Interesse geweckt: Brechend voll war der Saal im Feuerwehrhaus beim Bürgerabend zum Thema Leader-Projekt. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder-Bote

Debatte um Neugestaltung der Grosselfinger Ortsmitte ist eröffnet / 130 Besucher beim Bürgerabend

Von Volker Rath

Grosselfingen. Große Chance für die Gemeinde oder finanzielles Abenteuer? Die Diskussion um die Neugestaltung von Marktpatz, Gesellenhaus und Ortsmitte Grosselfingen ist eröffnet.

Bürgermeister Franz Josef Möller schaute am Dienstag zufrieden in die Runde. Der Aufruf zur Bürgerbeteiligung am Leader-Projekt Ortsmitte hatte gefruchtet. Rund 130 Grosselfinger kamen in den Saal des Feuerwehrhauses, um sich die Pläne von Gemeinde und Projektgruppe anzuhören sowie ihre Meinung einzubringen. "Der halbe Flecken ist da", sagte Möller. Und die Grosselfinger hielten mit Fragen und ihrer Meinung nicht hinterm Berg.

Geistige Vorarbeit geleistet hatten im Vorfeld Gemeinde, Gemeinderat und ihre Berater: der Hechinger Architekt Jürgen Sprenger, der Albstädter Stadtplaner Rainer Kraut und Leader-Beraterin Edit Koschwitz. Ihr Ziel ist es, mit Zuschüssen aus dem Leader-Programm der Europäischen Union eine Art Architektenwettbewerb auf die Beine zu stellen. Vier Büros mit Architekten sowie Stadt- und Landschaftsplanern sollen Ideen ausarbeiten, wie die Ortsmitte um den Marktplatz bis hin zu Bruderschaftsstraße und Talbach aussehen könnte. Und wie sich das alte Gesellenhaus am Eingang des Marktplatzes nutzen ließe. Einige Vorgaben wollen sie den Planern mit auf den Weg geben, andere Anregungen sollen aus der Bürgerschaft kommen.

Ihnen schwebt vor, das jetzige Rathaus abzureißen und das Gesellenhaus zum neuen Verwaltungssitz und Treffpunkt mit Veranstaltungsräumen zu machen. Es war einst Sitz der Verwaltung. Laut Architekt Sprenger steht Grosselfingen bald vor einer Entscheidung: Das Rathaus für schätzungsweise 1,6 Millionen Euro zu sanieren, isolieren, erweitern und barrierefrei zu gestalten. Oder noch weiteres Geld draufzulegen, um das Gesellenhaus aus dem "Dornröschenschlaf" zu wecken, in der Hoffnung, so zur Belebung des Marktplatzes beizutragen und mit dem "Leuchtturmprojekt" weitere private Investitionen in der Ortsmitte anzustoßen. Im Erdgeschoss könnten Räume angelegt werden für Kultur, Café, Seminare, Ausstellungen, private Feiern und Veranstaltungen mit bis zu 150 Besuchern. Im Obergeschoss befände sich die Verwaltung.

Die Debatte lief etwas anders als erhofft. Zum Marktplatz und der erweiterten Ortsmitte gingen kaum Anregungen ein. Stattdessen kreiste die Diskussion über weite Strecken des Abends um das alte Gesellenhaus (Rubrik). Architekt Sutter sagte, das Gesellenhaus sei noch gut erhalten. Die Sanierungskosten könne er noch nicht beziffern. Er schätze sie auf 1,5 bis 2,5 Millionen Euro. Laut Edit Koschwitz sei die Frage der Wirtschaftlichkeit hier entscheidend. Auch ein Abriss und ein Neubau seien denkbar. Koschwitz appellierte, die "Chancen" für Grosselfingen zu sehen. Möller erklärte, die Gemeinde untersuche die Möglichkeit, eine Mehrzweckhalle zu bauen (siehe nebenstehender Bericht).

Gemeinderat Rudi Senner sagte, der Marktplatz habe 25 Generationen von Grosselfingern gedient. Ein Umbau nutze auch künftig vielen Generationen. "Wir sollten am Anfang nicht nur vom Geld her denken, sondern erst mal eine Vision entwickeln und dann sehen, ob man sie verwirklichen kann", so Senner. Eine Umsetzung, wenn sie den komme, sei ein Projekt über "mindestens zehn Jahre".

u Kommentar

Kosten und Nutzen:

Vereinsvertreter wie Adalbert Gillmann kritisierten, die Kosten für die Sanierung des Gesellenhauses seien viel zu hoch. Die Vereine bräuchten dringend einen Veranstaltungsraum für mehr als 150 Besucher. Säle solcher Größe gebe es genug. Wenn das Geld fürs Gesellenhaus weg sei, fehle es für eine Mehrzweckhalle. Die Sanierung des Gesellenhauses könnte weitaus mehr Geld kosten und zur zweiten "Harmonie" wie in Geislingen werden.

Historische Aspekte:

Traditionalisten wie Narrenvogt Manfred Ostertag beschworen das heimatgeschichtliche Erbe von Marktplatz und Gesellenhaus. Es wäre schön, wenn das Narrengericht wie früher im Gesellenhaus tagen könnte. Für die Befürworter des Projekts sei es ein Glücksfall, dass der Marktplatz in seiner ursprünglichen Anlage bis heute erhalten geblieben sei. Allein deshalb sei er erhaltenswert.

Veranstaltungen:

Kritiker hielten entgegen, es gebe kaum große Veranstaltungen, die einen teuren Umbau des Marktplatzes rechtfertigen würden. Befürworter argumentieren, es biete sich die Gelegenheit, ursprüngliche Zustände wieder herzustellen. Teile des Narrenspiels könnten wieder auf dem Platz am Talbach stattfinden, so wie früher. Das Gelände, auf dem heute das Rathaus steht, fällt zum Bach hin ab und habe die Form eines "Amphitheaters". Einst sei hier der Narrenbrunnen gestanden.

Weiteres Vorgehen:

Im Februar gibt es eine Vorbesprechung der Fachjury. Ihr gehören vier unabhängige Sachverständige, die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats, die Berater und Bürgermeister Möller an. Sie sollen den Entwurf für den Architektenwettbewerb anfertigen. Im März soll der Gemeinderat die Auslobung des Wettbewerbs beschließen. Dann haben die vier Planergruppen bis 25. Juni Zeit, ihre Konzepte einzureichen. Ab dem 26. Juni gibt es eine Ausstellung und eine weitere Bürgerbeteiligung. Ob und welche Teile von den Konzepten umgesetzt wird, liegt in der Entscheidung des Gemeinderats. Der Wettbewerb kostet 96 000 Euro. 44 300 Euro Zuschuss erhält die Gemeinde.