Bei der Veranstaltung (von links): Petra Weinbrecht, Heike Baumeister, Ursula Kanther, Stephanie Hentschel, Carolin Redegeld, Katrin Abele, Claus Krause und Gerald Hellstern. Foto: Schule Foto: Schwarzwälder-Bote

Aufklärung: Kinderschutzbund informiert Jugendliche über Gefahren / Projektleiterin berichtet aus Praxis

Freudenstadt. Um die Folgen von Alkohol in der Schwangerschaft ging es bei einer Veranstaltung des Kinderschutzbunds Freudenstadt für die Schüler der neunten Klasse an der Falkenrealschule. Der Kinderschutzbund Freudenstadt hat es sich zum Ziel gesetzt, die Jugendlichen im Landkreis über die Folgen von Alkohol in der Schwangerschaft zu sensibilisieren.

Nach einer Begrüßung durch Konrektorin Heike Baumeister und Klassenlehrerin Katrin Abele, stellte Claus Krause, der Vorsitzender des Kinderschutzbunds Freudenstadt, die Arbeit des Kreisverbands sowie das Projekt FAS vor. Die Abkürzung steht für "Fetales Alkoholsyndrom" – eine Diagnose mit schwerwiegenden, lebenslangen Folgen.

Der Kinderschutzbund will junge Menschen noch vor Eintritt der Schwangerschaft informieren. Als Schirmherrin für dieses Projekt steht dem Verein Bürgermeisterin Stephanie Hentschel zur Seite, sie war mit Petra Weinbrecht, der Leiterin des Amtes für Familie und Sport zu der Veranstaltung gekommen.

Der Zeichentrickfilm "Blau im Bauch?" führte zunächst in jugendgemäßer Form die Gefahren des Alkoholkonsums in der Schwangerschaft vor, der zum "Fetalen Alkoholsyndrom" und anderen alkoholbedingten Entwicklungsstörungen beim Kind führen kann. Der Film machte deutlich, dass das Ungeborene über die Plazenta Alkohol aufnimmt und sehr schnell die gleiche Alkoholkonzentration im Blut hat wie die Mutter. Da diese den Alkohol erheblich schneller abbaut als das ungeborene Baby, bleibt es länger alkoholisiert als die Mutter.

Betroffene können selten unbeaufsichtigt leben

Gerald Hellstern, der Chefarzt der Kinderklinik in Freudenstadt, bestätigte, dass Alkohol in jeder Phase einer Schwangerschaft zu Schädigungen des ungeborenen Kindes führen kann. Im ersten Drittel seien es vor allem Fehlbildung der inneren Organe, Gesichtsveränderungen und Kleinköpfigkeit.

Da das Gehirn sich während der gesamten Schwangerschaft in einem Reifungs- und Wachstumsprozess befindet, sei es das empfindlichste Organ gegenüber der schädigenden Wirkung von Alkohol. Deshalb kann von den Betroffenen später fast niemand selbstständig und unbeaufsichtigt leben.

Der Facharzt wies aber auch darauf hin, dass jedes dieser Anzeichen auch eine andere Ursache haben kann – ohne Alkohol. Eine Diagnose sei schwer zu stellen, da man oft nichts von der Mutter wisse oder die Frauen den Alkoholgenuss verschweigen. "Die Dunkelziffer ist sehr hoch", meinte der Arzt. "Oft merkt man erst Jahre später, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt."

Das konnte Projektleiterin Ursula Kanther, Pflegemutter von zwei FAS-Kindern, bestätigen. Als sie ihr Pflegekind im Alter von acht Jahren übernahm, war es ein gesundes und normales Mädchen. Erst zwei Jahre später zeigte es auffälliges Verhalten, das sich in Unkonzentriertheit und Aggressivität äußerte.

Das Pflegekind ist inzwischen 22 Jahre alt und führt ein Leben voller Probleme und Einschränkungen. Sie hat weder eine Ausbildung, noch wird sie jemals den Führerschein schaffen. Trotz großer Anstrengung gelingt ihr vieles nicht, denn mühsam Erlerntes muss täglich neu geübt werden – weil es immer wieder vergessen wird. "Das sind Sorgen, die nie aufhören", sagte die Pflegemutter.

Hellstern bat die Jugendlichen um Unterstützung, Schwangere auf die Gefahren des Alkohols hinzuweisen, denn FAS ist nicht reparabel. Auch die Väter und das Umfeld sind gefragt, indem auch sie auf Alkohol verzichten oder die Schwangere nicht nötigen, "doch ausnahmsweise ein Gläschen zu trinken".