Jörg Frey vor seiner Herde mit einem der Zäune, die in den vergangenen zwei Jahren getestet wurden Foto: Werthenbach Foto: Schwarzwälder-Bote

Landwirtschaft: Baiersbronner Schäfereibetrieb testet Zäune zum Herdenschutz

In Vorbereitung auf die Rückkehr des Wolfs haben der Landesschafzuchtverband (LSV) und der Nabu Baden-Württemberg ihr zweijähriges Projekt zum Herdenschutz präsentiert. Mit dem Baiersbronner Schäfereibetrieb Frey wurden Zäune getestet.

Region. "Wenn die Wölfe mal im Rudel da sind", sagt Schäfer Jörg Frey, "dann hilft kein Zaun und kein Herdenschutzhund". Er betont, dass dies seine eigene Meinung sei. Er sei auf jeden Fall froh über die Zusammenarbeit von LSV und Nabu: "Im Gegensatz zu anderen Regionen haben wir ja die Zeit, um uns auf den Wolf vorzubereiten", sagt er – findet mit Blick auf Baden-Württemberg aber auch: "Der Wolf hat keinen Platz mehr bei uns."

Er sei nicht generell gegen den Wolf, und gegen einen einzelnen könne vielleicht ein Zaun helfen. Aber Wölfe seien Rudeltiere, die sich nicht von Zäunen oder Hunden davon abhalten ließen, gemeinsam eine Herde zu jagen. "Ein aufgehetztes Schaf kann in kürzester Zeit riesigen Schaden anrichten", sagt er.

Trotz erster Erfolge noch viele offene Fragen

Von Wölfen gerissene Schafe seien nicht seine größte Sorge, deren Wert bekomme man ersetzt. "Aber was passiert denn, wenn ein aufgescheuchtes Schaf vor ein Auto rennt oder ein Zug entgleist?" Insbesondere fürchtet er, dass in der Bevölkerung dann Schäfer für derartige Unfälle verantwortlich gemacht würden, bei denen auch Menschenleben gefährdet seien.

Bei der Abschlusstagung des Projekts betonen Nabu-Vorsitzender Johannes Enssle und LSV-Vorsitzender Alfons Gimber, dass man noch viel Arbeit vor sich habe. Für die Zäune seien Prototypen entwickelt worden, die teilweise schon produziert würden. Wichtig zum Schutz vor Wölfen mit Netzen und Zäunen ist laut LSV-Geschäftsführerin Anette Wohlfarth, dass die Stromspannung konstant zwischen 3000 und 4000 Volt beträgt und der untere Draht genau 20 Zentimeter über dem Boden verläuft. Man werde weiter daran arbeiten und brauche mehr Zeit, um die Lösungen zu optimieren.

Auch beim Thema Herdenschutzhunde gebe es nach zwei Jahren Projektlaufzeit "noch viele offene Fragen", sagt Enssle. Die Hunde sollten sich laut Wohlfarth in der Herde aufhalten und Wölfe durch Bellen vertreiben. Auch gegenüber Menschen, die sich einer Schafherde näherten, würden die Hunde in der Regel bellen, bis sie sich wieder entfernen. Daher müsse noch viel Aufklärungsarbeit betrieben werden, um den Menschen zu verdeutlichen: "Zu jeder Schafherde gehört jetzt so ein Hund", sagt Enssle. Ohnehin sei eine aufwendige Ausbildung und Prüfung der Hunde erforderlich, die pro Tier etwa 4000 bis 5000 Euro koste. Zudem müssten die Vierbeiner mit viel Geduld "in die Betriebe integriert werden", betont Enssle.

Eine besondere Herausforderung für den Herdenschutz in Baden-Württemberg bildet laut Gimber die vielfältige Landschaft im Südwesten mit steilen Hängen, kleinen Weideflächen, aber auch dichter Besiedlung.

Wichtig ist für LSV und Nabu auch die finanzielle Frage. Bisher verhindert ein EU-Gesetz zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrung, dass Schäfer innerhalb von drei Jahren mehr als 15 000 Euro an Beihilfen bekommen. "Die sind aber schon allein davon ausgeschöpft, dass die Steilhänge bewirtschaftet werden", berichtet Gimber. Geld für Herdenschutz-Maßnahmen bleibe dabei nicht übrig. Daher hoffen Schäfer wie Verbände im Südwesten nun, dass die baden-württembergische Landesregierung ähnlich wie die niedersächsische vorgeht. In Niedersachsen können Schäfer bis zu 30 000 Euro pro Jahr an Zuschüssen bekommen, die baden-württembergische Landesregierung müsse die gesetzliche Vorlage nur "kopieren", so Enssle.

Droht das Aus der Weidetierhaltung?

"Finanziell stehen wir mit dem Rücken zur Wand", sagt Frey über die ohnehin schon schwierige Lage aller Schäfer in Deutschland. Wenn sich nun noch Wölfe "flächendeckend" in der Region ansiedelten, bedeute dies – unabhängig vom Fortschritt des Herdenschutzes – das Aus für die Weidetierhaltung, glaubt Frey: "Also auch für Ziegen, Pferde, Rinder und Geflügel." Zum Beispiel sei für ihn auch unvorstellbar, dass sich ein Herdenschutzhund in eine Rinderherde integrieren lässt.

"Wir sind ja nicht Schäfer, um reich zu werden", sagt Frey, "sondern wir machen das aus Überzeugung". Er erinnert daran, wie viele Flächen ohne Weidetiere zuwachsen würden und was beispielsweise Schafe für die Flora und Fauna tun würden: "Wenn hier alles wieder zuwächst, würde zum Beispiel der Auerhahn auch bald wieder verschwinden." Menschen hätten die Flächen bearbeitet, das habe die Landschaft im Südwesten bis heute geprägt: "Wir haben hier in Baden-Württemberg eine Kulturlandschaft, keine Naturlandschaft", sagt Frey.

Man wisse ja noch nicht, was genau passiere, wenn der Wolf da ist. "Aber dass sich dauerhaft Wolfsrudel in dicht besiedelten Gebieten niederlassen? Das klappt nicht."