Ziehen ein halbes Jahr nach der Eröffnung des InfoPunkts am Stadtbahnhof eine positive Zwischenbilanz (von links): Gerold Schumacher, Leiter des Freudenstädter Polizeireviers, Bärbel Habeck und Wolfgang Günther von der Erlacher Höhe, Eberhard Haist von der Agentur für Arbeit und Tourismusdirektor Michael Krause. Foto: Wiegert

Mitarbeiter am Stadtbahnhof beraten täglich rund 120 Leute. Anfängliche Bedenken ausgeräumt.

Freudenstadt - Eine Frage blieb beim Start des Projekts offen: Kann man Langzeitarbeitslose mit körperlichen Behinderungen als Mitarbeiter im touristischen Bereich sinnvoll einsetzen? Ein halbes Jahr nach Eröffnung des InfoPunkts am Stadtbahnhof in Freudenstadt lautet die klare Antwort: Ja.

"Das Inklusionsprojekt der Erlacher Höhe hat sich zu einem Erfolgsmodell entwickelt", freut sich Tourismusdirektor Michael Krause. Auch die Zwischenbilanz von Wolfgang Günther, Leiter der Erlacher Höhe in Freudenstadt, fällt rundum positiv aus: "Die Mitarbeiterschaft ist hoch motiviert. Wir haben keine Probleme durch Fehlzeiten oder Zuspätkommen."

Insgesamt sechs Personen, die vom Jobcenter oder der Agentur für Arbeit gefördert werden, sind im InfoPunkt jeweils zu zweit beschäftigt – täglich von 9.45 bis 18.45 Uhr. Sie haben Verträge für Teilzeitstellen mit 50 bis 75 Prozent. Dass zwei der Mitarbeiter auf den Rollstuhl angewiesen, andere sehbehindert oder rückenkrank sind, spielt offenbar keine Rolle: Die Beratung wird gerne und von vielen Personen in Anspruch genommen – der InfoPunkt schließt eine große Lücke am Stadtbahnhof, wie gestern bei einem Gespräch mit Vertretern der beteiligten Institutionen deutlich wurde.

Das lässt sich auch mit Zahlen belegen: Täglich werden durchschnittlich 120 Personen beraten, sagt Bärbel Habeck von der Erlacher Höhe. Insgesamt wurden von März bis September schon rund 30.000 Besucher registriert. Zudem werden jeden Tag etwa 150 Prospekte am Ständer in der Halle mitgenommen. Mit einer schriftlichen Gästeumfrage ermittelte die Erlacher Höhe zudem, was die Besucher vom InfoPunkt erwarten und wie zufrieden sie mit ihm sind. Rund 100 Fragebögen wurden ausgefüllt. Für 81 Prozent der Teilnehmer, sagt Bärbel Habeck, ist der InfoPunkt eine Bereicherung und für 34 Prozent zudem "längst überfällig". 85 Prozent der Befragten bekamen in der Einrichtung, was sie wollten. Und das ist, wie die Frage nach den Erwartungen ergab, in erster Linie freundliche Beratung (77 Prozent). Allgemeine touristische Informationen sammelten 64 Prozent der Teilnehmer, gut die Hälfte interessierte sich für das Angebot in Freudenstadt, und 57 Prozent erkundigten sich nach Abfahrten von Bus und Bahn. 60 Prozent der Befragten empfanden den Stadtbahnhof nach Eröffnung des InfoPunkts als freundlicher und 52 Prozent als sauberer. Mehr als die Hälfte der Befragten waren Rentner beziehungsweise im Ruhestand.

Neben verbalen Auskünften und Infomaterial gibt’s beim InfoPunkt auch praktische Hilfe: Seit der Eröffnung neu hinzugekommen ist die Gepäckaufbewahrung, und auch wer spontan einen Regenschirm baucht, ist dort an der richtigen Adresse. Zudem ist die Einrichtung mittlerweile eine "Rent-a-Bike"-Station.

Der InfoPunkt bedeute eine enorme Service-Verbesserung für Freudenstadt, sagt Michael Krause. Mit dem touristisch ausgerichteten Inklusionsprojekt seien die Stadt und die Erlacher Höhe bundesweit Vorreiter. Und mit dem InfoPunkt wurde Freudenstadt auch für den deutschen Tourismuspreis nominiert.

Neben der Beratungs- und Servicefunktion geht von der Einrichtung auch eine "vorbildliche soziale Kontrolle" aus, sagt Gerold Schumacher, Leiter des Freudenstädter Polizeireviers. Im Hinblick auf Zerstörungen und weitere Gewalttaten habe sich die Lage am Stadtbahnhof im vergangenen halben Jahr deutlich beruhigt. Neben den Nachtwanderern und den Streetworkern sei der InfoPunkt ein wichtiger Bestandteil der Kriminalprävention. Dennoch zeige die Polizei am Stadtbahnhof verstärkt Präsenz, zum Beispiel in der Zeit, in der der InfoPunkt schon geschlossen, die frühere Schalterhalle aber noch offen ist. Sie wird erst um 20 Uhr abgeschlossen.

"Der Stadtbahnhof ist nach wie vor ein Brennpunkt", sagt Schumacher, "aber wir haben in dem Bereich eine insgesamt positiv Entwicklung." So wollen denn auch alle Beteiligten, dass das Projekt InfoPunkt, zunächst für drei Jahre angelegt, langfristig weitergeführt wird. Eberhard Haist von der Agentur für Arbeit sagt denn auch zu, "alles dafür zu tun, dass die Eingliederungszuschüsse für die Mitarbeiter verlängert werden".