Sibylle Knauss las aus ihrem Roman "Der Gott der letzten Tage". Foto: Selter-Gehring Foto: Schwarzwälder-Bote

Lesung: Sibylle Knauss präsentiert im Buchcafé "Coffee Tales" ihr Werk

Gechingen. Ein sterbender Pfarrer und Gott sind die Protagonisten des Romans "Der Gott der letzten Tage" von Sibylle Knauss. Im Buchcafé "Coffee Tales" in Gechingen las die Autorin aus ihrem Buch, das sich mutig bis an die Lebensgrenze vorwagt. "Aber sie brauchen keine Angst zu haben, es ist nicht so schlimm wie es sich anhört", beruhigte sie ihre rund 50 Zuhörerinnen.

"Sterben ist das letzte Abenteuer, das jedem von uns bevorsteht", führte Annette Schütte, Inhaberin des "Coffee Tales", in den Abend ein. Und normalerweise hören die Geschichten genau da auf, wo das Sterben beginnt. Sibylle Knauss geht nicht nur weiter, sondern sogar noch einen Schritt darüber hinaus, begleitet den Sterbenden und die Menschen um ihn, bis in den Tod und die Trauer, dorthin, wo das Leben nur noch ein "Gewesensein", eine Erinnerung ist. "Der Gott der letzten Tage" ist ein nachdenkliches, philosophisches, anrührendes, aufwühlendes, humorvolles und vor allem mutiges und Mut machendes Buch. Ehrlich, manchmal hart, ohne Pathos, ironisch und immer wieder auch humorvoll schreibt Sibylle Knauss in ihrem neuesten Buch auf der Grenze zwischen Leben und Tod.

Rund ein Dutzend Bücher hat Sibylle Knauss, 1944 geboren, bereits veröffentlicht. Im Ruhrgebiet aufgewachsen studierte sie in Heidelberg und München Germanistik, Anglistik und Theologie. Einige Jahre unterrichtete sie als Gymnasiallehrerin, "nicht aus Neigung, sondern als Notwendigkeit", wie sie selbst einmal sagte. 1981 wurde ihr erster Roman "Ach Elise oder Lieben ist ein einsames Geschäft" veröffentlicht und von Lesern und Kritikern gelobt. Es folgten weitere und seit 1992 ist sie neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit als Dozentin an der Filmakademie in Ludwigsburg tätig, wo sie das Fach "Drehbuch" unterrichtet.

Bekannt für Grabreden

In "Der Gott der letzten Tage" geht es um die letzte Phase eines Lebens, um den Glauben, die Liebe, das, was am Ende noch zählt. Ein Mann liegt im Sterben. Er ist Pfarrer. Hat viele Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet, vom Leben über das Sterben in den Tod. "Er war bekannt für seine wundervollen Grabreden", brachte Knauss den Protagonisten den Zuhörern näher. Doch nun, drei Tage nachdem er dachte, gestorben zu sein, und im Krankenhaus wieder erwachte, muss er realisieren, dass er nicht auferstehen kann, ja sich kaum bewegen, nicht sprechen, nicht einmal selbstständig atmen kann. Er liegt auf der Intensivstation mit einem Luftröhrenschnitt und der einzige Gesprächspartner, dem er sich mitteilen kann, ist Gott. Und der ergreift selbst das Wort, duldet keine Ausreden, mischt sich ein in Gedanken, Erinnerungen, Visionen und hat dem Sterbenden einiges zu sagen. Harte und unangenehme Wahrheiten gehören dazu, denn der fromme Pfarrer war zu Lebzeiten kein Ausbund an Tugendhaftigkeit.

Während Knauss ausgewählte Passagen ihres Buches vortrug, lauschten die Zuhörer im Gechinger Buchcafé konzentriert, ließen sich von der raffinierten Erzähltechnik der Autorin gefangen nehmen, genossen die Leichtigkeit, mit der sie Schweres auf den Punkt brachte, lakonisch kommentierte und mit Ironie und Humor verdaulich machte. Im Anschluss an die Lesung kam Sibylle Knauss mit den Gästen ins Gespräch und erzählte von der Idee zu diesem Buch, das durchaus auch eigene Erfahrungen widerspiegle und autobiografische Züge trage: "Ich habe selbst das Sterben eines mir sehr nahestehenden Mannes begleitet."

Auf die Frage, ob man Gott selbst in einem Roman auftreten lassen könne, meinte Knauss: "Das ist kühn und braucht ein gewisses Maß an Ironie und Komik." Sie stellte aber auch klar, dass es sich hier um eine literarische Figur handle, und nicht um den Gott des Glaubens.