Unser Bild zeigt die Amnesty-Ortsgruppe (von links) vorne Annegret Krieg, Christiane Jung, Annemarie Albrecht,Christa Harders und Karin Bötel, dahinter Hans Kienzler, Karsten Harders, Jörg Stendel, Elian Sabbagh und Bürgermeister Josef Herdner. Foto: Winter Foto: Schwarzwälder-Bote

Noch Gründungsmitglieder dabei / Zahlreiche Aktionen für politische Häftlinge / Am 12. Oktober wird gefeiert

Von Matthias Winter

Furtwangen. Am Samstag, 21. April, besteht die Amnesty-Ortsgruppe seit 40 Jahren. Aus diesem Anlass fand sich die Gruppe gestern im Rathaus zu einem Gespräch mit Bürgermeister Josef Herdner und der Presse ein. Unzählige Aktionen zugunsten politischer Gefangener, Verschwundener und Todeskandidaten gab es in dieser Zeit.

Jörg Stendel brachte es auf den Punkt: "Wir können der Gewalt gegen Menschen nicht in den Arm fallen. Aber wenn wir nichts machen, ändert sich auch nichts", meinte er gegenüber dem Argument, mit ihren Briefen bewirke "ai" nur wenig. Was übrigens nicht stimmt, denn gerade geballte Briefaktionen an politisch Verantwortliche zeigen öfters Wirkung – und das baut die Mitglieder der Ortsgruppe auch auf und animiert zum Weitermachen. Wie Sprecherin Christiane Jung erläuterte. gibt es zum Beispiel "urgent actions" (dringende Aktionen), wenn etwa einem Gefangenen in Weißrussland die Hinrichtung droht. Mit solchen konzentrierten Aktionen können immerhin 40 Prozent der Hinrichtungen abgewendet werden.

Ein Erfolg war übrigens auch die Aktion am 10. Dezember des vergangenen Jahres auf dem Marktplatz, wo über 100 Bürger(innen) zum Schreiben von Briefen für einen in Aserbaidschan inhaftierten Studenten animiert werden konnten. Dieser wurde bald darauf freigelassen, wie Christiane Jung berichtete.

Mit dabei waren gestern auch mehrere Gründungsmitglieder, so Karin Bötel, die jetzt in St. Märgen lebt, der Arzt Elian Sabbagh und das Ehepaar Christa und Karsten Harders, Schönwald.

"Als die Ortsgruppe gegründet wurde, war Amnesty International am Ort völlig unbekannt", erinnert sich Karsten Harders. Bei Straßenständen sei man auch mal gefragt worden, ob man sich zum Kommunismus bekenne, wenn man für einen Gefangenen unterschreibe. "Viele hielten die Organisation auch für eine internationale Speditionsfirma".

Karin Bötel erinnert sich, dass vor allem Bürgermeister Hans Frank anfangs die Gruppe unterstützt habe, wo immer es ging, auch die erste Spende, 50 Mark, sei von ihm gekommen. Robert Scherer half ebenso mit seinen Presseberichten, dass die Organisation und ihre Ziele bekannt wurden. Wichtig sei auch die Mitarbeit von Monika Horray gewesen, erinnert sich Karin Bötel. Denn zuvor habe die Gruppe ausschließlich aus Zugewanderten bestanden.

Eine wichtige Hilfe erhielt die Ortsgruppe auch von der Firma Zier. Sie unterstützte den Verkauf von Gebrauchtkleidern dadurch, dass sie einen Lastwagenanhänger zur Verfügung stellte, von dem herunter die Kleider verkauft werden konnten.

Ein großes Glück war für die Gruppe auch das Engagement von Elian Sabbagh; er konnte Briefe in arabischer Sprache verfassen, eine Fähigkeit, die sehr gefragt war.

Für Karin Bötel lag der Anstoß zur Gründung einer ai-Ortsgruppe in der Lektüre einer Frauenzeitschrift, wo über die Arbeit von Ai in in Celle berichtet wurde. Sie ließ sich die Adresse der Gruppe schicken. Den Furtwangern wurde zunächst vorgeschlagen, sich einer Gruppe am Bodensee anzuschließen – wohl aus Unkenntnis der geografischen Lage des Ortes.

Heute gehört die Ortsgruppe zum Bezirk Freiburg, wo sie sich auch gut aufgehoben fühlt. Sie hat neun Mitglieder, sieben davon sind aktiv. Wie Christiane Jung berichtete, gibt es zur Zeit zwei afrikanische Studenten der Hochschule, die sich für eine Mitarbeit interessieren.

Sie wohnen allerdings in Freiburg und müssen nach den Vorlesungen mit dem Bus ins Tal fahren. Erfreut wäre die Gruppe über weitere Mitglieder.

Es gibt mittlerweile ein gut funktionierendes System, mit dem die Hilfebedürftigen ausgesucht werden. Gewährsleute vor Ort schlagen eine Person vor, diese wird dann von ai überprüft. "Voraussetzung ist zum Beispiel, dass die Person selbst nicht Gewalt angewendet hat", erläutert Karin Bötel.

Über eine Koordinationsgruppe gibt es dann weitere Daten wie Adressen, Gerichte oder Behörden, an die Briefe geschickt werden sollen.

Dass es noch immer Briefe sind, ist wichtig. Denn E-Mails sind mit einem Klick zu lösche, auch Faxe können schnell vernichtet werden. Briefe werden aber durch ihre Masse zu einem Faktor, der nicht so leicht ignoriert werden kann.

Nachdem sich die Ortsgruppe lange Zeit mit dem Kongo beschäftigt hat, ist jetzt Weißrussland an der Reihe, wegen der geografische Nähe des Landes. Dringende Aktionen laufen aber weltweit. So zeigt Annemarie Albrecht Briefe, die sich aktuell für einen in Togo Inhaftierten einsetzen.

Zur Geburtstagsfeier hat die Ortsgruppe am Freitag, 12. Oktober, ein Freiburger Improvisationstheater eingeladen. Bürgermeister Josef Herdner sagte zu, ein Grußwort zu sprechen.

Weitere Informationen: Das nächste ai-Treffen findet am Montag, 7. Mai, bei Annemarie Albrecht, Neue Heimat 28, um 18 Uhr statt. Interessierte sind jederzeit willkommen.