Stolzer Fund: Viele Pilze, wie dieser Safranschirmlich, kann man rund um den Kienberg entdecken. Foto: Wolf

Rund um Freudenstadt befindet sich Paradies für Sammler. Experte Thomas Hermann kennt die wichtigsten Arten.

Freudenstadt - Vom nebelgrauen Trichterling bis zum lila Lackpilz – rund um Freudenstadt befindet sich ein Paradies für Pilzsammler mit einer unglaublichen Artenvielfalt. Doch die Angst vor ungenießbaren oder giftigen Pilzen schreckt viele von der Suche ab.

Thomas Hermann ist Apotheker und geprüfter Pilzsachverständiger. Er zeigt bei seinen Pilzwanderungen, worauf man beim Pilze sammeln achten muss. Schon bevor die Tour beginnt werden die ersten mitgebrachten Pilze aus den Körben geholt. Thomas Hermann kennt sie alle und weiß, ob sie genießbar sind. Als Pilzsachverständiger besucht er alle fünf Jahre ein Auffrischungsseminar. Warum das nötig ist, erklärt er so: Zwar blieben die Pilze gleich, aber der Mensch verändere sich. Wenn beispielsweise gehäuft Allergien nach dem Genuss einer bestimmten Pilzsorte gemeldet werden, wird dieser vormals genießbare Pilz als ungenießbar eingestuft. "Menschen werden empfindlicher", beschreibt Hermann die Entwicklung.

Schließlich bricht die 15-köpfige Gruppe auf, ausgestattet mit Körben und Messern. Viele der Teilnehmer sind öfter auf der Pilzsuche und kennen sich im Bereich Pilze schon ein wenig aus. Einige sind das erste Mal dabei und wollen erst mal mehr über das Gewächs erfahren, bevor sie sich auf eigene Faust auf Pilzjagd begeben.

Der Weg führt auf den Kienberg. "Pilze leben in Symbiose mit Bäumen", erklärt Hermann. Beide profitieren von dieser Verbindung, weil sie Nährstoffe austauschen. Deshalb findet man Pilze nur in unmittelbarer Baumnähe. Abhängig stets davon, wie weit die Wurzeln des Baumes reichen. Bestimmte Pilze wachsen dabei nur bei bestimmten Bäumen. Während der Steinpilz relativ flexibel ist und neben Tannen, Birken oder auch Kiefern zu finden ist, wächst der Goldröhrling nur neben Lärchen.

Nach längerer Suche entdeckt das jüngste Mitglied der Gruppe einen kleinen orange-goldenen Pilz. Er sei "sehr lecker", wissen einige Teilnehmer. Nun beginnt die Pilzjagd. Zusammen streift die Gruppe durch Büsche, Wiesen und Wälder. Wenn ein Pilz entdeckt wird, wird er vorsichtig gepflückt und in der Gruppe herumgereicht. Hermann hilft weiter, wenn es Fragen hinsichtlich des Namens oder der Genießbarkeit gibt. Dabei kann man sich oft auch auf seinen Geruchs- und Geschmackssinn verlassen. Der Fachmann gibt Tipps: Kleine Geschmacksproben schaden nicht und sind ein unfehlbares Zeichen für die Genießbarkeit des Pilzes.

Scharfer Geschmack heißt: Finger weg

Ein scharfer Geschmack ist dabei stets ein Zeichen für einen ungenießbaren Pilz. Genießbare Pilze schmecken meist mild.

Außerdem spielt die Art des Pilzes eine Rolle, weiß Herrmann. Pilze mit Lamellen an der Unterseite ihres Schirms, ähnlich wie bei einem Fächer, seien zu 90 Prozent ungenießbar. Im Gegensatz dazu seien Röhrlinge, Pilze mit einer schwammartigen Unterseite zu 90 Prozent genießbar. Laut Hermann gibt es jedoch deutlich mehr Lamellenpilze, als Röhrlinge. "Unter 2000 Pilzarten finden wir vielleicht 100 Röhrlinge", meint er. Wichtig sei auch das Alter der Pilze. "Pilze im Erwachsenenalter schmecken am Besten", weiß der Pilzexperte. Das sind Pilze, die eine bestimmte Größe erreicht haben. Es gibt jedoch auch Pilze, die ab einem gewissen Alter ungenießbar werden. Dazu gehört der weiße Schopftintling, der in der Nähe des Rosenwegs entdeckt wird. Ab einem gewissen Alter öffnet er seinen Schirm und verliert seine weiße Farbe. Ab diesem Stadium empfiehlt sich der Verzehr dann nicht mehr. Nur wenn er weiß ist, ist er genießbar.

Im Laufe der Wanderung werden immer mehr verschiedene Pilze zusammengetragen. Die Teilnehmer schmecken ab, schnuppern am Gefundenen und diskutieren über die Merkmale. Oftmals gibt es nämlich "giftige Doppelgänger", die man besser nicht mit dem essbaren Artgenossen verwechselt.

Regen begünstigt das Wachstum

Genießbare Pilze finden einen Platz in einem Körbchen, ungenießbare Pilze werden zurückgelassen. Bei der Zubereitung sei es jedoch wichtig, die Pilze auf jeden Fall fünf bis zehn Minuten zu kochen und gut zu braten, betont Hermann. Dies garantiere, dass kein roher Pilz ins Essen gelange. Bei großen Schirmpilzen wie dem Safranschirmling sei es außerdem empfehlenswert den Stil vorher zu entfernen.

Es ist ein gutes Pilzjahr. Denn Pilze – ganz gleich, welches Klima sie gewohnt sind – lieben vor allem eines: viel Regen. Der verregnete Juli hat ihr Wachstum begünstigt. Am Ende der Wanderung werden alle gesammelten Pilze auf einer Bank ausgebreitet. Sortiert nach genießbar und ungenießbar werden einzelne Pilzarten noch mal durchgesprochen und besondere Eigenschaften benannt. Vor allem die Merkmale des gelben Knollenblätterpilzes werden erneut erklärt. Wie sein Verwandter, der Fliegenpilz, gilt er als sehr giftig. Man erkennt ihn an den weißen Lamellen und der Knolle am Ende des Stiles, der nach "altem Keller" richt. Er verursacht jedoch fiese Vergiftungen, die oft erst zu spät bemerkt werden und tödlich enden können, erzählt Herrmann.

Sollte man sich bei einem Pilz nicht sicher sein, um welche Art es sich handelt und ob er genießbar sei, könne man jederzeit bei ihm in der Apotheke vorbeischauen, bietet Hermann an.