Ralf Bernd Herden skizierte das wechselvolle Leben des Politikers und Bankiers Hjalmar Schacht. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Ralf Bernd Herden referiert über Reichswirtschaftsminister Schacht

Freudenstadt (cw). Einen gut besuchten Vortrag über Hjalmar Schacht hielt der Jurist und Historiker Ralf Bernd Herden bei der Freudenstädter Freimaurerloge Zuflucht im Schwarzwald. Bankier und Wirtschaftsführer, Mitläufer und Widerständler, Christ und Freimaurer: Schacht war, wie der Referent gleich anfangs darlegte, eine schillernde Persönlichkeit.

Geboren wurde Schacht 1877 in Tingleff in Nordschleswig (heute Dänemark). Als deutscher Politiker und Bankier bewegte er sich auch auf internationalem Parkett. Dem Bund der Freimaurer gehörte Schacht seit 1906 an. Gut befreundet war er mit Emil Georg von Stauß, der unter anderem 1933 Vizepräsident des Deutschen Reichstags war. Stauß wurde, wie Herden anmerkte, im Baiersbronner Teilort Friedrichstal geboren.

Von 1923 bis 1930 und von 1933 bis 1939 war Schacht Reichsbankpräsident und von 1934 bis 1937 Reichswirtschaftsminister. Im Dritten Reich stieg er also zu einem der wichtigsten Wirtschaftsführer auf, wurde später aber auch vom Regime verfolgt. Die Vorgänge in der Reichskristallnacht bezeichnete er bei einer Weihnachtsfeier 1938 als "frevelhaftes Unternehmen". Wegen seiner oppositionellen Haltung wurde Schacht 1944 und 1945 in verschiedenen Konzentrationslagern festgehalten. Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher saß er auf der Anklagebank, wurde letztlich aber freigesprochen. "Solange ich mich im Amte halten konnte", schrieb Schacht im Rückblick auf die NS-Zeit, "war mein Bemühen erfolgreich: Ich habe die Judenverfolgung in der Wirtschaft tatkräftig verhindert." Andererseits hielt er es "im Interesse der Juden für verfehlt, dass die kulturellen Schlüsselstellungen gerade von den Juden so eifrig erstrebt werden".

Ralf Bernd Herden bezeichnete Schacht als Bankier mit deutschnationaler Gesinnung, aber nicht als Antisemiten. Das Fazit des Referenten: "Er war ein Sohn seiner Zeit – mit allen Vorzügen und Nachteilen." Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Schacht wiederum erfolgreich als Bankier. Er starb 1970 in München.

Bei der Diskussion nach dem fundierten und ausführlichen, dabei aber rhetorisch durchaus erfrischenden Vortrag kristallisierte sich heraus, dass ein abschließendes Urteil über die widersprüchliche Persönlichkeit Hjalmar Schachts nicht möglich ist. Deutlich gemacht wurde zudem, dass es für Nachgeborene schwierig ist, die zwiespältige politische und moralische Haltung nachzuvollziehen, die anscheinend typisch war für das deutsche Bürgertum seiner Zeit – wenngleich bei Schacht auf hohem intellektuellem Niveau.