Viel zu entdecken gab es auf den historischen Fotodokumenten von Karl Friedrich Eßig (1902 bis 1956), die im Heimatmuseum Appeleshof gezeigt wurden. Foto: Selter-Gehring Foto: Schwarzwälder-Bote

Arbeitskreis Heimatgeschichte präsentiert zum Saisonauftakt Schwarz-Weiß-Fotografien von Karl Friedrich Eßig

Von Annette Selter-Gehring

Gechingen. Mit einer historischen Fotodokumentation eröffnete der Arbeitskreis Heimatgeschichte am Ostersonntag die neue Museumssaison. Gezeigt wurden Schwarz-Weiß-Fotografien aus dem Nachlass von Karl Friedrich Eßig, dessen Wurzeln in Gechingen lagen und der mehrere Jahre auch in der Dorfschule der Gäugemeinde als Lehrer tätig war. Die Bilder zeigen vor allem Gebäude und Straßenzüge in den Jahren 1949 bis 1952, lassen aber auch Rückschlüsse auf das dörfliche Leben in jener Zeit zu.

Erst jüngst hatte Erika Albert-Essig diese verloren geglaubten Bilder ihres Vaters, der 1902 geboren wurde, wieder gefunden. Wie kostbar die Fotografien sind, wird deutlich in einer Erinnerung ihrer Mutter, die zum Kauf des Fotoapparats kurz nach dem Zweiten Weltkrieg notierte: "Wir haben noch lange nicht das Nötigste und nun ein Fotoapparat. Wie viel Wäsche hätte man dafür kaufen können…" Doch die Ehefrau und Mutter erkannte auch: "Seiner Liebhaberei verdanken wir so viel Kraft und Hoffnungsfreudigkeit, was zählt dagegen schon das Geld?"

Zu den ersten Aufnahmen, die Karl Friedrich Eßig mit der neu erstandenen Kamera machte, gehörten die Bilder in seinem Heimatdorf Gechingen, die er bewusst als dokumentarische Zeugnisse anfertigte und die einen Überblick über die Ausmaße des Dorfes, die Gebäude, Straßenzüge, Höfe sowie Brunnen in jenen Jahren geben. Während manches noch heute so zu erkennen ist, sind andere Gebäude verschwunden und verlaufen Wege sowie Straßen anders.

Aufnahmen, die Karl Friedrich Eßig vom Turm der Martinskirche machte, lassen erkennen, wie stark sich das ehemalige Bauerndorf verändert hat. Wo die Fotografien Wiesen und landwirtschaftliche Flächen zeigen, sind im Laufe der Zeit verschiedene Neubaugebiete entstanden. Somit sind die Fotografien auch Zeugnis einer sich verändernden Gesellschaft. Die damals noch bestimmenden bäuerlichen Strukturen wichen und Gechingen entwickelte mehr und mehr zu einer Wohngemeinde.

Zu Beginn der 1950er-Jahre gab es noch vor fast jedem Haus eine "Miste" mit der dazu gehörenden Güllepumpe. Kinder spielten "auf der Gass". Die Irm floss noch unverdohlt durchs Dorf und bot den Kindern an heißen Sommertagen an der Badestelle eine willkommene Abkühlung. Hühner und Menschen konnten die Straßen auch ohne Gehsteige ungefährdet nutzen, da es kaum Autoverkehr gab. Der Post-Omnibus, den Eßig ablichtete, war die Ausnahme.

"Kurz bevor das Postauto kam, musste ich immer Omas Hühner von der Straße in den Hof scheuchen", erinnerte sich Erika Albert-Essig bei der Ausstellung im Appeleshof, wo sie sich gemeinsam mit den zahlreichen Besuchern auf Spurensuche begab.

Am 3. Mai lädt der Arbeitskreis Heimatgeschichte zum nächsten Museumssonntag im Appeleshof ein. Die aktuelle Ausstellung wird sich 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit der Nachkriegs- und Besatzungszeit in Gechingen befassen.