Herbert Hilbert, Hans-Martin Haist und Gloria Keller (von links) bei ihrem Rundgang bei den jungen Künstlern. Foto: Eigen-Sinn

Junge Flüchtlinge aus acht Nationen zeigen Kreativität im Kunsthaus. Große Motivation für Projekt.

Freudenstadt - Es mussten viele Rädchen ineinandergreifen und es musste viel Papier beschrieben werden, bis das Modell stand und die Gelder bewilligt waren: Im Atelier des Kunsthauses Freudenstadt hat sich das Projekt "Ästhetische Bildung für geflüchtete junge Erwachsene" etabliert.

Knapp 20 junge Männer zwischen 17 und 25 Jahren versuchen sich mit mehr oder weniger Talent im Malen und Zeichnen, später auch im Gestalten oder im Mosaiklegen. Dafür hat Landrat Klaus Michael Rückert die Schirmherrschaft übernommen.

Draußen knirscht der Schnee, im warmen Atelier im Kunsthaus in der Hirschkopfstraße sitzen und stehen junge Männer aus acht Nationen in kleinen Gruppen oder allein an großen Tapeziertischen, einen Bogen Papier oder gar eine Staffelei vor sich. Sie zeichnen und malen, wischen und radieren, tragen Farbe auf, versuchen sich in Formen und Figuren, mal mit dem Stift, mal mit Kreide, mal mit Pinsel und Spachtel.

Gloria Keller, Künstlerin in Freudenstadt, geht von Tisch zu Tisch und spricht mit den jungen Leuten, gibt Tipps, lobt und greift leicht korrigierend ein, erklärt, hilft, motiviert und macht Mut. Nicht jeder der jungen Ausländer ist als Künstler zur Welt gekommen. Das Projekt ist auf ein ganzes Jahr ausgelegt, hat im November begonnen und soll im September mit einem Kulturfest enden, zu dem die Bürger eingeladen werden. Der Kurs wird getragen vom Bundesverband für bildende Künstler (BBK), der auch die Finanzierung übernommen hat, dazu zählen auch Materialien wie Farben, Stifte, Papier und Ähnliches. Die Kinderwerkstatt Eigen-Sinn, das Kinderheim Villa Sonnenheim und der Musik- und Kunstverein Freudenstadt haben sich für dieses Projekt zusammengetan.

Anknüpfungspunkte für junge Menschen

Der Musik- und Kunstverein stellt die Räume und übernimmt einen Teil der Organisation, sagt Herbert Hilbert, im Verein zuständig für die Sparte Kunst. "Wir freuen uns, dass wir einen Beitrag zur Integration leisten können. Es ist toll, wie das funktioniert. So können wir jungen Leuten, die noch auf der Suche sind, Anknüpfungspunkte und Leitpfosten geben", betont er.

Bei einem Besuch der wöchentlichen Kursabende staunt Herbert Hilbert über die "interessanten Ergebnisse". Diese überraschen auch Gloria Keller: "Kreatives Tun ist auch ein Weg, um gewisse Dinge zu verarbeiten", sagt sie, "im Malen steckt auch ein Stück Selbsttherapie." Die Künstlerin weiß, dass viele der jungen Leute von Flucht, Ausweisung, Angst, Unsicherheit und Einsamkeit einen schweren Rucksack mit sich herumtragen. Sie sieht das Malen auch als ein Mittel, um sich auszudrücken, als Beitrag zur kulturellen Bildung, zum Üben von Teamarbeit und letztlich zur Integration.

Wer die zu Teil ergreifenden Bilder der jungen Künstler sieht, mag an Kellers Worten auch nicht zweifeln. Die verschiedenen Kurs-Etappen folgen dem pädagogischen Konzept des Projekts. Die jungen Menschen besuchten das ZKM in Karlsruhe und werden dem Kubus in Stuttgart einen Besuch abstatten. Auf dem minutiösen Kursplan stehen Workshops zu den Themen Identität, Grenzen und Heimat, es gibt verschiedene Ausstellungen und ein Kompaktwochenende in der Kinderwerkstatt. Die Einweihung eines selbst entworfenen und gestalteten Mosaiks steht am Ende.

Alle haben ihren Spaß daran

Gloria Keller freut sich über die Motivation der jungen Menschen, die teils aus den Wohnheimen von Kinderwerkstatt und Kinderheim kommen, teils aus dem Oberlinhaus, aus Gemeinschaftsunterkünften in Freudenstadt, Waldachtal und Loßburg. "Sie sind sehr motiviert, haben eigene Ideen, einige sind sehr begabt und alle haben ihren Spaß daran", so die Künstlerin. Das kann auch Hans-Martin Haist von der Villa Sonnenheim bestätigen. Viele der jungen Flüchtlinge, so seine Erfahrung, malen und zeichnen auch in ihren Wohnheimen. "Einer hat sein ganzes Zimmer mit eigenen Bildern zugehängt. Jetzt träumt er vom eigenen Atelier", so Haist.