Der Sedanplatz ist am 20. September erneut Thema im Gemeinderat. Archivfoto: Stocker Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Mitglieder des Arbeitskreises Heimatgeschichte im Gechinger Schwarzwaldverein hatten sich schnell

Die Mitglieder des Arbeitskreises Heimatgeschichte im Gechinger Schwarzwaldverein hatten sich schnell eine Meinung gebildet: Der Sedanplatz soll auf keinen Fall bebaut werden. Außerdem schlagen sie einen neuen Namen für das Areal vor.

Zum Gedenken an die Schlacht von Sedan, im Krieg 1870 bis 1871, bei der Kaiser Napoleon III. gefangen genommen wurde, pflanzte die Gemeinde Gechingen zwölf junge Linden im Kreisrund bei der Einweihung, die am 2. September 1872 durch Schultheiss Otto Friedrich Ziegler und Pfarrer Storz mit einem Fest stattfand. Im April 1945 mussten sechs Linden gefällt werden, um für Kanonen Schussfeld zu schaffen, die nach den Franzosen, die über der Nagold in Stellung waren, schossen. 1967 haben Bergwaldbewohner den Platz hergerichtet und damit ein Stück Heimatgeschichte bewahrt. Jahrelang wurde der Festplatz mit den sogenannten Friedenslinden genutzt und dort so manches Fest gefeiert. Das eindrucksvollste war im Herbst 1913, als zum 100. Gedenktag der Völkerschlacht von Leipzig auf allen Höhen Deutschlands Freudenfeuer entzündet wurden. Auch auf dem Sedanplatz brannte ein riesiger Holzstapel, und mehr als 30 weitere Feuer konnten von dort oben im Umkreis gezählt werden.

Gechingen. Grundsätzlich soll eine künftige Bebauung auf dem Sedanplatz in der Siedlung Bergwald in Gechingen möglich sein. Dafür jedenfalls stimmte der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause mit seinem Grundsatzbeschluss.

Missverständliche Interpretation

Zahlreiche Anwohner hatten sich während dieser Sitzung und auch danach mit einer Unterschriftenaktion vehement gegen eine Bebauung des Areals ausgesprochen. Deren Bedenken teilt auch Norbert Jensen, Vorsitzender des Arbeitskreises Heimatgeschichte. Er verweist immer wieder auf die historische Bedeutung des Platzes (siehe "Info"). Aufzeichnungen der Gechinger Heimatdichterin Tilly Jäger belegen nämlich, dass 1871 anlässlich der Sedansfeier, die an die kriegswendende Schlacht im deutsch-französischen Krieg erinnert und während des Kaiserreichs bis 1918 an vielen Orten begangen wurde, hier zwölf Friedenslinden gepflanzt wurden, von denen bis heute noch sieben erhalten und als Naturdenkmale anerkannt sind. Wobei der Vorsitzende des Arbeitskreises von einem Missverständnis spricht, was die Symbolik der Wiese mit den mehr als 140 Jahren alten Bäumen betrifft. "Viele verbinden die Linden und den Platz mit der Verherrlichung des damaligen Sieges. Dabei sollte aber der Friedensgedanke im Vordergrund stehen und das Bewusstsein, dass die damaligen Geschehnisse nicht nur den Frieden, sondern auch den Wohlstand gebracht haben", äußert sich Jensen im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.

Er verweist auf Aufzeichnungen und Auszüge aus Schriftwechseln zu dem Thema von Arbeitskreis-Mitglied Erika Albert Essig. Darin heißt es unter anderem: "Resultat dieses Krieges gegen Frankreich, dessen Wendepunkt die Schlacht bei Sedan war, war unter anderem die Proklamation des Königs von Preußen zum Deutschen Kaiser. Zuvor war Deutschland in viele souveräne Staaten zerfallen, von denen jeder seine eigenen Münzen prägte und an den Grenzen Zoll erhob. Die Zustände erinnern sehr an Europa vor der EU. Sogar ein Pendant zur Montanunion gab es, den Norddeutschen Bund, mit dem sich die süddeutschen Länder schon vor dem Krieg verbündet hatten. Danach gaben sie einen Teil ihrer Souveränität zugunsten des Kaiserreichs auf, was dem württembergischen König Karl sehr schwer fiel, aber vom Volk erstrebt war... Württemberg blieb reichstreu, behielt aber seine Eigenart – vielleicht war Bismarck doch geschickter als die Gründer der EU". Es würde sich laut Essig gerade jetzt lohnen, sich mit der Reichsgründung 1871 auseinanderzusetzen, bei der zunächst die Rechte der Bundesstaaten und ihrer Herrscher möglichst wenig angetastet wurden. Auch die nun folgende Währungsunion sei erfolgreich gewesen – "auch ein Lehrstück", so Essig. Wie hinderlich für die beginnende Industrialisierung, für Handel und Verkehr die Zustände vorher waren, könne man kaum ermessen, "und man feierte mit dem Sedanstag auch den Wandel, der in seiner Folge eingetreten war."

Nach Ansicht des Arbeitskreises, der dem Schwarzwaldverein angegliedert ist, sollte der Sedanplatz wieder mehr ins Bewusstsein gerückt, genutzt und mit Leben gefüllt werden. "Gemeinsam mit dem Schwarzwaldverein arbeiten wir derzeit an einer Hinweistafel, auf der kurz zusammengefasst die geschichtlichen Hintergründe erläutert werden. Erika Albert Essig ist mit einem ersten Entwurf beschäftigt", berichtet Jensen. Arbeitskreis und Schwarzwaldverein wollen das Projekt finanzieren.

Kleeblattwanderung endet mit Fest

Außerdem wolle man die Umbenennung beantragen: "Denkbar wäre der Name Friedensplatz oder Europaplatz." Der Begriff Sedanplatz passe nicht mehr in die heutige Zeit. Denkbar ist nach Ansicht beider Gruppen außerdem die Verlegung des Spielplatzes im Eingangsbereich zur Bergwaldsiedlung auf den Sedanplatz.

Damit die Gechinger sich wieder mehr mit dem Sedanplatz und seiner Geschichte befassen und identifizieren, endet die diesjährige Kleeblattwanderung des Schwarzwaldvereins am 3. Oktober genau dort. "Wir planen ein kleines Bürgerfest, bei dem es Speisen und Getränke geben wird", kündigt Jensen an.

Wie es mit dem Sedanplatz weitergeht, ist noch unklar. Das Thema steht in der Sitzung des Gemeinderats am 20. September erneut auf der Tagesordnung. Wie berichtet, wird Gechingens Bürgermeister Jens Häußler den Mitgliedern des Gremiums empfehlen, von einer eventuellen Bebauung abzusehen. Unterdessen haben die Mitglieder der Initiative "Denk-Mal", die klar gegen eine Bebauung sind, weiter Unterschriften gesammelt. Das wollen sie am morgigen Samstag ab 9 Uhr nochmals auf dem Fleckenparkplatz tun.