeiten der Bedrängnis 1933 bis 1941".

Wilfried Setzler aus Tübingen spricht ab 15.45 Uhr über die Juden an der Universität Tübingen im 19. Jahrhundert. Ulrike Baumgärtner, Historikerin aus Tübingen, beleuchtet dann ab 16.20 Uhr eine jüdische Bildungskarriere im 19./20 Jahrhundert am Beispiel von Simon Hayum. Der jüdische Rechtsanwalt und Tübinger Kommunalpolitiker stand für den Aufstiegswillen einer neuen Generation jüdischer Bürger in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Martin Ulmer, Kulturwissenschaftler und Historiker in Tübingen, beschäftigt sich ab 17 Uhr mit der Entwicklung der jüdischen Bildung und Erziehung, speziell in Stuttgart, nach der Shoa ab 1945.

Die Tagung mündet in ein Podiumsgespräch unter dem Titel "Warum wird jüdische Bildung heute gebraucht?" Staatsministerin Silke Krebs, Monika Richarz, Barbara Traub von der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) und die Vorsitzende des Landesschulbeirats ,Ingeborge Schoeffel-Tschinke, unterhalten sich darüber, welche Anregungen die Philosophie des "lebenslangen jüdischen Lernens" der heutigen Wissensgesellschaft bietet. Moderiert wird das Gespräch von Sibylle Thelen von der Landeszentrale für politische Bildung.

Weitere Informationen: Anmeldungen für die Tagung werden bis Montag, 20. September angenommen, Telefon 07451/62 06 89. Internet: www.gedenkstättenverbund-gna.org