Susanne Sinn (links) und Sabrina Irion gehören zum Küchen-Team des "Windrads". Foto: Schwarzwälder-Bote

Nach zehn Jahren wird Angebot des "Windrads" mehr denn je angenommen

Von Claudia Müller

Freudenstadt. Zwei Stufen hoch, dann durch einen kleinen Windfang. Schon steht man in der Wirtsstube des "Windrads". Die vollkonzessionierte Gaststätte gehört zur Erlacher Höhe. In der vergangenen Woche feierten ihre Mitarbeiter mit verschiedenen Aktionen das zehnjährige Bestehen des Arbeitszweigs.

Wenig an dem Wirtsraum erinnert jedoch an eine klassische Wirtschaft. Die Wände sind in freundlichen Gelb- und Grüntönen gestrichen, die Fenster zieren hübsche, zweckmäßige Rollos, es liegen Zeitungen und Zeitschriften aus. Zusammen mit der Durchreiche zur Küche erhält der Raum dadurch eher die Note eines kombinierten Wohn-Esszimmers.

Das ist Absicht. Das "Windrad" soll Begegnungsraum sein für Menschen mit und ohne Wohnsitz, für Langzeitarbeitslose und solche, die ihrem geregelten Arbeitsalltag nachgehen. Das diese Rechnung aufgeht, zeigt sich zum Beispiel beim Mittagstisch. Montags bis freitags nehmen viele zwischen 11.30 und 13.30 Uhr die Gelegenheit wahr, günstig und gut im "Windrad" zu Mittag zu essen. Auch heute füllen sich die Tische mit Büroangestellten und Lehrern, Mitarbeitern anderer Arbeitsbereiche der Erlacher Höhe, kirchlichen Mitarbeitern und Bewohnern der Rappenstraße 16. Die Wohnungen zwei Stockwerke über dem Wirtsraum sind als stationäres Männerwohnheim eingerichtet.

Die Gespräche drehen sich um den Alltag. Ein Mittvierziger sagt: "Wenn ich nicht jeden Tag hierher ginge, würde ich mich komplett von der Außenwelt abschotten. Es ist wichtig, dass ich unter Leute komme." Auch Andrea Doll gehört zu den Mittagsgästen. Die Freudenstädterin arbeitet seit August in der Nähe des "Windrads". So gut wie jeden Tag holt sie sich dort ihr Mittagessen. "Es ist lecker und für den Preis unschlagbar", findet Doll. Heute gibt es Schnitzel mit Pommes und dazu Salat und als Nachtisch einen Joghurt. "Es gibt immer Nachtisch, das finde ich super." Mit Blick auf die gemischte Gruppe, die hier Mittag isst, betont Doll: "Hinter jedem steckt ein Schicksal."

Für die, die es hart getroffen hat, sind Mitarbeiter des "Windrads" wie Margit Trommer, Claudia Freund und Simone Rumpel als Ansprechpartner besonders wichtig. Trommer ist die dienstälteste Küchenmitarbeiterin. Nachdem sie ihre Stelle in der Cafeteria des Krankenhauses verloren hatte, kam sie über das Arbeitsamt ins "Windrad". Freundlich und bestimmt beantwortet sie Fragen, leitet ihre Mitarbeiterin an und gibt Essen aus.

Auch einen flotten Spruch hat Trommer hin und wieder parat. "Ich habe hier schon viel gesehen und erlebt", so die Mitarbeiterin. Die meisten Hausbewohner seien ganz nett. Manche seien aber eben speziell.

Dass Margit Trommer mit den Bewohnern und anderen Hilfsbedürftigen gut umgehen kann, wissen auch ihre Vorgesetzten Simone Rumpel und Claudia Freund. Freund ist Hauswirtschaftsmeisterin und Hotelbetriebswirtin. Seit 18 Jahren ist sie bei der Erlacher Höhe für den hauswirtschaftlichen Bereich verantwortlich. Im Hinblick auf das "Windrad", ist ihr der Begegnungscharackter am wichtigsten. "Das hier ist ein Knotenpunkt wo die Fäden zusammen- und auseinanderlaufen. Obdachlose auf der Durchreise können hier duschen. Wen Anträge und der Umgang mit den Ämtern überfordern, der bekommt Hilfe", so Freund.

Manchmal gehe es auch darum, das Leben wieder strukturieren zu lernen. Dabei helfen auch die festen Mahlzeiten im "Windrad" und die Beratungsangebote der Mitarbeiter im Stockwerk über dem Speiseraum. Manchmal gehen die Begegnungen im "Windrad" auch an die Substanz. "Aber wir sind hier nicht alleine. Wir sind ein Team. Und jeder ist an seinem Platz genau richtig", erzählt Claudia Freund. Sie persönlich trägt auch der Glaube an Gott durch die schwierigeren Situationen. Auch dass die Arbeit notwendig ist, motiviert das Team, sich weiter für Menschen einzusetzen, denen andere gerne aus dem Weg gehen. "Wir hoffen, dass das Begegnungskonzept auch weiterhin aufgeht", so Freund. Die Zahlen jedenfalls sprechen dafür, dass die Arbeit einen Nerv trifft: Vor zehn Jahren haben die Mitarbeiter auf zwei Herden 20 Essen zubereitet. Heute gehen aus der professionell eingerichteten Küche täglich zwischen 60 und 100 Essen über die Theke.