Die Klinik Katharinenhöhe bietet ihren Patienten im Hochseilgarten die Möglichkeit, ihre Angst zu überwinden

Von Nicolas Kienzler

Furtwangen. Die Katharinenhöhe hat einen Hochseilgarten. Das wäre an sich nichts Besonderes, böte er nicht auch auf den Rollstuhl angewiesenen Patienten die Möglichkeit, sich in luftiger Höhe zu betätigen. "Jetzt spring ab", ruft German Wiedmann. Leandro hängt für den Bruchteil einer Sekunde in der Luft, dann umfassen seine Hände das Trapez. Unten klatschen die anderen Kinder Beifall. "Schnell oder langsam?", fragt der Erlebnispädagoge Wiedmann. Leandro wählt "schnell", gleitet herunter und hat endlich festen Boden unter den Füßen, bevor er sich auch schon wieder in die Schlange anstellt, um nochmals eine Runde auf dem Hochseilgarten zu drehen.

Ein Hochseilgarten kann Träume wahr machen: Wer wünscht sich nicht, einmal frei in der Luft zu schweben oder die Welt aus acht Metern Höhe zu betrachten. Etwas ganz Besonderes ist hierbei die Anlage der Krebsnachsorgeklinik Katharinenhöhe, die dies auch Rollstuhlfahrern ermöglicht.

Mit einer Art Seilwinde sowie ausreichender Sicherheitsbefestigung können die "Rollis" sich hochziehen lassen. Oben angekommen, können sie auf einem breiten Holzweg einige Meter in luftiger Höhe zurücklegen. Runter geht es wiederum mit Seilwinde und Sicherheitsseilen.

Sowohl das Schweben als auch das Fahren in freier Luft sind einzigartige Erfahrungen. Überhaupt sei ein Besuch im Hochseilgarten auch aus pädagogischer Hinsicht sinnvoll: "Man lernt seine Grenzen kennen und sich Herausforderungen zu stellen", erklärt Verwaltungsleiterin Ilona Mahamoud. Dies könne Zuversicht und Mut spenden sowie das Selbstbewusstsein im Allgemeinen stärken.

Genutzt wird die Anlage von allen Altersgruppen; selbst für die Eltern, die mit ihren Kindern in die einmonatige Reha gehen, gibt es die Möglichkeit, den Hochseilgarten auszuprobieren. Besonders beliebt sind nach Darstellung der Betreuer German Wiedmann und Martina Schellhorn der Baumstamm, über den freihändig oder mit den Händen am Seil balanciert werden kann, sowie der "freie Fall" zum Abschluss. Man kann hierbei einen langsamen oder, so wie Leandro, einen schnellen Fall wählen.

Bei Jugendlichen und Erwachsenen entstehe auf dem Hochseilgarten eine Therapiesituation. Der Patient überwinde seine Angst, bleibe nicht in der Komfortzone zurück und lerne, dass trotz Krankheit und Beeinträchtigungen Herausforderungen gemeistert werden können. Je nachdem kann auch der Therapeut mit nach oben gehen.

Seit 2006 gibt es den Hochseilgarten auf der Katharinenhöhe. Für den Rollstuhl-Betrieb ist eine spezielle Zusatzausbildung der Betreuer notwendig. Mit acht Metern ist der Hochseilgarten für die Älteren nicht zu niedrig, und für die Jüngeren nicht zu hoch. Er wird ganzjährig, selbst bei Schnee, benutzt; zum Umziehen und Unterstehen dient ein vom Europa-Park gesponserter Zirkuswagen. Und den Hochseilgarten während dem Aufenthalt auf der Reha-Klinik Katharinenhöhe immer nur bei Sonnenschein zu begehen, wäre doch nicht annähernd so aufregend, wie einmal auch Regen oder Schnee in luftiger Höhe trotzen zu können.