Haushaltsberatung: Fraktionen haben das Wort / Investitionsspielräume werden in Zukunft enger

Es war nicht nur die Kürzung einzelner Positionen, um die es in den Reden der Gemeinderatsfraktionen zum Haushalt 2018 ging. Es war vielmehr das große Ganze, die Zukunft der Stadt, die die Stadträte umtrieb.

Freudenstadt. Nach der Einbringung des Haushalts durch Oberbürgermeister Julian Osswald schlug in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats die Stunde der vier Fraktionen. In ausführlichen Reden nahmen die Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Tzschupke (Freie Wählervereinigung), Andreas Bombel (CDU), Eberhard Haug (SPD) und Bärbel Altendorf-Jehle von der Bürgeraktion zum Haushalt Stellung.

Alle Fraktionen mahnten die Stadtverwaltung, vorausschauend zu planen, denn die liquiden Eigenmittel seien nicht unendlich. Nachfolgend Auszüge aus den Reden der Gemeinderatsfraktionen:

Freie Wählervereinigung

Fraktionschef Wolfgang Tzschupke ging auf die derzeitigen guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein, die auch der Stadt Freudenstadt fast 60 Prozent höhere Steuereinnahmen bescherten. Dennoch sei es frustrierend, dass der Ergebnishaushalt mit einem Minus von 3,6 Millionen Euro abschließt und im Finanzhaushalt sogar 8,5 Millionen Euro fehlen. Die Stadt und der Gemeinderat müssten in Zukunft Antworten auf die immer enger werdenden Investitionsspielräume und die nach 2019 weiter steigenden Defizite im Ergebnishaushalt finden.

Früher oder später werde man entweder die Leistungen für die Bürger einschränken oder höhere Steuern verlangen müssen, es sei denn es gelinge in der Stadt, weitere florierende Unternehmen anzusiedeln, so Tzschupke. Mit dem neuen kommunalen Haushaltsrecht (Doppik), nach dem der Haushalt 2018 zum ersten Mal aufgestellt ist, müsse sich der Gemeinderat allein wegen der Abschreibungen nun auch mit den zu erwartenden Folgekosten von Projekten befassen. Reine "Spaßinvestitionen" wie den Weißtannenturm an der Alexanderschanze werde man sich in Zukunft wohl kaum noch leisten können.

Als Sorgenkind bezeichnete Tzschupke den Eigenbetrieb Freudenstadt Tourismus, bei dem im kommenden Jahr mit einem Verlust von 2,6 Millionen Euro gerechnet wird. Er warnte deshalb davor, dem Eigenbetrieb weitere Kostenträger, wie zum Beispiel den Weißtannenturm, aufzubürden. Da auch der Bäderbetrieb der Stadtwerke mit einem steigenden Verlust von 1,9 auf 2,3 Millionen rechnet, müsse man sich auch überlegen, ob sich die Stadt weiterhin alle Bäder leisten kann.

CDU-Fraktion

"Müssen wir wirklich dabei mitreden, ob die Anordnung von 30 Stundenkilometern nachts vor oder hinter einem bestimmten Haus beginnt? Müssen wir wirklich intensiv darüber diskutieren, ob wir bei den Reinigungskräften wenige Prozente aufstocken oder nicht, wenn sich die Notwendigkeit einfach auch aufgrund größerer Flächen ergibt"? Diese Fragen stellte der CDU-Fraktionschef Andreas Bombel in den Raum, der damit zum Ausdruck bringen wollte, dass der Gemeinderat lieber darauf achten sollte, dass die Grundsatzentscheidungen umgesetzt werden. Unabhängig davon hätten die Stadträte die Kontrollpflicht. Diese könne man nur erfüllen, wenn man über alle "Feinheiten" des Haushaltsplanentwurfs informiert sei. Bombel beantragte deshalb, dass den Stadträten ab 2019 der Haushalt komplett mit allen Produkten in digitaler Form zugänglich gemacht wird.

Angesichts der mittelfristigen Finanzplanung mit steigender Verschuldung könne man sich auf den Standpunkt stellen freiwillige Vorhaben nicht zu verwirklichen oder Investitionen zu schieben oder zu streichen. Dann bliebe eine Stadt, die sich nicht mehr entwickelt, deren Infrastruktur sich verschlechtert und die nicht mit den Ansprüchen der Bevölkerung mithalten kann. Es gelte daher, die Balance zu finden, "zwischen dem, was wir uns leisten können und dem, was wir uns leisten müssen". Ob das im Haushalt 2018 gelingt, lasse sich wegen der neuen Struktur nur schwer ermitteln, gab Bombel zu. Man vertraue jedoch darauf, dass die Verwaltung aufgrund der gefassten Beschlüsse die Mittel einsetzt, die nötig sind. Angesichts der zahlreichen Investitionen der Stadt in den vergangenen neun Jahren, betonte Bombel, die Verwaltung und der Gemeinderat hätten vieles richtig gemacht. Das zeige auch die steigende Einwohnerzahl. Die CDU habe immer einen Wachstumskurs unterstützt und werde dies auch in diesem Jahr tun.

SPD-Fraktion

Eberhard Haug von der SPD-Fraktion stimmte mit dem OB überein, dass Freudenstadt ein attraktives Mittelzentrum bleiben und sich auch fortentwickeln soll. Er forderte jedoch auch über "qualitatives Wachstum" nachzudenken, wie genügend Wohnraum, Arbeitsplätze, Mitmenschlichkeit oder Umwelt und Natur. "Was kommt nach dem neuen Wohngebiet Sonnenhalde? Werden sich die Gewerbegebiete noch wie geplant entwickeln oder wird Industrie 4.0 und der technologische Fortschritt neue Antworten verlangen?" waren Fragen die Haug stellte. Er riet zudem zu bedenken, dass bei immer neuen Projekten auch die Abschreibungen steigen, die laut neuem Haushaltsrecht erwirtschaftet werden sollen.

Die schrittweise Einführung des kostenlosen Kindergartens, zunächst im letzten Jahr, um den Übergang in die Schule reibungsloser zu gestalten, nannte Eberhard Haug als ein wichtiges Ziel der SPD. Bei der Umsetzung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft sehe sich die SPD an der Seite des Oberbürgermeisters. Die Sanierung der Schulen für 850  000 Euro trage seine Fraktion mit. Man sollte sich aber Gedanken machen, wie die Kindergarten- und Schulstruktur für die Bewohner des neuen Baugebiets Sonnenhalde aussehen soll. Für das Haus am "Schlachthofbuckel", das die Stadt erworben hat, könnte sich Haug ein Haus der Vereine vorstellen, das auch mit deren Hilfe umgesetzt werden könnte.

Bürgeraktion

Die längste Haushaltsrede kam von der Bürgeraktion. Stadträtin Bärbel Altendorf-Jehle hatte einen Kernsatz in ihren Ausführungen, den sie immer wieder wiederholte: "Unsere Aufgabe ist es, unseren Mitbürgern zu helfen". Unter diesem Aspekt wollte sie die Arbeit der Verwaltung und des Gemeinderats beleuchten. Im Mittelpunkt standen daher Maßnahmen für Bürger, "die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen". Aussagen dazu habe ihre Fraktion in der Haushaltsrede von OB Julian Osswald vermisst, betonte Altendorf-Jehle. Immer wieder diskutiere man über Verbesserungen für Menschen mit schmalem Geldbeutel, "aber so richtig weiter kommen wir dabei nicht", so die Stadträtin. Als ein Beispiel nannte sie die Ablehnung eines Flüchtlingsbeauftragten. Die ehrenamtlichen Asylhelfer bräuchten dringend Unterstützung. Das Thema Flüchtlinge werde die Stadt noch lange begleiten. "Wir hoffen inständig, dass die Stadtverwaltung eine Schnittstelle zwischen Ehrenamt und Verwaltung schafft und ein gutes Miteinander möglich ist".

Mit einer intakten Umwelt helfe man den Mitbürgern, ging Altendorf-Jehle auf ihren Kernsatz ein und forderte die in den vergangenen Jahren beschlossenen Konzepte zum Klima, zur Energie, zur Radwegeplanung und zum Lärmschutz konsequent weiterzuentwickeln. Die Stadträtin erinnerte darüber hinaus OB Osswald daran, dass er in seiner "Sturm- und Drangzeit" gesagt habe: "Geht nicht gibt’s bei mir nicht". Die Bürgeraktion wünsche sich, dass er darauf wieder zurückkommt. In dem Satz stecke nämlich die Weisheit, nicht nach Argumenten zu suchen, warum etwas nicht geht, sondern nach Möglichkeiten forschen, wie man etwas hinbekommt.

Über die Anträge der Fraktionen zum Haushalt 2018 werden wir noch berichten.