175 Jahre alt ist die E. Wehrle GmbH geworden. Für alle Mitarbeiter spendierten Georg und Eduard Herth ein Eis. Auf einen offiziellen Festakt hatte das Unternehmen verzichtet. Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubiläum: Firma E. Wehrle GmbH wird 175 Jahre alt

Am 1. Mai 1842 durch Franz Xaver Wehrle als Werkstatt für Spieluhren gegründet, feiert mit der E. Wehrle GmbH im Jahr 2017 eines der ältesten Unternehmen des "uhrenmachenden Schwarzwaldes" sein 175-jähriges Bestehen.

Furtwangen. Das Familienunternehmen in Furtwangen produziert jährlich 150 Millionen Präzisionsteile und über 3,5 Millionen Wasserzähler. Das von Georg Herth in fünfter Generation inhabergeführte Unternehmen erwartet im Jubiläumsjahr einen Umsatz von über 42 Millionen Euro, beschäftigt mehr als 280 Mitarbeiter und investierte am Stammsitz im Gewann "Auf dem Moos" rund sechs Mio. Euro in einen Erweiterungsbau und die Optimierung seiner Produktion.

Die heutige Firma ist aus der 1842 gegründeten Werkstatt für Spieluhren von Franz Xaver Wehrle (1819 bis 1885), des "Wannen-Xaverie, und der 1860 ins Leben gerufenen Uhrenfabrikation von Emilian Wehrle (1832 bis 1896) hervorgegangen. Anlass für den Zusammenschluss ist 1866 die Heirat von Emilian Wehrle mit Norma Wehrle, der Tochter von Franz Xaver Wehrle. Das gemeinsame Unternehmen firmiert als "Trompeteruhrenfabrikation E. Wehrle & Comp".

Spieluhren bis Russland

Vor dem Zusammenschluss fertigte Franz Xaver Wehrle zwischen 1842 und 1866 hauptsächlich Musikwerke, Drehorgeln und Spieluhren. Der Spieluhrenmacher liefert sie nach Russland, Frankreich, Holland, England und in die Schweiz. Goldene, silberne und bronzene Medaillen, verliehen für Spieluhren und mechanische Musikinstrumente, bezeugen die Qualität seiner Arbeit. 1851 erhält er bei der Weltausstellung in London für eine Orgel mit vier Walzen eine "Ehrenerwähnung".

Die "Trompeteruhrenfabrikation E. Wehrle & Comp" konzentriert sich ab 1866 auf die Herstellung von Spieluhren. Erfolgreichstes Produkt ist die von Emilian Wehrle technisch entscheidend verbesserte Trompeteruhr. Großen Anklang finden Singvögeluhren, die den Gesang der Nachtigall nachahmen.

Franz Xaver Wehrle stirbt 1885, sein Schwiegersohn Emilian Wehrle 1896 – damit ist die große Zeit der Uhrenfabrikation unwillkürlich zu Ende. Die einstige Uhrenfabrik geht nun an Julian Wehrle, den Sohn von Franz Xaver Wehrle über, der sie 1923 in die Hände seines jüngsten Sohnes Erwin Wehrle übergibt. Er beginnt um das Jahr 1930 mit der Herstellung von Bestandteilen für Wasserzähler. In der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre beschäftigt Wehrle bereits 36 Mitarbeiter, doch der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zerstört den wirtschaftlichen Aufschwung. Das Ende des Krieges im April 1945 wird durch die Demontage des Unternehmens überschattet.

Mut zum Neuanfang

Auf die Resignation folgt der Mut zum Neuanfang – und dieser ist dank der verstärkten Hinwendung zum Kunststoffspritzguss wegweisend. Die immer fortschrittlichere Wehrle-Produktion und die starke Bautätigkeit im Nachkriegsdeutschland lassen den Absatz von Bestandteilen für Wasserzähler geradezu explodieren. Um 1965 beschäftigt das Unternehmen bereits an die 200 Mitarbeiter. Das ist mit das Verdienst von Schwiegersohn Eduard Herth, der 1959 nach der Heirat mit Friedhilde Wehrle in die kaufmännische Abteilung des Unternehmens eintritt, diese schließlich leitet und der 1961 zudem Kommanditist wird.

Erwin Wehrle stirbt 1971, die Geschäftsführung übernimmt formell zunächst seine Witwe Elise – Eduard Herth hatte mittlerweile ein erfolgreiches Immobilienbüro aufgebaut. In Fritz Vosseler findet die Familie einen Kaufmännischen Leiter, der 1977 zum Geschäftsführer berufen wird. Unterstützt von Renate Wehrle leitet Fritz Vosseler 31 Jahre das Unternehmen.

1997 kommt es zum Erwerb des Unternehmens G. BERNHARDT’s Söhne Ges.m.b.H, Wien, was Wehrle die Tür zum österreichischen Markt öffnet. Im Jahr 2000 erfolgt die Übernahme der ANDRAE Wassertechnik GmbH in VS-Villingen.

Mit Georg Herth steht seit dem 1. Januar 2008 ein direkter Nachfahre von Firmengründer Franz Xaver Wehrle als alleiniger Geschäftsführer an der Spitze der E. Wehrle GmbH. Mehr als 70 Spritzgießmaschinen produzieren rund um die Uhr Präzisionsbauteile für verschiedenste Branchen. Die Firma gilt seit Jahrzehnten als etablierter Zulieferer für die Automobil-, Elektro- und optische Industrie. Auch Produzenten von Haushalts- und Healthcare-Geräten sowie Hersteller luxuriöser Schreibgeräte vertrauen auf ihre Erzeugnisse.

Bei Wehrle werden acht Schwerbehinderte beschäftigt, die über ihren Schwerbehinderten-Vertreter im Betriebsrat vertreten sind. Und die Inhaberfamilie engagiert sich seit jeher auch politisch: Georg Herth gehört als Mitglied der Freien Wähler dem Furtwanger Gemeinderat an. Sein Großvater Erwin Wehrle wirkte in den 1960er-Jahren in Schönenbach als Gemeinderat und Bürgermeisterstellvertreter, nach ihm ist im heutigen Furtwanger Teilort auch eine Straße benannt.

Politisch engagiert

Mit Alois Herth kann Georg Herth auf einen Ur-Großvater verweisen, der Abgeordneter des Badischen Landtages und von 1903 bis 1919 Bürgermeister von Furtwangen war. Für seine Verdienste ernannte ihn die Stadt Furtwangen zum ersten Ehrenbürger. Der Stadtpark an der Friedrichstraße trägt seinen Namen.