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Demenz-Aktivistin Helga Rohra stellt auf Einladung der Fachklasse Altenpflege des Oberlinhauses ihr neues Buch vor

Sich trotz Demenz dem Leben stellen und nicht kleinkriegen lassen – dies vermittelte die Demenz-Aktivistin Helga Rohra bei der Vorstellung ihres neuen Buchs im Freudenstädter Kurtheater.

Freudenstadt. Demenz ist ein Thema, das viele Menschen betrifft. Das wurde beim Vortrag der Betroffenen und Demenz-Aktivistin Helga Rohra deutlich, die im gut besuchten Freudenstädter Kurtheater über Demenz referierte und ihr neues Buch vorstellte. Die Fachklasse Altenpflege des Oberlinhauses (auf dem Foto mit Helga Rohra, Vierte von rechts, und Bürgermeisterin Stephanie Hentschel, Zweite von rechts) zeigte sich als guter Gastgeber. Sie hatte sowohl die Lesung als auch ein kleines Rahmenprogramm vorbereitet. Als Vertretung der Schulleitung des Oberlinhauses begrüßte Beatrice Reiner die Gäste zum Fachvortrag. "Ja zum Leben trotz Demenz und sich nicht kleinkriegen lassen – eine derart lebensbejahende Aufforderung, sich dem Leben zu stellen, wie sie Helga Rohra zeigt, spornt mich an", sagte sie in ihren einleitenden Worten.

In Projektarbeit mit dem Thema beschäftigt

Der Kurs 28a der Fachschule für Altenpflege habe sich in einer Projektarbeit ausführlich mit dem Thema Demenz beschäftigt. Demenz sei Teil der Normalität in der Gesellschaft geworden – jedenfalls sei sie nicht mehr wegzudenken, und viele Betroffene wollten sich nicht nur auf die Diagnose reduzieren lassen, sagte Reiner und dankte allen Helfern. Einen musikalischen sanften Auftakt gestalteten Reinhard Köbler am Klavier und Selina Kuhn mit der Klarinette. Seitens der Stadt begrüßte Bürgermeisterin Stephanie Hentschel die Referentin und die Gäste. Gerne habe sie die Einladung angenommen, denn es sei beeindruckend, wie Helga Rohra mit der Diagnose umgehe und trotz der Krankheit ein zufriedenes und glückliches Lebens führe. Als Vertreter der Arbeitsgruppe Ausbildung beim Verein sozialer Dienstleister richtete Johannes Miller vor der Autorenlesung ein Grußwort an die Zuhörer.

Zum Einstieg in das Thema trat eine Gruppe von Schülern der Fachschule für Altenpflege auf der Bühne auf und zeigte ihre Gedankengänge zum Thema Demenz. "Eine Reise ins Vergessen", "Konfetti im Kopf", "Gefangensein im eigenen Körper", "Ein Labyrinth ohne Ausgang" und "Leben in einer anderen Welt" war von den angehenden Pflegekräften zu hören.

Die Demenz-Aktivistin Helga Rohra klärte in ihrem Vortrag über Symptome, Krankheit und gesellschaftliche Probleme auf, die eine Demenz mit sich bringt. Zudem stellte sie ihr neues Buch "Ja zum Leben trotz Demenz! Warum ich kämpfe" vor.

Mehrere Fehldiagnosen

Vor neun Jahren, im Alter von 54 Jahren, habe man ihr in einem nüchternen Wartezimmer einer Klinik nach mehreren vorhergegangenen Fehldiagnosen eine Lewy-Body-Demenz diagnostiziert und sie damit alleingelassen, erzählte sie. Sie kritisierte, dass die Diagnose damals unsanft vermittelt worden sei, und forderte mehr Respekt und Einfühlungsvermögen der Ärzte den Patienten gegenüber. Letztere sollten nicht nur als "Abrechnungsziffern" betrachtet werden. Vorangegangen seien bei ihr, so die Referentin, Symptome wie Sprachbarrieren und Wortfindungsstörungen, Orientierungs-losigkeit und optische Halluzinationen. Die Krankheit sei nichts, wofür man sich schämen müsse, "mit Leidtun und Mitleid wollen wir nicht in Verbindung gebracht werden", sagte Helga Rohra stellvertretend für viele Betroffene. Und weiter: "Demenz hat viele Gesichter – eines davon steht vor ihnen." Weltweit seien 50 Millionen Menschen von der Krankheit betroffen, 130 Formen der Demenz gebe es, die seitens der Ärzte in sieben Phasen aufgeteilt werden würden, informierte die Expertin. Sie betreibt seit ihrer Diagnose mit vielen Vorträgen Aufklärungsarbeit. Sie habe auch schöne Seiten an der Demenz entdeckt, sagte die Referentin. Als ehemaliger "Workaholic" habe sie für sich die Langsamkeit entdeckt, neue Fähigkeiten entwickelt und genieße nun "das Leben im Jetzt". Sie forderte eine bessere Vernetzung von Betroffenen und Verantwortlichen, "denn wir wollen mitreden und Hürden überwinden". Ihre Botschaft war: "Das Leben geht weiter." Nach dem Vortrag gab es noch Gelegenheit für Fragen, und Helga Rohra signierte auch Bücher.