Die Wasserhindernisse des WM-Geländekurses erwiesen sich auch für Michael Jung als echte Klippen, die er mit fischerRocana im Gegensatz zu anderen aber fehlerlos meisterte. Foto: Langsdon Foto: Schwarzwälder-Bote

ReitenMichael Jung mit fischerRocana auch Mannschafts-Weltmeister / Nullfehler-Ritt bringt Vize-Einzeltitel

Von Arno Schade

Jetzt ist auch der letzte noch fehlende große internationale Titel im Besitz des besten Vielseitigkeitsreiters der Welt. Mit der deutschen Mannschaft holte sich der Altheimer Michael Jung gestern in Caen die Goldmedaille in der Teamwertung. Im Einzelklassement verbesserte sich der 32-Jährige mit der WM-Debütantin fischerRocana nach einem teilweise dramatisch verlaufenen Wettbewerb noch auf Platz zwei.

Zuerst gab es Streicheleinheiten und ein Küsschen für seine 9-jährige Stute noch im Springparcours, dann die innige Umarmung mit Freundin Faye Füllgraebe, und am Ende in den Armen von Vater Joachim Jung das Mitzittern und die anschließenden Glückwünsche für seine Nachfolgerin. "Sie hat es verdient, denn sie war zuletzt immer schon ganz nahe an dem großen Erfolg dran", verbeugte sich der Doppel-Olympiasieger neidlos vor der selbst beinahe sprachlosen Siegerin Sandra Auffarth. Ganze 0,3 Fehlerpunkte lag die Reiterin aus Ganderkesee (52,0) mit ihrem Olympiapferd Opgun Louvo vor Michael Jung (52,3), die am stimmungsvollen Schlusstag gemeinsam den Briten William Fox-Pitt (54,3) auf Platz drei verwiesen.

Der nach dem Geländeritt noch führende William Fox-Pitt verpasste mit seinem Hengst Chilli Morning den greifbar nahen ersten Einzeltitel bei einer internationalen Meisterschaft durch einen Fehler bereits zur Beginn seiner Springrunde und fiel damit noch auf Rang drei zurück. In dem mit 20 000 Zuschauern gefüllten Zweitliga-Fußballstadion von Caen hatten zuvor mit Ausnahme des Einzelstarters Andreas Ostholt (8) alle deutschen Reiter mit fehlerfreien Runden geglänzt. Zwar klapperte es bei einem Steilsprung einmal verdächtig bei fischerRocana, die Stange blieb aber liegen. Und nach seiner Runde ohne Spring- und Zeitfehler hatte Michael Jung bereits Bronze sicher. Weil anschließend Sandra Auffarth dieses Kunststück wiederholte, blieb sie vor dem Altheimer, sicherte aber gleichzeitig den bei den Titelkämpfen in der Normandie nach Platz fünf bei der WM in Lexington mit aller Macht angestrebten Mannschaftstitel für Deutschland.

Ebenfalls null Punkte lieferte im Parcours als dritte Teamreiterin in der Wertung Ingrid Klimke mit Escada ab, die am Ende Einzelplatz 14 belegte. Den entscheidenden Rückstand auf die Medaillenplätze fing sich die Münsteranerin am Tag zuvor bei der durch die schweren Bodenverhältnisse sehr anspruchsvollen Geländeprüfung ein. Bei einem Wasserhindernis konnte sie dabei einen Sturz und eine Verweigerung gerade noch vermeiden, die das Mannschaftsergebnis entscheidend hätten beeinflussen können. Denn ausgerechnet das zur Olympiasiegermannschaft zählende Pferd Hop and Skip zeigte unter Dirk Schrade erstmals überhaupt im Gelände große Schwächen und fing sich mit zwei Verweigerungen und einer großen Zeitüberschreitung viele Strafpunkte ein. Schrade lieferte damit das Streichergebnis ab und fiel in der Einzelwertung letztlich auf Platz 46 (135,5) zurück.

Auf dem zwar fair gesetzten, aber trotz einer Verkürzung um rund 600 Meter und zwei Hindernisse den Teilnehmern alles abverlangenden Kurs im Nationalgestüt Haras du Pin mussten andere Mannschaften bittere Pillen schlucken. Früh schieden mit den nach der Dressur zweitplatzierten Neuseeländern und den USA zwei hoch gewettete Equipen nach Stürzen und Aufgaben von jeweils zwei Reiterinnen und Reitern aus. Stark präsentierten sich die Briten, obwohl sie durch den Tod des nach der Prüfung zusammengebrochenen Wild Lone von Harry Meade geschockt wurden.

Doch auch Deutschland hatte zwei Asse im Sattel. "Man musste heute die Kräfte gut aufteilen", so Michael Jung nach seinem Nullfehler-Ritt auf einem regendurchtränkten Geläuf, das vielen Teilnehmern bei den Sprüngen Probleme bereitete. In 10:59 min unterbot er die vorgegebene Bestzeit um 29 Sekunden und machte damit 1,2 Punkte gegenüber dem in 11:02 min ins Ziel gekommenen William Fox-Pitt gut. Mehr als fünf Punkte holte er zu der nach der Dressur führenden Sandra Auffarth auf. Trotz eines im letzten Abschnitt verhaltenen Ritts in 11:12 min behauptete sie einen knappen Vorsprung, der letztlich auch zum WM-Titel reichen sollte.

Mit Platz 50 und 140,3 Punkten schloss der in Altheim trainierende Schweizer Felix Vogg die WM-Prüfung ab. Auch er kassierte mit Onfire nach zwei Verweigerungen viele Fehlerpunkte im Gelände.