Matthias Machnig ist zurück bei der SPD. Foto: ZB

Matthias Machnig ist eine Marke. Irgendwo „zwischen Genie und Wahnsinn“, sagt einer, der ihn kennt. Nun soll der gewiefte SPD-Mann aus dem Sauerland das Wirtschaftsprofil von Sigmar Gabriel aufpolieren.

Matthias Machnig ist eine Marke. Irgendwo „zwischen Genie und Wahnsinn“, sagt einer, der ihn kennt. Nun soll der gewiefte SPD-Mann aus dem Sauerland das Wirtschaftsprofil von Sigmar Gabriel aufpolieren.

Berlin - Neulich, am Abend der Landtagswahl in Thüringen, meinten einige Matthias Machnig aus Sigmar Gabriel sprechen zu hören. Der Vizekanzler polterte drauf los, sprach von einem zerstrittenen Landesverband und völliger Unklarheit im Wahlkampf, mit wem die SPD nach der Wahl regieren will. „Etwas adrenalingesteuert“, bezeichnete jemand aus der SPD-Spitze den Auftritt. Jemand anderes unkte, da sei wohl Machnig Stichwortgeber gewesen - denn der lebte bis zuletzt in Erfurt und war in der schwarz-roten Landeskoalition Wirtschaftsminister.

Der 54-Jährige kennt die Unzulänglichkeiten der Thüringer SPD, die auf 12,4 Prozent abstürzte. Und ist Ratgeber des Parteivorsitzenden. Und ein Vollblutpolitiker, der aber die Klischees „Kettenraucher“ und „impulsiv“ nicht mehr lesen kann. Sätze von ihm fangen oft mit „Höma“ oder „Passmaauf“ an, dann kommen drei Punkte, die er mal loswerden wolle. Und es werden immer mindestens fünf. Der Mann hat immer Ideen, er ist kein Mainstream-Politiker. Seit 30 Jahren in der Politik, war einer der größten Erfolge des Sauerländers sicher der Wahlkampf 1998 für Gerhard Schröder unter dem Motto „Innovation und Gerechtigkeit“.

Und so schließt sich der Kreis: Gabriel hat inzwischen das Gefühl, dass die SPD wirtschaftsfreundlicher werden muss. Schon vor längerer Zeit habe er Machnig versprochen, dass er ihn als Staatssekretär holen werde, heißt es. Und so wird Machnig nach dem Wechsel vom letzten FDP-Spitzenbeamten Stefan Kapferer zur OECD nun Staatssekretär im Ministerium an der Invalidenstraße. Das hat das Kabinett am Mittwoch beschlossen. Machnig soll nun „Mr. Mittelstand“ werden. Auch beim heiklen Thema weniger Rüstungsexporte muss er einen Weg finden, damit Gabriel sein Gesicht wahren kann, gleichzeitig die deutschen Waffenschmieden aber nicht vor die Hunde gehen.

Machnig war schon Büroleiter von Franz Müntefering

Der studierte Soziologe (und Borussia-Dortmund-Fan) Machnig war schon Büroleiter von Franz Müntefering und SPD-Bundesgeschäftsführer. „Zwischen Genie und Wahnsinn“, charakterisiert ihn einer im Willy-Brandt-Haus. Zuletzt managte er den Europawahlkampf, in der SPD fanden viele seine Schlussidee daneben, Spitzenkandidat Martin Schulz mit dem Slogan „Damit ein Deutscher Kommissionspräsident wird“ zu plakatieren. Machnig dürfte ab 2016 auch bei der Planung für den Bundestagswahlkampf mitmischen - das birgt Konfliktstoff mit SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi.

Schon in Erfurt lief Machnig als Minister zu großer Form auf. PR-Kampagnen mit Thüringer Rostbratwürsten erklärte er zu Relikten der Vergangenheit. Da ein Machnig immer groß denkt, gab es plötzlich Bilder der berühmten Hollywood-Buchstaben mit dem Slogan „Das ist Thüringen“. Weil die besten Blockbuster mit „High-End-Objektivlinsen von Zeiss aus Jena“ gedreht würden.

Fachlich wird er geschätzt. Er war im Kompetenzteam von Peer Steinbrück als Wirtschaftsexperte. Aber dann lief etwas schief. Machnig hatte neben seinem Gehalt als Wirtschaftsminister in Thüringen weiterhin auch noch Versorgungsbezüge aus seiner Zeit als Staatssekretär im Bundesumweltministerium erhalten.

Ermittlungen wegen Betrugsverdachts wurden eingestellt. Die Thüringer Landesfinanzdirektion fordert aber die Rückzahlung von 150 000 Euro an Versorgungsbezügen. Im November 2013 war Machnig als Minister zurückgetreten. Er hat unter den Vorwürfen gelitten, fühlte sich wie ein Verbrecher behandelt.

Kenner sagen, dass nun besonders ein anderer Gabriel-Mann nicht gerade begeistert ist vom Neuzugang im Bund: Rainer Sontowski. Er kennt Gabriel seit Jahrzehnten schon aus Niedersachsen und ist ebenfalls Staatssekretär. Nun konkurrieren beide um den Zugang zum Vizekanzler, Sontowski ist eher ein Mann der leisen Töne. Aber es kann auch klappen: Beide - Machnig und Sontowski - arbeiteten schon im Bundesumweltministerium mit dem Minister Gabriel. Machnig auch dort als Staatssekretär, Sontowski als Abteilungsleiter.