Hoch oben im warmen, dunklen Kirchturm von St. Markus hängt ein Männchen der Fledermausart Großes Mausohr von einem dicken Holzbalken. Foto: Schnurr Foto: Schwarzwälder-Bote

In Turm und Dachstuhl der Binsdorfer Kirche St. Markus leben Fledermäuse / Paarungszeit beginnt im August

Von Wolf-Ulrich Schnurr

Geislingen-Binsdorf. Hoch im Turm der Binsdorfer Kirche St. Markus ist es derzeit drückend warm und wie das ganze Jahr über schummrig dunkel – für Fledermäuse eine geeignete Wohnumgebung. Tatsächlich sichten die wenigen Mitglieder der katholischen Kirchengemeinde, die Zugang zum Dachbereich haben, gelegentlich Exemplare der fliegenden Säuger, wie diese an einem der Turmbalken hängen.

Dass Fledermäuse Quartier in der Binsdorfer Kirche haben, ist aber nicht nur den Einheimischen bekannt, sondern auch dem Naturschutzbund (Nabu), bestätigt Hans-Martin Weisshap, Fledermaussachverständiger im Zollernalbkreis. Vor einigen Jahren hat die Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg im Auftrag des Regierungspräsidiums Tübingen alle Kirchen und größeren Kapellen untersucht und das jeweilige Vorkommen der Tiere kartiert.

Bei einem jüngst in Binsdorf gesichteten Tier (unser Foto) handelt es sich nach Weisshaps Einschätzung um ein Exemplar des Großen Mausohrs, der größten in Baden-Württemberg zu findenden Art. Vermutlich ist es ein Männchen, denn die Weibchen der Großen Mausohren schließen sich zu sogenannten "Wochenstuben" zusammen, um gemeinsam ihre Jungen aufzuziehen. Und: "In der Binsdorfer Kirche ist ein typischen Männchen- und Paarungsquartier. Es wohnen dort vermutlich nur eines, maximal zwei Männchen im Dachstuhl und warten auf den Besuch der Weibchen während der Paarungszeit."

Diese beginnt kurz nach dem Flüggewerden der Jungtiere im August. Die Weibchen suchen dann mehrere Männchenquartiere zur Paarung auf.

Große Mausohren sind im ganzen Zollernalbkreis anzutreffen. In der Haigerlocher Unterstadtkirche St. Nikolaus beispielsweise ist eine Wochenstuben-Kolonie beheimatet. Dort sind mehrere Hundert erwachsene Weibchen des Großen Mausohrs zu finden. Die Kolonien bleiben auf wärmere Lagen beschränkt und sind in der Regel an Orten bis maximal 600 Meter über dem Meeresspiegel zu finden.

Eine als Quartier geeignete Kirche weist laut dem Fledermaussachverständigen des Zollernalbkreises folgende Faktoren auf: Einflugmöglichkeiten müssen gegeben sein, unvergittert, frei anfliegbar und nicht durch Scheinwerfer angestrahlt. Das Dach oder der Turm muss geeignete Hang- und Versteckplätze aufweisen, warm und zugfrei sein, je nach Temperatur wechselbar, nicht mit Dämmmaterial oder Plastikplanen verkleidet, nicht zu hell und einigermaßen störungsfrei. Es darf keine Marder oder Eulen geben, und speziell Große Mausohren brauchen größere Dachstühle oder Bühnen – so wie in den beiden Stockwerken über dem Gottesdienstraum von St. Markus.

Die anhand dieser Kriterien in Frage kommenden Gotteshäuser im Kreis beherbergen in der Regel tatsächlich Fledermäuse, meist einzelne Mausohr-Männchen: "Bald jede Kirche hat ihr ›eigenes‹ Mausohr-Männchen, wenn der Dachboden oder der Turm Einflugmöglichkeiten für die Tiere aufweist und diese nicht vergittert sind", erklärt Weisshap. Das ist auch in Binsdorfs Kirche so.

Daneben gibt es laut Weisshap die Braunen Langohrfledermäuse und mancherorts auch die Grauen Langohren, die in einigen wenigen Kirchen im Kreis vorkommen. Auch diese Arten bilden Wochenstuben – in der Regel bestehen diese aber nur aus fünf bis 20 Weibchen.

Aufgrund der fortschreitenden Zerstörung der Lebensräume stehen Fledermäuse in Deutschland seit langem auf der Liste bedrohter Arten. Problematisch sind nicht zuletzt die zunehmende energetische Sanierung von (Kirchen-)Dächern mit dem gleichzeitigen Verschließen von Spalten, die Vergitterung der Schallläden, um Taubeneinflug zu verhindern, und das Anstrahlen von Kirchen mit Scheinwerfern: "Damit werden die eventuell vorhandenen Einflugmöglichkeiten zunichte gemacht."

u Wer mehr über Fledermäuse erfahren will, hat dazu bei einer Führung mit Fledermausfachwart Jörg-Andreas Reihle von der Nabu-Gruppe Haigerloch im Rahmen der "European Bat Night" Gelegenheit. Diese beginnt am Samstag, 29. August, um 20 Uhr am Parkplatz Ölmühle in Haigerloch.