Ann-Helena Schlüter begeistert mit Bachs "Kunst der Fuge"

Von Dieter Braun

Freudenstadt. Einen Tag nach Johann Sebastian Bachs 230. Geburtstag präsentierte sich bei einem Konzert in der Taborkirche die Pianistin, Organistin, Komponistin und Dichterin Ann-Helena Schlüter als wahres Multitalent. Derzeit gilt ihr Hauptinteresse Bachs "Kunst der Fuge", mit der sie sich im Rahmen einer Doktorarbeit an der Universität Leipzig intensiv beschäftigt. Ihre gründliche Kenntnis dieses äußerst komplexen Werks ließ sie in einer kurzen, aber aufschlussreichen Einführung erkennen.

Bachs "Kunst der Fuge" bildet den Schluss- und Höhepunkt der etwa 700-jährigen Musikepoche der Mehrstimmigkeit. Sie besteht aus 13 drei- und vierstimmigen Fugen – von Bach Contrapunctus genannt -, vier Kanons und einer Schlussfuge, in der er die Buchstaben seines Namens – B A C H – als Noten verwendet. Trotz einer Herz- und Augenerkrankung arbeitete der Komponist fieberhaft an der Fertigstellung des Werks, was ihm aber nicht mehr gelang. Spätere Herausgeber fügten an den abrupten Schluss als musikalisches Vermächtnis den Orgelchoral "Vor deinen Thron tret ich hiermit" an.

Da es Bach in der "Kunst der Fuge" darauf ankam, die vielfältigen Möglichkeiten der Fugenkomposition zu zeigen, verzichtete er auf die Zuweisung an ein bestimmtes Instrument. Daher gibt es heute Interpretationen mit Cembalo, Klavier und Orgel bis hin zu Streichquartett und Bläserensemble.

Mit der Wahl der Orgel bewies Ann-Helena Schlüter eine glückliche Hand. Anders als beim klanglich begrenzten Cembalo oder Klavier kann man mit der Orgel den einzelnen Stimmen bestimmte Klangfarben zuweisen. So ist der Hörer besser in der Lage, die immer komplexer werdenden Stimmverläufe zu verfolgen. Auch in der Gesamtdisposition des Werks bewies die Interpretin ihre profunde Kenntnis durch klangliche und dynamische Zwischenhöhepunkte zum Abschluss musikalischer Gruppen.

Die "Kunst der Fuge" stellt allerhöchste Anforderungen an Interpret und Hörer. Daher ist sie sehr selten ein einem Konzert zu erleben. Umso mehr gebührt Ann-Helena Schlüter große Anerkennung, dass sie dank ihrer Musikalität und spieltechnischen Fähigkeiten dieses schwierige Werk souverän zu Gehör brachte.

Das zahlreiche Publikum dankte ihr mit langem und herzlichem Applaus.