Im Stadtteil Kniebis können die Vodafone-Kunden zumindest teilweise wieder auf eine funktionierende Verbindung zählen. Foto: Brandt

Blackout auf dem Kniebis nutzen Michael Theurer und Alexander Bonde für gegenseitige Schuldzuweisungen. Mit Kommentar.

Freudenstadt-Kniebis - Ist die Kommunikationswelt in den Freudenstädter Stadtteilen Kniebis und Zwieselberg wieder in Ordnung? Zumindest teilweise scheint der LTE-Datenverkehr über Funk nach fast zwei Wochen Totalausfall wieder zu funktionieren.

Doch es ähnelte einem Possenspiel, was in den vergangenen Tagen geschah, und es erreichte höchste politische Ebenen. Leidtragende waren die Bürger in Kniebis und Zwieselberg, die sich mangels einer schnellen Datenverbindung für die von der Firma Vodafone angepriesene LTE-Funklösung für Internet und Telefon entschieden hatten.

Wie der Schwarzwälder Bote berichtete, fiel am 13. August die LTE-Verbindung auf dem badischen Kniebis und in Zwieselberg aus. Als nach mehreren Tagen der Anschluss immer noch nicht hergestellt war, gingen zahlreiche Kunden von Vodafone und der Ortsvorsteher von Kniebis, Helmut Klaißle, auf die Barrikaden. Besonderen Ärger verursachte die Informationspolitik von Vodafone, die eigentlich keine war. Die Kunden bekamen über die Servicenummern die verschiedensten, meist nichtssagenden, Auskünfte über Ursache und Dauer der Störung.

Als ein Sprecher des Unternehmens Vodafone auf Anfrage unserer Zeitung erklärte, dass ein Baum die Richtfunkstrecke gestört habe, wollten das viele Kunden nicht so recht glauben. Doch der Empfang war wieder hergestellt. Aber nur für kurze Zeit, dann fiel das Netz wieder aus. Weil alle Bemühungen nicht zu fruchten schienen, wurden Freudenstadts Oberbürgermeister Julian Osswald und auch der Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Fuchtel eingeschaltet.

Osswald schrieb einen geharnischten Brief an die Vodafone-Chefetage. Auch der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer meldete sich bei Vodafone. Er suchte zudem beim wie er in einer Pressemitteilung schrieb "selbst ernannten Internetminister" Alexander Bonde die Schuld, weil die Landesregierung gegen die Versorgungslücken auf dem Land nicht genügend unternommen habe. Daraufhin konterte Minister Bonde, Theurer betreibe politische Brandstiftung und zeigte sich erstaunt, dass ein FDP-Politiker die Schließung von Versorgungslücken anmahnt, dessen Partei in Europa und in Deutschland die Mobilfunk- und Internetversorgung vollständig den Gewinninteressen von Großkonzernen überlassen habe.

Michael Theurer wiederum war nicht müde, Bonde erneut in einer Medieninformation zu antworten und wies die Kritik des grünen Landesministers als "substanzlos und unverschämt" zurück. Bonde greife reflexartig darauf zurück, die Verantwortung auf andere Ebenen oder Vorgängerregierungen abzuschieben, statt selbst aktiv zu werden. Bonde betätige sich als Nebelwerfer, um von eigenen Widersprüchen abzulenken, betonte Theurer.

Währenddessen zeigte sich die Vodafone-Zentrale in Berlin relativ gelassen. Sie berief sich auf den Brief von Freudenstadts OB Osswald und bedauerte in einem Schreiben an Theurer, dass es zu den Problemen gekommen ist. "Wir kümmern uns umgehend in Zusammenarbeit mit den Kollegen in der Technik um das Problem und kommen unverzüglich wieder auf Sie zu", hieß es.

Gestern funktionierten ein Teil der LTE-Anschlüsse in Kniebis wieder. Dies liegt laut Unternehmenssprecher Dirk Ellenbeck an dem kompletten Neustart der Sendestation, der nach seinen Aussagen am Montag gemacht wurde. Nach wie vor bleibt Ellenbeck dabei, dass das Hauptproblem an der Unterbrechung der Richtfunkstrecke durch einen Baum liegt. Dieser Baum müsse beschnitten oder gefällt werden. "Doch wir können nicht einfach einen Baum killen", so der Vodafone-Sprecher. Man müsse zunächst herausbekommen, wem der Baum gehört.

Die Sendeanlage auf dem Kniebiser Mast einfach höher zu hängen, gehe nicht, beteuert Ellenbeck. Diese Möglichkeit habe man zunächst geprüft. Doch der Sendemast gehöre einer Tochter der Telekom, deshalb dürfe Vodafone nicht einfach handeln. Außem sei es ein technisches Problem. Wenn man die Sendeanlage höher hänge, könne der Mast instabil werden.

Bei der ganzen Misere vergisst Dirk Ellenbeck aber nicht, den Kunden noch was zu versprechen. Vodafone werde mittelfristig versuchen, die Kapazitäten zu erhöhen, damit noch mehr Teilnehmer LTE nutzen und noch schneller im Internet surfen können.

So gesehen: Nichts Genaues

Von Alexandra Alt

Ein kleines beschauliches Dörflein im nördlichen Schwarzwald ist derzeit Mittelpunkt einer landespolitischen Debatte - man möchte fast sagen "Schlammschlacht", verfolgt man die Statements aus der Ecke des FDP-Landeschefs und Europaabgeordneten Michael Theurer und des Verbraucherschutzministers Alexander Bonde auf der anderen Seite. Der Zankapfel ist die dürftige Versorgung mit schnellem Internet im Schwarzwald ganz allgemein und der jüngste Totalausfall des LTE-Netzes in Kniebis und Zwieselberg im Speziellen.

Schade, dass der LTE-Ausfall in den Freudenstädter Höhenstadtteilen und die Probleme, die damit für die Betroffenen einhergehen, für solch ein Parteigeplänkel herhalten müssen. Für manchen der geschätzt 50 bis 70 Vodafone-Kunden in den beiden Stadtteilen geht es schließlich um Existenzielles. Einrichtungen wie das Naturfreundehaus und die betroffenen Hotels sind auf ein funktionierendes Kommuniaktionssystem angewiesen, müssen Mails empfangen und telefonieren können. Ist das nicht möglich, fallen Buchungen weg, Kunden beschweren sich. Das macht sich am Ende im Geldbeutel bemerkbar.

Während sich Theurer und Bonde gegenseitig die Schuld an den Breitbandversorgungslücken in die Schuhe schieben, lacht sich der Anbieter Vodafone, ins Fäustchen. Und die Gelackmeierten sind die Kunden. Sie bekommen nach wie vor keine stabile Leitung und schon gar nicht verlässliche Antworten. Das Problem bleibt was es ist, ein Problem.

Dabei müsste Vodafone eigentlich gelernt haben: Einige Monate ist es her, da waren auch Kunden in Musbach über Wochen immer wieder von Totalausfällen des Kommunikationsnetzes betroffen. Die Folge des verspielten Vertrauens waren Kündigungen - Kündigungen, die das Unternehmen sogar angeblich selbst forcierte. Damals wurde Kunden mitgeteilt, dass aufgrund zu vieler Verträge das Netz überlastet sei. Von Firmenseite gab es nie eine offizielle Bestätigung, aber das Gerücht hielt sich hartnäckig.

Auch auf dem Kniebis gibt es solche Gerüchte. Ganz nach dem Motto "Nichts Genaues weiß man nicht" stoßen Kunden, die Rat und Hilfe bei der Hotline suchen, vor allem auf uninformiert wirkende Service-Mitarbeiter. Die Gerüchte, die mittlerweile um den LTE-Ausfall kursieren, sind zahlreich: Mal ist ein anderer Netzbetreiber schuld, mal heißt es, die wenigen Kunden auf dem Kniebis würden die Kosten des Sendebetriebs nicht decken. Ein Grund das LTE-Netz einfach lahmzulegen? Haarsträubend.

Klar ist: Die Version der Firmenzentrale in Düsseldorf gegenüber unserer Zeitung - ein hoher Baum störe die Signale zur Sendestation auf dem Kniebis, glaubt mittlerweile niemand mehr. Da helfen auch Beteuerungen aus dem Haupthaus nicht, man werde alles tun, damit so etwas nicht mehr vorkommt. Die sind nach einer Woche ohne LTE für die Kunden Makulatur.

Also, was tun? Auf besseren Service warten oder auf die Politik? Wenn Theurer und Bonde sich weiter gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben, statt sich für eine schnelle Klärung einzusetzen, bleibt das Problem ungelöst - und vor allem: Es kommt wieder. Da klingt der Vorschlag von Stadtrat Wolfgang Tzschupke vernünftig. Er fordert, die Stadt müsse das Problem selbst in die Hand nehmen und eine Finanzierung der Breitbanderschließung auf dem Kniebis durch die Stadtwerke prüfen. Dann wäre Kniebis kein weißer Fleck mehr auf der Breitband-Landkarte, sondern wieder ein nettes beschauliches Dörflein mit einer guten Verbindung.