Vor allem viele Windkraft-Skeptiker füllten am Dienstag die Zuschauerränge der Grosselfinger Gemeinderatssitzung. Groß zu Wort durften sie sich aus formalen Gründen nicht melden. Ihre Anregung für ein vorgezogenes Prüfungsverfahren fand hier keinen Zuspruch. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemeinderat: Viele Skeptiker kommen zu Gemeinderatssitzung / Vertrauen in weiteres Verfahren

Über 30 Kritiker der Windkraftanlagen-Planung auf der Hohwacht kamen am Dienstag in die Grosselfinger Gemeinderatssitzung. Sagen durften sie kaum etwas, ihre Bitte an die Gemeinde stießt auf keine Gegenliebe.

Grosselfingen. Bürgermeister Franz Josef Möller begrüßte die Gäste, von denen "viele nicht aus Grosselfingen sind", wie er anmerkte. Eine Fragestunde gab es nicht. Erst am Ende der Sitzung durften kurze Fragen gestellt werden. Hier meldete sich der Haigerlocher Gemeinderat Walter Stocker zu Wort, der Grosselfingen dazu aufforderte, frühzeitig ein "artenschutzrechtliches Prüfungsverfahren" in Auftrag zu geben. Dem wurde nicht entsprochen.

Es war auch nicht Thema der Tagesordnung. Dort stand die Frage an, wie sich Grosselfingen zum Teilregionalplan Windkraft verhält, der eine Voraussetzung unter anderem für eine Windkraftanlage im Bereich Hohwacht auf Grosselfinger Gemarkung ist. Einstimmig beschlossen wurde am Dienstag, dass Grosselfingen "keine Anregungen und Bedenken zum Teilregionalplan" vorbringen wird.

Was nicht heißt, dass Grosselfingen bedingungslos für Windkraftanlagen an diesem Standort ist, betonten in seltener Einmütigkeit Rudi Senner und Thomas Haug für die beiden Rats-Fraktionen. Wenn im Verlauf der Planung problematische Aspekte auftauchen – etwa Naturschutz – werde man das sehr ernst nehmen, versicherten sie.

Derzeit allerdings zeigt der Grosselfinger Gemeinderat vollstes Vertrauen in das laufende Planungsverfahren des Regionalverbands, dessen frühere Schritte schon in mehreren öffentlichen Sitzungen beraten wurden – allerdings noch ohne große Aufmerksamkeit der Windkraft-Skeptiker, wie an diesem Abend betont wurde. "Heimlichtuerei" sei deshalb ein Vorwurf, der nicht haltbar sei, so die Gemeinderäte.

Grosselfingen ist stolz auf Öko-Energie

Bürgermeister Franz Josef Möller stellte zur Einleitung der Debatte das Windkraft-Thema zudem in einen größeren Zusammenhang. Grosselfingen sei intensiv dabei, nach dem Atomausstieg nach Energiealternativen zu suchen. Hier könne man schon viele Erfolge vorweisen. Die Groß-Solaranlage etwa, die Strom für 200 Haushalte erzeuge, die Biogasanlage, die neben Strom auch Wärme für 160 Häuser sowie Schule, Kindergarten und Rathaus produziere. Anlagen auf vielen Privathäusern kämen dazu.

Grosselfingen stellt Bedingungen

Auch dem Thema Windkraft stehe die Gemeinde grundsätzlich offen gegenüber, allerdings habe der Gemeinderat auch klare Bedingungen dafür formuliert. Und die lauten unter anderem: Kein Wildwuchs von Anlagen "irgendwo" auf der Gemarkung, und Bau von Anlagen nur auf öffentlichen Flächen, um Neiddebatten zu vermeiden.

Und genau diese Anforderungen sehen Franz Josef Möller und der Gemeinderat derzeit durch das laufende Verfahren des Regionalverbands gesichert. Ohne dieses Planungswerk könnten Anlagen sonst – so zumindest die allgemeine Befürchtung – auf Privatflächen an verschiedenen Stellen in Grosselfingen erstellt werden. Das Gleiche gilt für Haigerloch und Rangendingen.

Möller: "Haben keine Verträge geschlossen"

Möller betonte zudem ausdrücklich: "Wir haben noch keine Verträge geschlossen". Wenn einmal Anlagen gebaut werden sollten – wofür seiner Ansicht nach noch ein langer Weg zurückzulegen ist – dann müssten Einwohner aus dem ganzen Zollernalbkreis die Möglichkeit haben, sich an dem Projekt zu beteiligen und davon zu profitieren.

Möller betonte auch mehrfach, dass die aktuelle Entscheidung des Gemeinderats keineswegs eine Freigabe für den Bau von Windkraftanlagen bedeutet, sondern dass nun noch viele weitere Schritte folgen müssen. Er ging aber auch offen darauf ein, dass durchaus schon einige Vorentscheidungen für Grosselfingen getroffen sind.

Auswahlverfahren weist auf Grosselfingen

Im Gebiet des Regionalverbands, also in den Landkreisen Tübingen, Reutlingen und Zollernalbkreis, seien bereits vor über vier Jahren 41 "Suchräume" festgelegt worden, die auf ihre Eignung als Windkraftstandorte untersucht worden seien. Nach dem Abgleich mit Ausschlusskriterien – beispielsweise Stromtrassen, Richtfunk, Artenschutz – seien 17 Suchräume übrig geblieben. Dann sei weiter aussortiert worden, am Ende dieses aufwändigen Verfahrens seien schließlich nun noch elf Gebiete übrig, eines davon sei die Hohwacht. Und noch sei nicht sicher, dass von diesen Gebieten im weiteren Verfahren nicht noch welche ausgeschlossen werden. Denn viele Prüfungen – beispielsweise auch auf Artenschutz – müssten nun noch folgen.

Eigene Prüfung für Artenschutz gefordert

Genau dieser Punkt interessierte die vielen Zuhörer der Sitzung – und speziell Walter Stocker. Er regte an, dass Grosselfingen nun sofort für seine Gemarkung ein eigenes artenschutzrechtliches Prüfungsverfahren in Gang setzen soll. Stocker ist sich sicher, dass dieses von Fachleuten zu erstellendes Gutachten das Ergebnis hätte, dass im Gebiet Hohwacht keine Windkraftanlagen möglich sind. Beispielsweise gebe es dort zu viele Milannester.

Gemeinderat Rudi Senner meinte dazu, dass dieses Gutachten ja ohnehin im Verlauf des weiteren Verfahrens erstellt wird, vorher sei ein Anlagenbau gar nicht denkbar.

Stocker räumte das ein. Er ist aber der Ansicht, dass die eigene Prüfung viel früher das Ergebnis bringen würde, dass hier keine Windkraftanlagen gebaut werden dürfen. Dann könne man sich weitere Planungen und viel Ärger sparen.

Die Grosselfinger Gemeinderäte schien er damit zunächst nicht zu überzeugen, wie ihre Gesichter zeigten. Ob und was in nichtöffentlicher Sitzung anschließend dazu besprochen wurde, darüber kann momentan nur spekuliert werden.