Für Ousmane Diallo steht die Ausbildung an erster Stelle. Aus diesem Grund verzichtet er zurzeit sogar auf das Fußballtraining bei der SG Herzogsweiler. Ulrich Haizmann, Geschäftsführer der Robert Kurz KG (links), und Serviceleiter Martin Langenbacher (rechts) würden den Westafrikaner gerne nach der Ausbildung übernehmen. Foto: Handwerkskammer

Ousmane Diallo absolviert nach Flucht aus Senegal eine Ausbildung zum Elektroniker. Die großen Geräte haben es ihm angetan.

Freudenstadt - 2015 war ein erfolgreiches Jahr für Ousmane Diallo: ein eigenes Zimmer bezogen, den Hauptschulabschluss geschafft, in die Ausbildung zum Elektroniker gestartet. "Ich bin in Freudenstadt angekommen", sagt der 22-jährige Gambianer.

Vor drei Jahren ist Ousmane Diallo aus seiner Heimat geflohen. Der erste Eindruck zählt. Und der war offensichtlich überzeugend. "Sympathisch, freundlich und geschickt", fasst Ulrich Haizmann, Geschäftsführer der Firma Robert Kurz KG in Freudenstadt, seine ersten Eindrücke von dem jungen, großgewachsenen Westafrikaner zusammen, den er im vergangenen Sommer als Praktikanten kennenlernte.

Auch die Resonanz der Mitarbeiter und Kunden sei rundum positiv gewesen, so Haizmann. Für die Entscheidung, Diallo einen Ausbildungsplatz anzubieten, gab noch ein weiterer Faktor den Ausschlag. "Die Sprachkompetenz war ein wichtiger Punkt für uns", betont Haizmann.

Deutschkenntnisse sind notwendig

Ein Grund, genauer hinzuschauen, waren bei der Firma Kurz die Erfahrungen, die sie mit einem Auszubildenden aus Spanien gemacht hatte. Dieser hatte an der Berufsschule mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Vor allem die technischen Begriffe bereiteten Probleme. "Ohne ausreichende Deutschkenntnisse ist es fast unmöglich, im Theorieunterricht mitzukommen", weiß Haizmann. Die Fachsprache wird auch Ousmane Diallo erst noch lernen müssen, aber er kann zumindest auf einer soliden Basis aufbauen. Er spricht und versteht Deutsch so gut, dass er in alltäglichen Situationen ohne Probleme zurechtkommt. Die B1-Sprachprüfung, die ihm eine selbstständige Sprachverwendung bescheinigt, hat er mit Bravour bestanden.

Es ist eine kleine Erfolgsgeschichte, die Ousmane Diallo seit seiner Flucht im Jahr 2013 geschrieben hat. Dass er heute über einen deutschen Schulabschluss verfügt und direkt im Anschluss eine Lehre beginnen konnte, verdankt er seiner Lernbereitschaft und einem Schuss Hartnäckigkeit. "Beim Jobcenter sagte man mir, ich müsste erst mal drei bis vier Jahre die Sprache lernen, bevor ich mich bewerben kann." Mit dieser Aussicht wollte sich der junge Afrikaner nicht zufrieden geben und kümmerte sich selbst, unterstützt durch ehrenamtliche Helfer des Freundeskreises Asyl in Freudenstadt, um Betriebspraktika und fand schließlich seinen Ausbildungsplatz.

Grundsätzlich gebe man motivierten jungen Leuten gerne eine Chance, meint Haizmann. Dies gelte auch für Flüchtlinge. "Die einzige Chance weiterzukommen ist, dass man etwas tut." Der Diplom-Ingenieur, der in seinem Unternehmen zurzeit zwölf Nachwuchskräfte in gewerblichen und kaufmännischen Berufen ausbildet, setzt auf Vertrauen und Zeit. Mancher Auszubildende, darunter auch Jugendliche aus Deutschland, brauche eben etwas länger. Wichtig sei, dass die Richtung stimme, so Haizmann.

Ousmane Diallo ist gut in die Ausbildung gestartet, im Betrieb und auch an der Berufsschule. "Die Noten können sich sehen lassen", sagt Martin Langenbacher, Ausbilder und Leiter der Service-Abteilung bei der Firma Kurz. Schwerpunkt der betrieblichen Ausbildung ist zurzeit die Gerätetechnik. Der angehende Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik lernt den Aufbau und die Funktionsweise von Großküchentechnik bis hin zum Haushaltsgerät kennen und arbeitet im Kundenservice mit.

Als hochmotiviert und umsichtig charakterisiert Langenbacher seinen Auszubildenden. Bei der Frage nach einer Lieblingstätigkeit muss Ousmane Diallo nicht lange überlegen. Ihm haben es die großen Geräte angetan, die in Kantinen von Unternehmen, Krankenhäusern und in der Gastronomie eingesetzt werden. Besonders gut gefällt ihm die Montage vor Ort. "Man sieht, wie etwas entsteht", sagt der Auszubildende.

Das Heimweh plage ihn mittlerweile nicht mehr, sagt Diallo. Vor einem Jahr konnte er die Flüchtlingsunterkunft verlassen und ein eigenes Zimmer in Freudenstadt beziehen. Er sei in Freudenstadt angekommen und komme auch mit der Mentalität der Schwarzwälder immer besser zurecht. Etwas spontaner und offener könnten sie allerdings schon sein, findet Diallo.

Abschiebung ist vermutlich vom Tisch

In der nächsten Zeit will sich Ousmane Diallo voll auf die Ausbildung konzentrieren und einen "guten Abschluss machen." Was kommt danach? "Dann muss man sehen", sagt Diallo. Sein Chef ist da schon einen Schritt weiter. "Wir bilden aus, um die Leute als Fachkräfte im Unternehmen zu behalten", sagt Ulrich Haizmann und fügt hinzu: "Von unserer Seite auf jeden Fall." Da passt es, dass sich das Thema Abschiebung aller Voraussicht nach erledigt hat. Ousmane Diallo floh aus einer Bürgerkriegsregion im Senegal, hat aber einen gambischen Pass. Gambia gilt als sicheres Herkunftsland. Nach Verabschiedung des Asylpakets II genießt er nun, unabhängig vom Ausgang des Asylverfahrens, ein Bleiberecht bis zu zwei Jahren nach der Ausbildung.