Radfahrer Tobias Graf auch an Feiertagen im Training für Bahn-WM

Von Arno Schade

Weihnachtspause: Fehlanzeige. Nach der Weltmeisterschaft ist vor der Weltmeisterschaft, so lautet die Devise des Behinderten-Radsportlers Tobias Graf.

Und weil die nächsten Titelkämpfe schon im Februar auf dem Programm stehen, ist er auch in diesen Tagen hauptsächlich auf dem Spinningrad daheim in Loßburg-24 Höfe sehr aktiv. Der im Familienkreis eingenommene Weihnachtsbraten will nämlich sofort wieder verarbeitet werden, damit die Form stimmt.

Gleich zwei große Aufgaben warten im kommenden Jahr auf den 27-jährigen Technischen Zeichner, der spätestens seit dem Gewinn der Silbermedaille bei den Paralympics 2004 in Athen zur Weltspitze seiner Wettkampfklasse zählt. Das 3000 m-Verfolgungsrennen hat er auch im nächsten September in London vor allem im Fokus, wenn er bei den Bahnrennen 2012 das ihm in seiner stolzen Trophäensammlung noch fehlende Paralympics-Gold anpeilt.

Dass der Oberschenkelamputierte dann als einer der Favoriten an den Start gehen wird, unterstrich er mit seinen Erfolgen im gerade zu Ende gehenden Jahr, das er selbst als "im Großen und Ganzen zufriedenstellend" bezeichnet. Bei den Bahn-Weltmeisterschaften im März in Montichiari holte er mit Platz drei im 1000 m-Zeitfahren das erhoffte Edelmetall, nachdem er zuvor als Titelverteidiger im Verfolgungsrennen nur Vierter geworden war. Dass er dabei auch seinen Weltrekord in der Klasse C2 an den ultraschnellen Chinesen Gui Hua Liang abgeben musste, unterstreicht die starke Konkurrenz in seiner Klasse.

Zu spüren bekam Tobias Graf diese Situation auch bei den Straßen-Weltmeisterschaften im September in Roskilde (Dänemark). "Im Zeitfahren lief es dort gar nicht gut", bewertet er seinen achten Platz (23:39 min) beim Überraschungssieg des Iren Colin Lynch (22:35). Dafür zeigte er sich im Straßenrennen über 61,5 Kilometer wieder voll auf der Höhe. Im großen Feld der fast 60 Teilnehmer aus drei gemeinsam startenden Klassen hieß es dabei für den Loßburger zunächst höllisch aufzupassen, nicht in die beiden Massenstürze verwickelt zu werden. Mit den Franzosen Stéphane Bahier und Laurent Thirionet sowie dem Spanier Antonio Garcia Martinez erwischte es gleich drei Favoriten, die vorzeitig aufgeben mussten.

Gegen Ende des Rennens hatte sich auf einem "dänemark-typischen" (Graf), sprich ziemlich flachen, Kurs eine 15-köpfige Spitzengruppe formiert, in der noch vier C2-Fahrer vertreten waren. Sie kämpften im Endspurt um die drei Plätze auf dem Siegertreppchen, wobei Tobias Graf bis kurz vor dem Zielstrich sogar einen erneuten Sieg vor Augen hatte. Auf den letzten Metern schob sich jedoch der Kolumbianer Alvaro Galvis Becerra vorbei und gewann die Goldmedaille vor dem zeitgleichen Vize-Weltmeister Tobias Graf (1:36,04 Stunden), Simon Price (Großbritannien) und dem leer ausgehenden Spanier Maurice Eckhard. Der Venezolaner Cirio de Jesus (1:38,44 Std) auf Platz fünf lag bereits mehr als zweieinhalb Minuten zurück. Eine Sekunde vor den Spitzenreitern der C2-Klasse kamen die von einem Belgier angeführten Medaillengewinner der leichter behinderten C3-Fahrer ins Ziel.

Mit seinen Leistungen bei den Weltmeisterschaften, Welt- und Europacup-Rennen beendet Tobias Graf das Jahr 2011 zudem jeweils als Dritter der Weltranglisten im Straßenrennen (189 Punkte) und Bahnfahren (80). Erfolge, die es jetzt schon bei den vom 9. bis 12. Februar anstehenden Bahn-Weltmeisterschaften in Los Angeles (USA) zu bestätigen gilt. Bei einem ersten, zehntägigen Trainingslager im Dezember in Mallorca stimmte Bundestrainer Adelbert Kromer (Reute) sein erfolgreiches deutsches Behinderten-Radteam schon einmal auf die kommenden Aufgaben ein.

Am 9. Januar folgt schon die nächste Trainingsmaßnahme in Montichiari, ehe man sich bei den französischen Bahnmeisterschaften in Bordeaux Anfang Februar noch etwas Wettkampfpraxis verschafft. Um vor den anstrengenden Wochen den Kopf frei zu bekommen, geht es für Tobias Graf über Silvester aber erst einmal in die Eifel. Dort will er mit seiner Freundin beim Jahreswechsel auf ein erfolgreiches 2012 anstoßen.