Freudenstadt-Kniebis - Der geplante Weißtannen-Turm auf der Alexanderschanze ist vom Tisch. Die Stadt Freudenstadt gab am Donnerstag offiziell bekannt, dass sie das ambitionierte Tourismus-Projekt zu den Akten legt – zumindest an diesem Standort.

Dass die Stadt jetzt damit an die Öffentlichkeit geht, dafür hatte die CDU-Stadträtin Carola Broermann in der Sitzung des Gemeinderats am Dienstag mit einem Halbsatz gesorgt: Der Turm sei "wohl gestorben". OB Julian Osswald fiel ihr zwar noch ins Wort, aber damit war die Sache raus.

Am Donnerstag folgten die offizielle Bekanntgabe und die Hintergründe: "Die naturschutzrechtlichen Belange im Bereich Alexanderschanze, die sich bei Kartierungen in den letzten Monaten ergeben haben, waren letzen Endes so bedeutend, dass der Bau des Turms nur mit erheblichem Aufwand für Ausgleichsflächen, beziehungsweise gar nicht, möglich ist", heißt es in der Mitteilung des Oberbürgermeisters. Osswald habe den Gemeinderat darüber am Dienstag in nichtöffentlicher Sitzung bereits informiert.

Aufwendiger Naturschutz

Ganz begraben hat die Stadt die Turm-Idee allerdings noch nicht. Es handle sich um ein "Leuchtturmprojekt" im Leader-Förderprogramm, der Bauantrag liege fertig in der Schublade des Amts für Stadtentwicklung. Deshalb "soll nun über einen anderen Standort nachgedacht werden", so der OB. Dieser könnte "in Zusammenhang mit der gemeinsamen Gartenschau mit Baiersbronn im Jahr 2025 sein". Allerdings müssten dazu "eine Reihe von Fragen geklärt werden".

Bauantrag fix und fertig

Der Aussichtsturm auf dem Kniebis beschäftigt Stadt, Gemeinderat, Planer und Leader-Aktionsgruppe seit Jahren. Das 30 Meter hohe Bauwerk sollte eine "Perle" in der Kette von Attraktionen entlang der Schwarzwaldhochstraße sein. Er war gedacht als "Baustein zur Verbindung des Nationalparks mit dem Kniebis und der Stadt Freudenstadt". Politisch war das Projekt weit gediehen. Der Gemeinderat hatte 2017 beschlossen, den Aussichtsturm zu bauen.

Auf 970 Metern über Meeresspiegel gelegen, wurde auch vom 1000-Meter-Turm gesprochen. Nach Testläufen mit Ausblicken von der Feuerwehr-Drehleiter herrschte Begeisterung: Der Blick reicht bei klarer Sicht bis zu den Vogesen, zur Burg Hohenzollern am Fuß der Schwäbischen Alb und ins Rheintal. Das Panorama schlage "alles", was er zuvor gesehen habe, so OB Julian Osswald seinerzeit.

De r Turm sollte – oder soll – auch architektonisch sehr gefällig werden: Nach einem Planerwettbewerb mit mehreren Entwürfen fiel die Wahl auf eine offene Gitterkonstruktion aus Weißtannen-Holz, der Form eines Tannenzapfens nachempfunden. Die Idee des Büros "Partner und Partner" wurde als passend zu Schwarzwald und Freudenstadt bezeichnet. Aber es gab auch Kritik im Gemeinderat: Das Geld könne innerhalb der Stadt besser eingesetzt werden. Stadträte mit handwerklicher Ausbildung hatten Zweifel an der Haltbarkeit des Holzes geäußert. Zuletzt war von 400 000 Euro Investitionskosten die Rede. Zwar hatte die Stadt einen 60-prozentigen Zuschuss aus Leader-Töpfen erwartet. Sie wäre allerdings auch dauerhaft für den Unterhalt des Bauwerks verantwortlich.

Nicht erster seiner Art

Ideengeber für den Turmbau war Tourismusdirektor Michael Krause. Im Gespräch mit einem Bürger hatte er erfahren, dass bis 1959 ein Aussichtsturm auf dem Kniebis stand. Übrigens gibt es bereits einen Weißtannen-Turm. Seit 2003 steht eine Aussichtsplattform mit 44 Metern Höhe am Altrhein bei Kehl. Zehn Jahre nach Eröffnung war eine Sanierung fällig, weil Risse im Holz klafften. Allerdings besteht die tragende Konstruktion dort aus kompletten Baumstämmen.

Kommentar: Ge- und anfällig

Von Volker Rath

Lange Zeit war es ruhig um den geplanten neuen Aussichtsturm auf dem Kniebis. Auffällig ruhig. Jetzt erklärt die Stadt, dass sie das hochtrabende Projekt zu den Akten legt. Vermutlich knirschen die führenden Köpfe im Rathaus mit den Zähnen, denn sie hatten große Erwartungen geweckt. Schade um die Zeit und das Geld, könnte man sagen. Aber so ist das nun mal bei ambitionierten Vorhaben. Wer was riskiert, kann auch mal scheitern. Ob der Turm nun an anderer Stelle kommt? Wenn nicht, dann ist auch das kein Beinbruch. Schlimmer wäre es, ein Projekt auf Biegen und Brechen durchzuziehen, obwohl die Vorzeichen ungünstig stehen. Der filigrane Turm-Entwurf ist sehr gefällig, aber auch anfällig. Wie schnell ein teurer Sanierungsfall draus werden kann, zeigt das Beispiel Kehl. Kleiner Trost: An Türmen und tollen Aussichtspunkten fehlt es im Kreis wahrlich nicht.