Mit der Gitarre durch die Republik: Nun kommt Joachim Kehrhahn auch nach Freudenstadt. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder-Bote

Porträt: Joachim Kehrhahn gibt Konzert am Ort seiner Jugend / Vater war Gastronom in Freudenstadt

Joachim Kehrhahn machte sein Abitur in Freudenstadt, arbeitete für den Bundestag in Bonn und Berlin sowie für die EU im Kosovo. Heute zieht er als Musiker durch die Republik – und macht dabei nun auch dort Halt, wo er seine Jugend verbrachte.

Freudenstadt. "Ich werde sicher einige bekannte Gesichter sehen", sagt Joachim Kehrhahn mit Blick auf sein Konzert am Samstag in der Klinik Hohenfreudenstadt. Eine Woche zuvor spielt er in Altdorf, "das habe ich dann miteinander verbunden", sagt der 72-Jährige, der in Berlin wohnt und bei seinen Touren oft bei Freunden oder Verwandten unterkommt.

Französische Chansons und lateinamerikanische Lieder singt er und spielt dazu Gitarre. "Ich will da spielen, wo ich gelebt habe", sagt er und betont, dass er sich auch aussucht, wann und wie oft er Konzerte gibt: "Finanziell komme ich da ziemlich genau auf Null raus. Für mich ist das ein Privileg, ich will dabei nicht in Stress geraten." Er spiele aus Liebe zur Musik; vor allem die französischen Chansons wolle er "wieder zum Leben erwecken".

Den Schritt auf die Bühne wagte Kehrhahn im Jahr 2010, vier Jahre nach seiner Pensionierung. Angefangen habe er auf freien Bühnen in Berlin und dabei schnell das Rampenlicht und den Applaus des Publikums zu schätzen gelernt: "Da muss man aufpassen, dass man nicht süchtig wird", so Kehrhahn.

Vater war erst Landwirt, dann Gastronom

In seinem Wandel vom "Parlamentsexperten" zum Kleinkünstler sieht er Parallelen zum Lebenswerk seines Vaters Paul Kehrhahn, den er ein "großes Vorbild" nennt: Der Landwirt aus Brandenburg musste 1945 mit seiner Frau Margarethe – im siebten Monat schwanger mit Sohn Joachim – vor den Russen fliehen. Nach zwei Stationen als Verwalter auf Gutshöfen in Niedersachsen wechselte Kehrhahns Vater 1957 in die Gastronomie – und pachtete das Haus "Waldfried", eine Pension unterhalb des Hotels "Waldlust" in Freudenstadt. Später – kurz vor seinem Tod – kaufte er das fortan nach Kehrhahns Mutter benannte Hotel "Margarethenhof" in der Rappenstraße, das sie alleine fast 30 Jahre lang weiter führte.

Kehrhahn besuchte bis zum Abitur 1965 das Kepler-Gymnasium, studierte dann nach zwei Jahren bei der Bundeswehr in Tübingen und München Jura. 1975 trat er seine erste Stelle in Bonn an: als Referent in der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft (IPA). "Das ist ein Zusammenschluss von Bundestags- und Landtagsabgeordneten, es geht um politische Initiativen auf Feldern, bei denen parteipolitischer Konsens herrscht. Zum Beispiel Umweltschutz, Datenschutz oder neue Medien", erklärt Kehrhahn.

Ab 1983 war er in "verschiedenen Funktionen" im Bundestag tätig, zudem war er "Sekretär der deutschen Delegation" in der parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg. "Eine hoch spannende Zeit" sei das gewesen, als die EU um weitere Mitgliedsstaaten erweitert wurde. In den 90er-Jahren war er im parlamentarischen Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz: "Ich musste den Vorsitzenden zuarbeiten und nach den Beratungen im Ausschuss Gesetzesentwürfe formulieren."

2000 war er beim Umzug des Bundestags nach Berlin dabei, außerdem ging er im Auftrag der EU als "Parlamentsexperte" in den Kosovo, um bei der politischen Stabilisierung des Staats mitzuwirken. Aufregend und interessant sei diese Zeit gewesen. "Zum Teil waren da noch richtige Alt-Kommunisten in der Verwaltung, die aber langsam auftauten und merkten, dass diese Veränderungen ja positiv für sie waren", berichtet Kehrhahn.

Nach seiner Pensionierung 2006 übernahm er eine Beratertätigkeit, die ebenfalls dem Aufbau parlamentarischer Strukturen im Kosovo diente. "Und nachdem ich jahrelang vom Staat bezahlt worden war, wollte ich nun etwas zurückgeben", sagt er und erinnert sich gerne an seine Zeit als ehrenamtlicher Lehrer für Migrantenkinder in Berlin-Neukölln.

Ein Konzert im August 2018 steht schon fest

In dieser Zeit nahm er auch Gesangs- und Gitarrenunterricht. Dass er – als Schüler noch "sehr schüchtern" – irgendwann den Mut aufbrachte, um sich allein mit der Gitarre auf eine Bühne zu setzen, führt Kehrhahn auch auf seinen Beruf zurück: "In den Ausschüssen saß ich an den runden Tischen immer neben den Vorsitzenden, ich war es gewohnt, dass alle in meine Richtung gucken."

So reist er weiter mit Freude durch die Republik – Ende des Jahres spielt er noch in Bonn, wo er bei Tochter und Enkelkind unterkommt, "danach vielleicht noch in München". Auch für das kommende Jahr stehen bereits Termine fest: "Ich habe jetzt schon für August 2018 ein Konzert auf Rügen klargemacht", sagt er.