In solchen Küchenschwämmen fühlen sich unzählige Keime pudelwohl. Foto: © pico – stock.adobe.com

Hochschule: Markus Egert leitet Untersuchung. Besorgniserregend hohe Konzentration von Bakterien.

Furtwangen. Die weltweit erste umfassende Studie zur Keimbelastung gebrauchter Küchenschwämme ist nun erschienen. In den Reinigungsutensilien wurde eine teils besorgniserregend hohe Konzentration von Bakterien nachgewiesen. Den Schwamm heiß auszuwaschen oder in der Mikrowelle zu behandeln, ist keine langfristige Lösung, sagen die Forscher.

In Deutschland gibt es rund 40 Millionen Privat-Haushalte. "Wenn in jedem davon nur ein bis zwei Küchenschwämme vorhanden sind, beläuft sich ihre Zahl in Deutschland auf 40 bis 80 Millionen", rechnet Markus Egert von der Hochschule Furtwangen vor. Der Professor leitete die Studie. "Mit institutionellen Einrichtungen kommt man vermutlich auf mehr als 100 Millionen in Deutschland" – 100 Millionen potenzielle Keimschleudern.

14 gebrauchte Exemplare aus dem Großraum VS

In einem Kooperationsprojekt der Hochschule Furtwangen (HFU) mit der Justus-Liebig-Universität Gießen und dem Helmholtz Zentrum München ist die Studie entstanden. Fördermittelgeber war die HFU. Die renommierte wissenschaftliche Zeitschrift "Scientific Reports", die zur Nature Publishing Group gehört, hat die Studie nun veröffentlicht (www.nature.com/scientificreports, Titel: Microbiome analysis and confocal microscopy of used kitchen sponges reveal massive colonization by Acinetobacter, Moraxella and Chryseobacterium species).

Die Mikrobiologen nahmen 14 gebrauchte Schwämme aus dem Großraum Villingen-Schwenningen unter die Lupe. Entdeckt wurden darin 362 verschiedene Arten von Bakterien. "Was uns überrascht hat: Fünf der zehn häufigsten von uns gefundenen Arten gehören in die sogenannte Risikogruppe zwei, das bedeutet sie sind potenziell pathogen", erläutert Egert.

Dabei handelte es sich um Umwelt- und Wasserbakterien, aber auch um Bakterien, die typisch für die menschliche Haut sind.

Insbesondere bei immungeschwächten Menschen, wie Kranken und Alten, können Bakterien wie Acinetobacter johnsonii, Moraxella osoloensis und Chryseobacterium hominis zu Infektionen führen. Das sehr häufig nachgewiesene Bakterium Moraxella osloensis steht zudem im Verdacht, schlechten Geruch zu erzeugen, kann also für stinkende Küchenschwämme verantwortlich sein. Fäkalbakterien und Lebensmittelvergifter oder Durchfallerreger hingegen wurden kaum nachgewiesen.

Das Säubern hilft nur kurzfristig

Besonders bedenklich: In Schwämmen, die laut ihrer Nutzer regelmäßig gereinigt wurden, etwa in der Mikrowelle oder durch Auswaschen, zeigten sich deutlich höhere Anteile der potenziell pathogenen Bakterien. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Reinigung von Schwämmen zwar zu einer kurzfristigen Verminderung der Keimzahl führen kann, in den schnell wieder hoch wachsenden Gemeinschaften dominieren dann aber offensichtlich immer stärker die potenziell pathogenen Bakterien, vermutlich aufgrund einer höheren Stresstoleranz.

Küchenschwämme bestehen überwiegend aus Schaumstoff, wie Polyurethan. Ihre durch zahlreiche Poren riesige innere Oberfläche bietet Mikroorganismen viel Platz zum Wachsen. "Teils erreichten die Bakterien Dichten von mehr als fünf mal 1010 Zellen pro Kubikzentimeter", erläutert Egert. "Das sind Konzentrationen, wie man sie sonst nur noch in Fäkalproben findet." Ein Wert, der in einer Küche nicht erreicht werden sollte.

Diese hohen Dichten erklären sich mit den optimalen Lebensbedingungen, die Bakterien im Schwamm finden: neben der großen Oberfläche zum Aufwachsen viel Feuchtigkeit und viele Nährstoffe, etwas aus Lebensmittelresten und Schmutz.

Das Bild- und Filmmaterial der Studie visualisiert die bakterielle Belastung der Küchenschwämme in eindrucksvoller Weise und bietet sich als Lehrmaterial an, um ein Bewusstsein für Küchenschwämme als mikrobielle Inkubatoren im Haushalt zu schaffen.

Wöchentlich entsorgen, statt häufig reinigen

Probleme können sich vor allem in sensiblen Umgebungen ergeben. Etwa in Krankenhäusern, Altenheimen oder bei der privaten Pflege zu Hause, wenn dort Menschen mit geschwächtem Immunsystem leben.

Anstelle sie zu häufig zu reinigen, sollten Küchenschwämme aus hygienischen Gründen gerade hier besser regelmäßig entsorgt werden, etwa in einem wöchentlichen Rhythmus. In neu gekauften Schwämmen konnten die Forscher übrigens keinerlei mikrobielle Belastung nachweisen.