Freudenstadt mit seinem Marktplatz soll durch einen Verein ein professionelles Innenmarketing bekommen. Foto: Archiv: Schwark

Neuer Verein soll sich Innenmarketing widmen. Finanzierung durch Mitgliedsbeiträge. Einzelhändler geben grünes Licht.

Freudenstadt - Den Freudenstädtern Freudenstadt schmackhaft machen soll ein neuer Verein, der sich um das Stadtmarketing kümmert und einen hauptamtlichen Geschäftsführer bekommt. Der Handels- und Gewerbeverein stellte dafür in einer außerordentlichen Hauptversammlung die Weichen.

»Wir haben in Freudenstadt alles, doch wir machen zu wenig draus«. Das ist die Ansicht von Oberbürgermeister Julian Osswald, die er schon oft geäußert hatte und auch in der Versammlung des HGV wiederholte. Seit seinem Amtsantritt hatte Osswald immer wieder eine Art Citymanager gefordert, der die verschiedenen Interessen in der Stadt bündelt, um die Zukunft zu gestalten. »Dazu brauchen wir Sie alle!«, rief der OB den Vertretern des Freudenstädter Einzelhandels zu und meinte damit Handel, Gastronomie, Industrie, Handwerk, Dienstleister, Verwaltung und natürlich die Bürger.

Jochen Gaiser, einer der drei HGV-Vorsitzenden, moderierte die Versammlung und machte dabei deutlich, dass der Verein nicht untätig war und in zwei Workshops, in dem nicht nur Mitglieder des HGV vertreten waren, nach Möglichkeiten für ein neues Marketing und dessen Professionalisierung gesucht hat.

In einer Bestandsaufnahme machte Gaiser deutlich, dass die Stadt schon Einiges vorweisen kann, wie beispielsweise die Wirtschaftsförderung, die bei der Stadtverwaltung gut aufgehoben sei. Der HGV nehme jedoch die typischen Aufgaben eines Gewerbevereins wahr, mit ein »bissle« Stadtmarketing. Doch das Ehrenamt stoße auf diesem weiten Feld an seine Grenzen. Denn zu Stadtmarketing gehöre mehr, als ein paar Veranstaltungen zu organisieren. Gaiser nannte dazu als Schlagworte beispielsweise Onlinehandel, Kaufkraftbindung und Kommunikation. Dazu müssten Kräfte gebündelt werden. Man benötige einen »Kümmerer«. Dieser Mann oder diese Frau soll an der Spitze eines neu zu gründenden Vereins, der bisher den Arbeitstitel Freudenstadt Marketing trägt, stehen. Dieses Konzept, so erläuterte Jochen Gaiser, sei auch beim Unternehmerstammtisch bereits auf positive Resonanz gestoßen.

Der Verein solle für alle offen sein, so Gaiser. Als Aufgaben nannte er unter anderem den Aufbau von Netzwerken, die Steigerung der Qualität in der Innenstadt sowie die Planung und Durchführung von kleinen und pfiffigen Aktionen. »Was wir haben, wollen wir aber nicht aufgeben«, verdeutlichte Gaiser. Der Marktplatz sei das Wohnzimmer der Stadt, darauf liege auch ein besonderer Fokus. Denn das Problem der Freudenstädter Einzelhändler seien nicht die Touristen, sondern die Einheimischen, die jammern, aber gar nicht wüssten, was es in Freudenstadt so alles gibt, und zum Einkaufen in andere Städte fahren.

Jochen Gaiser hatte auch gleich ein Finanzierungsmodell für den neuen Marketingverein mitgebracht. Gerechnet wird mit einem Finanzbedarf von rund 120.000 Euro pro Jahr. 60.000 Euro will die Stadt einbringen, 33.000 Euro sollen vom HGV kommen und der Rest aus Mitgliedsbeiträgen des neuen Vereins. 40 Euro monatlich soll dieser Beitrag für den Marketingverein betragen. Banken sollen 200 Euro bezahlen. Gaiser legte detaillierte Berechnungen vor, wie die geforderten Zahlen erreicht werden können. Für den HGV hatte er eine gesonderte Berechnung parat, aus der hervorging, dass sich aus dessen Mitgliedsbeiträgen, die pro Jahr bei rund 43.000 Euro liegen, nach Abzug der verschiedenen Kosten die 33.000 Euro für den Marketingverein erwirtschaften lassen müssten. Er räumte jedoch ein, dass der HGV damit rechnen müsse, Mitglieder zu verlieren, die nur im Marketingverein Mitglied sein wollen. Als Personalkosten für den hauptamtlichen Geschäftsführer und eine Assistenz setzte Gaiser 65.000 Euro an. »Dafür müsste man was Ordentliches kriegen«, meinte er. Sogar einen Satzungsentwurf für den neuen Verein hatte Jochen Gaiser dabei. Dazu bemerkte er, dass die Stadt Freudenstadt nicht mehr als 50 Prozent der Stimmen bekommen werde und somit den Verein auch nicht beherrschen könne. Dies bestätigte OB Julian Osswald. Die Stadt wolle in dem neuen Verein gar nicht dominieren. Um zu verdeutlichen, wie dringend Freudenstadt ein professionelles Innenmarketing benötigt, führte er eine Aussage von Tourismusdirektor Michael Krause an: »Der Gast genießt in Freudenstadt seinen Urlaub so lange, bis er mit dem ersten Freudenstädter spricht«.

Ambitioniert ist der Zeitplan zur Gründung des Vereins Freudenstadt Marketing. Noch im Oktober soll die Satzung bei den zuständigen Stellen eingereicht werden. Im November ist die Gründungsversammlung geplant. Mit dem Eintrag ins Vereinsregister rechnet man im Dezember. Nach einer Stellenausschreibung im Januar sollen im Februar und März die Auswahlgespräche für den Geschäftsführer erfolgen. Bereits im Juni oder Juli, so rechnet Jochen Gaiser, könne der Geschäftsführer seine Arbeit aufnehmen, die zunächst aber vom Umhören und Aufnehmen von Kontakten geprägt sein werde.

Nach zahlreichen Fragen zur Finanzierung, zu Stimmanteilen und zur Satzung zeigte sich, dass die HGV-Mitglieder einem Verein für das Stadtmarketing positiv gegenüber stehen. Alle Beschlüsse (siehe Info) wurden einstimmig gefasst.