Die Gefängnisszene des Stücks wurde in kühlem blauen Licht inszeniert. Foto: Schmidtke Foto: Schwarzwälder-Bote

Zwölftklässler der Waldorfschule zeigen Frischs "Biografie: Ein Spiel"

Freudenstadt. Nicht alle Tage fährt jemand mit einem Autoanhänger einen Sarg zur Schule. Rolf Heinzelmann, seines Zeichens Hausmeister und gute Seele der Freien Waldorfschule, tat es – und zog an den Ampeln kuriose Blicke auf sich.

Man kann aufatmen, niemand starb. Die zwölfte Klasse der Freien Waldorfschule führte ein Theaterstück auf. Als Schauplatz diente die Theaterbühne in der Falkenrealschule. Auf dem Programm stand eine ganz besondere Inszenierung, die "Biografie: Ein Spiel" von Max Frisch. Ein anspruchsvolles, aber mit Ironie gewürztes Theaterstück, das am Freitag vor der Mittel- und Oberstufe aufgeführt wurde, einschließlich einer Klasse Austauschschüler aus Kiew.

Die öffentlichen Vorstellungen fanden eine große Resonanz. Seit den Sommerferien probten die neun Schüler ihr "Zwölft-Klass-Stück" ganztägig und gegen Ende sogar oft bis in die Abendstunden. Neun Schüler plus eine Statistin besetzten 36 Rollen. "Im Backstagebereich ging es zu wie bei einer Modeschau. Anziehen, ausziehen, wieder anziehen und das in einer oft wahnsinnig kurzen Zeit", berichtete Regisseurin Rosa Maria Paz vom Treiben hinter den Kulissen. Die charmante und jugendlich wirkende Schauspielerin aus Freudenstadt war hellauf begeistert von ihrem Darstellerteam.

Wie wäre es, wenn man Passagen in seinem Leben wiederholen könnte, so dass man seine Biografie ändert? Im Leben utopisch, auf der Bühne war dies möglich. Die Handlung drehte sich um den todkranken Hauptdarsteller Hannes Kürmann, dessen distinguierter Charakter von Louis Schmidtke fabelhaft gespielt wurde. Darüber hinaus glänzte der junge Mann mit Gestik und evidenter Ausdruckskraft. Kürmann zur Seite stand die Rolle des Spielleiters, überzeugend gespielt von Lorenz Jeric (zwei Rollen) und nach der Pause von Pius Müller (fünf Rollen). Der Spielleiter griff durchaus aktiv in die Handlungen ein und mischte sich in Kürmanns Handeln ein.

Wäre ein Leben von Verhaltensforscher Kürmann ohne seine Gattin Antoinette möglich? Überaus charmant, selbstbewusst und ästhetisch spielten Awa Schnidrig (drei Rollen) und später Hannah Stroppel (fünf Rollen) die Gestalt der Antoinette. Im Spiel reiste man in Zeiten und zu Szenen die neu gespielt, geändert, wiederholt, besprochen und schließlich gebilligt wurden. Die vielen weiteren teils farbenprächtigen, teils bewusst schlicht gehaltenen Figuren wurden von Caroline Schmelzle (vier Rollen), Erik Häußler (fünf Rollen), Annafrid Janzen (fünf Rollen) und Jule Wurster (vier Rollen) exzellent gespielt.

In der Nebenwohnung probte lautstark eine Ballettschule und später grölte eine Sekte Halleluja im Hintergrund. Seine Militärzeit wollte Kürmann nicht zurück haben, dennoch trampelte eine Armee über die Bühne. Kürmann hatt einige Draman zu verkraften: Seine Mutter starb, der Vater outete sich als trinkender Bäcker und mit Liebeskummer hatte er zudem zu kämpfen. Jede Identität auf der Bühne schien ihren passenden Spieler bekommen zu haben. Die Handlung nahm ihren tragikomischen Lauf, blieb stets spannend und begeisterte das Publikum durch alle Vorstellungen hinweg.

Priska Girrbach aus der 13. Klasse sprang als Statistin ein. Für eine stimmungsvolle Lichttechnik der unterschiedlichen Szenen sorgten Matthäus Schneider und Miguel Paz. Besonders die Gefängnisszene wurde authentisch und stark mit einem kühlen blauen Licht illuminiert. Lorenz Münch spielte die Tonabschnitte ein und Luis Kepplinger projizierte an den passenden Stellen Lichtbilder politischer Ereignisse aus den jeweiligen Zeiten in die Kulisse ein. Am Klavier begleitete Erik Häußler einige Passagen musikalisch.