Sanierungsbedürftig und derzeit leerstehend an der Schwarzwaldhochstraße: das frühere Nobelhotel Bühlerhöhe. Foto: Wiegert/Jehle/Deck

Gemeinden am Nationalpark wollen mit Fördergeld gemeinsam Masterplan zur Belebung der Schwarzwaldhochstraße entwickeln.

Freudenstadt/Baden-Baden - Hans-Jörg Willig schnupperte am Mittwochmittag so etwas wie Morgenluft. Der ehemalige Schulleiter und Vorsitzende des Vereins "Kulturerbe Schwarzwaldhochstraße" hat sich im Ruhestand die Rettung des ehemaligen Kurhauses Sand an der Schwarzwaldhochstraße (B 500) auf die Fahnen geschrieben.

Die einstige Nobelherberge steht seit Jahren leer und droht zu verfallen. "Wenn sich da nicht bald was tut, kommt die Abrissbirne", warnt Willig. Doch jetzt kann der Kurhaus-Retter hoffen: Am Mittwoch gab Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) bekannt, wer bis 2020 vom EU-Hilfsprogramm "Leader" profitieren wird, einem Topf mit 84 Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln zur Stärkung der Landregionen Baden-Württembergs. "Der heutige Startschuss für die Regionalentwicklung mit 'Leader' ist ein kraftvoller Impuls für den ländlichen Raum", versicherte Bonde am Mittwoch bei der Bekanntgabe der Siegerregionen.

18 der insgesamt 25 Aktionsgruppen, die sich für das Programm beworben hatten, kamen zum Zug – darunter auch die Aktionsgruppe der Region Mittelbaden, auf deren Gemarkung das alte Kurhaus Sand steht. Ebenfalls auf Bondes Zuschlagsliste: die "Leader"-Aktionsgruppen Nordschwarzwald und Ortenau. Damit sind die drei an den Nationalpark Schwarzwald grenzenden Regionen komplett im Hilfsprogramm vertreten.

Für die Bühlerhöhe konnten Investoren aus Kasachstan gefunden werden, die derzeit in Baden-Baden weitere Objekte restaurieren

"Jetzt kann zusammenwachsen, was zusammengehört", freut sich Hans-Jörg Willig. Und tatsächlich: Mit der "Leader"-Förderung wollen die drei Teilregionen in einem interkommunalen Projekt unter anderem die Schwarzwaldhochstraße zwischen Baden-Baden und Freudenstadt beleben. "Wir werden jetzt ganz schnell einen Masterplan für die Schwarzwaldhochstraße erstellen", bestätigte am Mittwoch auf Anfrage der Bühler Oberbürgermeister Herbert Schnurr (Freie Wähler). Geplant sei vorerst ein gemeinsamer Termin der Bürgermeister aus Ottersweiher, Bühl, Bühlertal, Forbach, Gernsbach, Loffenau, Sinzheim und Weisenbach (alle Kreis Rastatt) sowie der Stadtoberhäupter aus Baden-Baden und Lauf (Ortenaukreis).

Ziel des Treffens: Die Vorbereitung eines Arbeitskreises, dem später auch Vertreter der Nordschwarzwälder Aktionsgruppe und des Vereins Schwarzwaldhochstraße angehören sollen. Dieser Kreis, so Schnurr, soll den Masterplan für die Schwarzwaldhochstraße zügig entwickeln und die "Leader"-Gruppen unterstützen.

"Wir wollen nicht einzelne Süppchen kochen", so Schnurr. Zur Belebung der bekannten Panoramastraße sollen vielmehr die Gemeinden am Nationalpark und an der B 500 planerisch unter einen Hut gebracht werden. Geld für das interkommunale Rettungsprojekt ist nach Bondes "Leader"-Zusage auch vorhanden: Rund 50.000 Euro hat die "Leader"-Aktionsgruppe Mittelbaden als Startkapital für den Masterplan in ihrem Entwicklungskonzept eingeplant.

Dass der Plan bitter nötig ist, zeigen die Hotelbrachen, die entlang der Schwarzwaldhochstraße stehen: neben dem Kurhaus Sand beispielsweise das ehemalige Kurhaus Plättig, das frühere Nobelhotel Bühlerhöhe oder im südlichen Teil das ehemalige Hotel Alexanderschanze auf Gemarkung Freudenstadt. Ihnen soll das Schicksal des früheren Kurhauses Hundseck erspart bleiben, bei dem bereits die Abrissbirne anrückte.

Was die Bühlerhöhe anbelangt, ist Schnurr optimistisch: Für das ehemalige Schlosshotel konnten Investoren aus Kasachstan gefunden werden, die derzeit auch die Villa Stroh und das Schloss Seelach in Baden-Baden restaurieren und dort anscheinend gute Arbeit geleistet haben. "Das Beste kommt zum Schluss", soll einer der russischen Geldgeber gesagt haben, daher ist Schnurr guter Dinge, "dass sich 2015 auch bei der Bühlerhöhe was tut".

Gleiches gilt für das Kurhaus Plättig, das die Investoren ebenfalls gekauft haben und in dem sie ihre Arbeitskolonnen untergebracht haben.

Auch im Süden an der Alexanderschanze könnte sich bald was tun. Hier wollen die Bürgermeister Bernhard Waidele (CDU) aus Bad Rippoldsau-Schapbach und Meinrad Baumann (Freie Wähler) aus Bad Peterstal-Griesbach gemeinsam mit Oberbürgermeister Julian Osswald (CDU) aus Freudenstadt ein interkommunales Projekt starten. Geplant ist ein großes Wildtierreservat als Touristenattraktion am Tor zum Nationalpark.

Freudenstadts OB Julian Osswald plant Weißtannenturm an der Alexanderschanze und Marktscheune an der Kniebishütte

Rückenwind bekommen die drei Rathauschefs für ihr Projekt aus dem Landtag von SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel, der bei der Suche nach privaten Investoren für die Konzeption eines solchen Wildtierreservats schon fündig geworden ist. Steht das Konzept, könnte sich Osswald auch hier eine Mitfinanzierung des Projekts über "Leader"-Mittel vorstellen.

Zuvor will Osswald allerdings mit zwei anderen Leuchtturmprojekten an der Schwarzwaldhochstraße in die neue "Leader"-Förderperiode starten: einem Weißtannenturm an der Alexanderschanze und einer Marktscheune an der Kniebishütte. Der Tannenturm, der laut Osswald noch in diesem Jahr entstehen soll, wird 30 Meter hoch, und soll Besuchern des 970 Meter hoch gelegenen Freudenstädter Ortsteils Kniebis künftig einen Rundumblick aus 1000 Höhenmetern bieten.

Als lohnende Investition sieht der Freudenstädter Rathauschef die Marktscheune. Sie soll voraussichtlich 2016 gebaut werden und Besuchern und Einheimischen eine große Auswahl an regionalen Produkte bieten. "Das wird laufen", ist sich Osswald sicher, schließlich liege regionale Ware bei den Kunden im Trend, und die Kniebishütte sei jetzt schon ein touristischer Anziehungspunkt.

Von Bondes Fördertopf werden noch weitere kleine Projekte am Rande des Nationalparks und der Schwarzwaldhochstraße profitieren. So zum Beispiel die alte Kapelle in Herrenwies bei Forbach (Kreis Rastatt). Die hat der Verein "Kulturerbe Schwarzwaldhochstraße" am 29. Dezember gekauft. Er will sie nun restaurieren und zum Museum für Schulgeschichte und alte Waldgewerbe umbauen. Im Entwicklungskonzept der "Leader"-Aktionsgruppe Mittelbaden ist dieser Umbau bereits als "Starterprojekt" aufgenommen, sagt Vereinschef Willig.

Vielleicht gilt das bald auch für die ersten Sanierungsarbeiten am Kurhaus Sand. "Das ist die einzige Kreuzung an der B 500", so Willig, deshalb müsse dort an der Nord-Süd-Achse Baden-Baden-Freudenstadt und am Scheitelpunkt von Rheintal und Murgtal dringend ein Portal zum Nationalpark entstehen.