Die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern erfordert einen großen Aufwand. Foto: © Guido Grochowski / Fotolia.com Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Kreis muss bei Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen in Vorleistung gehen / Weitere Stellen

Wie viel Personal ist für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) im Landkreis notwendig? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Jugendhilfeausschuss.

Kreis Freudenstadt. Bereits im Februar dieses Jahres hatte der Kreistag 3,3 Vollzeitstellen für die Betreuung der UMA im Jugendamt des Kreises geschaffen. Nun soll im Haushalt 2017 mit sofortiger Wirkung dieses Kontingent um weitere 1,15 Vollzeitstellen aufgestockt werden. "Und dies, obwohl vor rund vier Wochen der Schalter umgelegt wurde und sich Baden-Württemberg von einem aufnehmenden Land in ein abgebendes Land entwickelt hat", wie Jugendamtsleiterin Charlotte Orzschig den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses erklärte.

Im Februar ging man von 66 UMA aus, heute sind es bereits 83 Jugendliche, und mit einer Zuweisung von weiteren sechs wird gerechnet. Diese sind bereits angekündigt. Dabei wird es jedoch nach aktuellen Prognosen nicht bleiben.

Ausgleich vom Land immer erst am Ende des Jahres

"Für das Haushaltsjahr 2017 wurden vom Fachamt aufgrund der langsameren Zuweisungsentwicklung insgesamt 100 unbegleitete minderjährige Ausländer prognostiziert", konnten die Ausschussmitglieder in ihren Unterlagen nachlesen, beziehungsweise bekamen es von Charlotte Orzschig mitgeteilt.

Folgt man dieser Prognose und schaut sich die Erfahrungswerte an, die besagen, dass von der Verwaltung pro 50 UMA 2,5 Vollzeitstellen benötig werden – eine komplette Stelle für Vormundschaftsangelegenheiten, eine volle Stelle für den sozialen Dienst und eine halbe Stelle für die wirtschaftliche Jugendhilfe und den Pflegekinderdienst – so kann man leicht ausrechnen, dass mit den weiteren 1,15 Stellen am unteren Ende des Notwendigen angesetzt wird.

Zu diesem Thema erklärte der Erste Landesbeamte Reinhard Geiser, der die Sitzung leitete, dass dieser Bereich nicht ganz vergleichbar mit der Gesamtsituation im Kreis sei. Gerade was die Kostenerstattung durch das Land betrifft, müsse man stark in Vorleistung treten.

"Das Land hinkt da meilenweit hinterher" so Geiser, der anmerkte, dass man immer erst am Ende eines Jahres mit einem Ausgleich rechnen könne. Und dies auch nur dann, wenn das Land die Leistungen, die die Kommune erbracht hatte, überprüft habe. "Und wenn die erbrachten Leistungen nicht ganz deckungsgleich mit den Vorgaben des Landes sind, dann wird entsprechend gekürzt", so Geiser weiter.

Egal, welchen Status die Jugendlichen haben, sie hätten ein Recht auf Hilfe, so das Credo von Seiten der Verantwortlichen des Jugendamts. Auf die Frage, wie es denn mit Familienzusammenführung aussehe, betonte Charlotte Orzschig, dass das Smartphone die Nabelschnur zur Familie sei und ohne die Option der Familienzusammenführung gar nichts gehe. "Wir stehen hier vor einem zweischneidigen Problem. Auf der einen Seite wollen wir nicht noch mehr Flüchtlinge ins Land holen, auf der anderen Seite können wir nicht verlangen, dass die Kinder und Jugendlichen ohne ihre Eltern aufwachsen", ergänzte Reinhard Geiser.

Ausschuss stimmt einstimmig für eine Aufstockung

Fakt sei, so die Jugendamtsleiterin, dass eine Unterdeckung beim Personal bestehe und man schnellstmöglich für mindestens die nächsten zwei Jahre mit weiteren, befristeten Stellen gegensteuern müsse. So sah es auch die Gesamtheit des Jugendhilfeausschusses und votierte einstimmig für eine Aufstockung des Personals um weitere 1,15 Stellen.