Hofft auf Unterstützung, woher auch immer: Kapitän Alessandro Lucarelli erhält wie seine Kollegen vom FC Parma schon seit Monaten kein Gehalt mehr Foto: Getty

Schulden von 218 Millionen Euro, Geldwäsche, Betrug: Der italienische Fußball-Erstligist AC Parma ist nun endgültig insolvent.

Parma - „Manenti Vattene!“ („Manenti hau ab!“) – dieses Transparent haben Fans des FC Parma schon vor Tagen am Eingang des Trainingsgeländes ihres Lieblingsclubs angebracht. Niemand hat es als notwendig erachtet, es abzuhängen. Giampietro Manenti, offiziell Präsident des Vereins, war ohnehin nur sporadisch aufgetaucht. Und die Mitarbeiter der Geschäftsstelle fühlen sich dem Club, bei dem sie angestellt sind, auch nicht mehr recht verbunden. Die Arbeit geben sie sich selber, aus Pflichtbewusstsein, aus Routine, aus Mangel an Alternativen. Geld erhalten sie schon seit November nicht mehr.

All jene, die das Transparent aufhängten, und jene, die es hängen ließen, hat ihre Intuition nicht getrogen. Denn Manenti wurde inzwischen festgenommen, er soll Mitglied einer 22-köpfigen Betrügerbande sein. Diese hat, so lautet der Vorwurf der römischen Staatsanwaltschaft, Duplikate von Kreditkarten hergestellt, um so zu versuchen, Geldströme auf ihre Konten umzuleiten. Der FC Parma sollte dabei als Geldwaschsalon fungieren. Die von der Staatsanwaltschaft festgestellten Schulden in Höhe von 218 Millionen Euro, davon allein 74 Millionen Euro aus nicht gezahlten Gehältern für den Profikader, spielen bei solchen Waschgängen nur eine marginale Rolle. „Ich kann nicht mehr. Jeden Tag erhalten wir einen neuen Schlag ins Gesicht. Das soll aufhören“, sagte der völlig enttäuschte Parma-Kapitän Alessandro Lucarelli, als die Nachricht von der Festnahme Manentis bei ihm eintraf.

Stutzig werden durfte man freilich schon viel früher. Als Manenti im Februar den Verein vom albanischen Ölunternehmer Rezart Taci erwarb, war das eine Transaktion zwischen einer auf Zypern eingetragen Holding mit dem passenden Namen Dasastro, die zum Firmenadressenimperium des in Albanien als Steuersünder aufgefallenen Taci gehört, und der Mapi Grup von Manenti. Diese wiederum besteht nach Recherchen italienischer Journalisten nur aus einem Briefkasten an einem Wohnhaus am Rande des Industriegebiets von Nova Gorica, einer slowenischen Stadt nahe der italienischen Grenze. „Hier hätten die zuständigen Stellen besser arbeiten müssen. Es kann doch nicht sein, dass ein Club der Serie A zwei Mal für lediglich einen Euro den Besitzer wechselt“, erklärte Lucarelli gegenüber unserer Zeitung. Schon Tacis Dasastro Holding hatte den FC Parma für einen Euro von Vorbesitzer Tommaso Ghirardi übernommen.

Ghirardi ist für Lucarelli der eigentliche Verantwortliche der Misere. Denn in den sieben Jahren seiner Präsidentschaft produzierte er Schulden im dreistelligen Millionenbereich. „Mehr als zwei Jahre lang bezahlte er uns immer erst im letzten Moment, kurz vor Ablauf der Viermonatsfrist. Seit Juli haben wir gar kein Geld mehr gesehen“, erklärte Lucarelli. Wohin die etwa 40 Millionen Euro gingen, die der FC Parma aus den TV-Rechten erhielt, weiß er nicht. In Löhne jedenfalls kaum. „Mit längerem Verzug zahlte er uns Festangestellten wenigstens die Novembergehälter. Die freien Mitarbeiter in der Geschäftsstelle warten aber teilweise seit 13 Monaten auf ihr Geld“, sagte ein Mitarbeiter.

Die Außenstände des Vereins gegenüber Lieferanten beziffern italienische Medien auf 28 Millionen Euro. Auch hier „sparte“ Ghirardi also. Das führt nun dazu, dass „täglich alle möglichen Einrichtungsgegenstände vom Sitz des FC Parma abtransportiert werden“, wie Lucarelli bitter bemerkte. Inzwischen hat der Verein sogar seine Wäscherei und seine Mailaccounts verloren, wie Teammanager Alessandro Melli bestätigte.

Ghirardi hatte ein Kettensystem von Spielerkäufen und -verkäufen sowie Leihgeschäften installiert. Angeblich gehören aktuell mehr als 200 Spieler zum Verein. Über 400 Transferaktionen von Spielern allein in dieser Saison listet der Branchendienst transfermarkt.it für den FC Parma auf. „Hier dachte offenbar jemand, schlauer zu sein als alle anderen, und so Geld für den Verein zu akquirieren“, erklärte Melli. Doch ganz offenbar ist das System zusammengebrochen, ohne dass der Plan aufging. Und mit dem aktuellen Präsidenten Manenti fand Ghirardi einen Nachfolger, der ihn in Sachen Finanzakrobatik noch übertrifft.

Seit dem Erwerb des Vereins sprach Manenti von dreistelligen Millionenbeträgen, über die er verfüge. Er machte stets „technische Schwierigkeiten bei der Transaktion“ dafür verantwortlich, dass kein einziger Euro beim Verein landete. Seit seiner Festnahme kann man die Natur dieser Schwierigkeiten erahnen. Den Hackern aus der Gruppe um Manenti war es dann doch nicht gelungen, die nötigen Geldsummen über die gefälschten Kreditkarten auf seine Konten zu schleusen.

Viel Hoffnung bleibt nicht für den FC Parma. Die Staatsanwaltschaft leitete am Donnerstag das Konkursverfahren ein und benannte auch einen Konkursverwalter. Dieser kann nun mit dem vom Ligaverband bereitgestellten Rettungspaket in Höhe von fünf Millionen Euro wohl wenigstens die Stadiontore für das Spiel am Sonntagabend gegen den FC Turin öffnen. Nach dem Ende der Saisonende dürfte es aber einen Neuanfang geben – in der vierten Liga.