Der Tisch soll für alle gedeckt sein bei der Vesperkirche. Die Steuerungsgruppe hat sich gemeinsam mit einem großen Team an ehrenamtlichen Unterstützern an den Planungsstart für das ökumenische Projekt gemacht. Foto: Eberhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

"Satt werden an Leib und Seele": Rund 50 Ehrenamtliche bieten vom 16. bis 25. Januar warme Mahlzeiten an

Von Tina Eberhardt

Freudenstadt. Kirche kann viele Facetten haben. Und im Januar werden diese recht schmackhaft sein. Denn dann geht die Freudenstädter ökumenische Vesperkirche in die zweite Auflage.

"Der Tisch ist für alle gedeckt", betont Renate Braun-Schmid von der Diakonischen Bezirksstelle, die gemeinsam mit Tobias Ditlevsen von der Erlacher Höhe, Pastoralreferent Michael Paulus sowie Martina Grebe und Sven Brückner von der katholischen Kirche, Monika Augsburger vom Zentrum des Zuhörens und Christel Frey von der evangelisch-methodistischen Kirche die Steuerungsgruppe bildet. Rund 50 ehrenamtliche Mitstreiter haben sich an diesem Abend im Gemeindehaus der Taborkirche versammelt, um die Planung für das Projekt in trockene Tücher zu bringen. Sie alle wollen mithelfen, wenn vom 16. bis 25. Januar jeden Tag der Hunger in den Räumen der Taborkirche gestillt werden kann – und neben dem Hunger noch viel mehr.

"Satt werden an Leib und Seele", fasst Renate Braun-Schmid unter dem zustimmenden Kopfnicken ihrer Kollegen zusammen. Jeden Tag zwischen 11.30 und 14 Uhr wird es in der Vesperkirche ein Fleischgericht und eine vegetarische Speise geben. Bereitgestellt von den Küchenteams des Hotels Teuchelwald und der Erlacher Höhe, und ergänzt mit Kaffee und Kuchen, die von den ehrenamtlichen Helfern zubereitet werden. Doch hinter der Nahrung steckt in der Vesperkirche mehr: Die Begegnung in Toleranz und Anerkennung über gesellschaftliche Schichten hinweg, Gastfreundschaft, Willkommenskultur und das Teilen des Essens, vor allem aber des Lebens mit allen seinen Facetten über alltägliche Grenzen hinweg.

Ganz wichtig ist es deshalb Christel Frey und Martina Grebe zu erwähnen, dass Vesperkirche mitnichten eine Armenspeisung ist. Es ist eine Plattform der Begegnung. Und diese lebt davon, dass auch Menschen, die auf eine preisgünstige Mahlzeit nicht angewiesen sind, kommen und teilhaben. "Solidaritätsesser" werden sie freundlich genannt. Diejenigen, die auf den Spendentöpfchen in der Tischmitte, wo jeder das beisteuert, was ihm möglich ist, auch etwas mehr hinterlassen und so andere unterstützen können.

Rund 700 Essen wurden während der ersten Vesperkirche über den Tisch gereicht. Die Spanne der Empfänger ist breit. "Manchmal haben Unternehmen ganze Mittagstische für ihre Mitarbeiter reservieren lassen", freut sich Pastoralreferent Michael Paulus noch heute. "Und manche Menschen waren einfach sehr dankbar, dass sie eine Zeit lang in Gemeinschaft essen konnten."

Mit etwa 130 Essen pro Tag wird für die zweite Auflage kalkuliert, der Gemeindesaal und das Foyer an der Taborkirche werden dann wieder mit Tischgruppen zu einem großen Speisesaal umfunktioniert. Besonders freut sich die Steuerungsgruppe, dass sich das Netz der Unterstützer dieses Jahr auch erweitert hat: Fünf Busunternehmen bieten denjenigen, die sich die Fahrt zur Vesperkirche nicht aus eigenen Mitteln leisten können, kostenlose Fahrscheine an, die über die Sozialeinrichtungen ausgegeben werden. Zahlreiche andere Unternehmen helfen mit Geldspenden.

Landesweit feiert die Vesperkirche im kommenden Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. Ein Grund zu feiern? Die Steuerungsgruppe ist sich nicht sicher – entspringt die Urmotivation doch einem traurigen Defizit in der Gesellschaft. Doch in Freudenstadt will man daraus vom 16. bis 25. Januar eine Zeit der Freude machen und ein Zeichen gegen die Vereinsamung und das Auseinanderdriften der gesellschaftlichen Schichten setzen. Ganz getreu dem Motto "Miteinander. Essen. Reden. Leben."