Souveränen Umgang mit einem schwierigen Stoff legte das Ensemble des Dramas "Jenseits von Eden" auf der Bühne des Kurtheaters an den Tag. Foto: Keck Foto: Schwarzwälder-Bote

Das Ensemble von "Jenseits von Eden" bewältigt provokanten Stoff in überzeugender Manier

Von Gerhard Keck

Freudenstadt. John Steinbecks gewaltiges Epos "Jenseits von Eden" in eine angemessene Bühnenfassung zu pressen, ist eine Herausforderung besonderer Art. Des Literatur-Nobelpreisträgers prägnante Zeichnung von Charakteren und seine ausufernde Fabulierlust müssten, so die Vermutung, in Dramenform zwangsläufig holzschnittartige Formen annehmen.

Was jedoch das Ensemble in einer Produktion des Euro-Studios Landgraf aus der über 700 Seiten starken Romanvorlage, übersetzt und dramatisiert von Ulrike Syha, unters Publikum im Kurtheater brachte, war schon aller Ehren wert. Dennoch: Wer Steinbecks voluminöses Gesellschaftspanorama inhaltlich nicht in allen Facetten parat hat, droht sich mitunter im Wust von Personen, Zusammenhängen und Rückgriffen zu verlieren.

Das Drama unter der Regie von Alexander Schilling ist ein ehrgeiziges Unterfangen. Mit harten Schnitten wie in der Filmproduktion, stetigen Perspektivenwechseln, durch zwei Spielebenen raffiniert arrangiert, und aufs Äußerste verknappten narrativen Elementen arbeitet das Ensemble den Plot auf. Er ist großteils harte Kost, thematisch jenseits des Garten Edens, des Paradieses, angesiedelt. Überlebenskampf pur in karger Natur wird den Menschen abverlangt. Dazu gesellen sich Familienkonstellationen, die den Blick freigeben für unterschiedlichste Charaktere, personifiziert hauptsächlich in der metaphorischen Erzählung des ungleichen Brüderpaars Kain und Abel.

Nicht nur, dass die provokante Frage "Soll ich meines Bruders Hüter sein?" die grundsätzliche Problematik von Verantwortlichkeit für Geschwister aufwirft. Wie stark sind Neid und Hass verankert? Es geht jedoch noch weiter: Wie gehen Eltern mit den emotionalen Bedürfnissen ihrer Kinder um? Wie wirkt sich einseitige Bevorzugung aus am Beispiel von Caleb und Aron Trask?

Adam Trask sieht sich in seiner Selbstspiegelung als versagender Vater, der Calebs Ringen um Anerkennung missdeutet und die Folgen daraus zu verantworten hat. Aber da ist schließlich auch seine Frau Cathy, ein Ausbund an Schlechtigkeit schon in jungen Jahren. Sie geht im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen, eine Medusa mit todbringendem Schlangenhaupt. Der "Trottel" von Ehemann, wie sie sich ausdrückt, hat ihr nichts entgegenzusetzen. Die Zwillinge, die sie geboren hat, kann er ihretwegen in den Brunnen werfen. Ihre Zukunft liegt weiterhin in der Prostitution als alles beherrschende Puffmutter. Feuer und Tod umgeben sie, metaphorisch angelegt im knallroten Kleid. Der neue Garten Eden, den Adam ihr in Kalifornien erschaffen will, ist für sie kein Äquivalent für ihr unersättliches Verlangen nach Ungebundenheit und ihre hedonistische Einstellung. Katastrophale Folgen für die Familie nimmt sie kaltschnäuzig in Kauf.

Mehrfacheinsätze des Ensembles kennzeichnen die Rollenverteilung in dem Stück, das den roten Faden der opulenten generationsübergreifenden Vorlage verfolgt: Jochen Horst, Benjamin Kernen, Lukas Hötzel, Alice von Lindenau, Carsten Klemm, Helge Gutbrod/Tim Mackenbrock, Iris Boss und Thomas Martin stehen für hoch motiviertes Personal. Wenn es schon etwas zu bemäkeln gibt: Es ist durchaus vorstellbar, dass die eine oder andere Figur noch schärfer zu konturieren sei. Zu nennen wären beispielsweise Adam Trasks chinesischer Diener Lee, der, philosophisch ambitioniert, dem Klischee vom radebrechenden Asiaten Paroli bietet, oder der Erfinder und Farmer Samuel Hamilton, der das Herz auf dem rechten Fleck hat.

Der Beifall am Ende der Aufführung ist anhaltend, aber nicht euphorisch. Es ist anzunehmen, dass er unter dem Eindruck von Ergriffenheit steht, die über den Theaterabend hinausreicht.