Melden positive erste Erfahrungen mit dem neuen Modell (von links): Christoph Jäger, Geschäftsstellenleiter Agentur für Arbeit Freudenstadt, Judocus van Kemenade, Schulungsleiter der Fahrner Academy, Martina Lehmann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, und Sven Wolter, Geschäftsführer Fahrner Logistics Group. Foto: Stadler Foto: Schwarzwälder-Bote

Einwanderer: Arbeitsagentur und Fahrner-Academy sammeln Erfahrungen mit neuem Modell

Wie werden aus Flüchtlingen mittelfristig Facharbeiter? Eine Chance bieten Agentur für Arbeit und die Fahrner Academy in Dornstetten an. Einwanderer können hier die berufliche Qualifikation zum Lagerlogistiker erwerben.

Kreis Freudenstadt. Mit "Sprache – Arbeit – Qualifizierung" ist das Kooperationsmodell "Kommit" überschrieben, das die Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen soll. Zielgruppe sind vor allem Asylbewerber über 25 Jahre, die noch keinen Berufsabschluss haben. Bei der Fahrner Academy in Dornstetten laufen derzeit zwei Kurse mit insgesamt 26 Asylbewerbern. Sie sollen die deutsche Sprache lernen und die "betriebliche Erprobung" bestehen.

Derzeit Vollbeschäftigung

Beim Treffen von Vertretern der Arbeitsagentur und der Fahrner Academy in Dornstetten wurde die "Modulare Anpassungsqualifikation zum Lagerlogistiker oder Berufskraftfahrer" vorgestellt. Es soll nicht nur Flüchtlingen nützen. Martina Lehmann, Vorsitzende der Geschäftsführung bei der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, bezeichnete die Situation auf dem Arbeitsmarkt im Nordschwarzwald als "sehr gut" und speziell für den Raum Freudenstadt sogar als "hervorragend". Derzeit herrsche praktisch Vollbeschäftigung. Auf 1,7 Arbeitslose komme eine offene Arbeitsstelle. In vielen Bereichen gebe es Nachwuchsprobleme und Fachkräftemangel.

"Nirgendwo anders haben Schulabsolventen eine bessere Chance auf eine Ausbildungsstelle als im Landkreis Freudenstadt", so Lehmann. Momentan seien mehr als 1200 freie Arbeitsstellen gemeldet, die zu 85 Prozent mit ausgebildeten Fachkräften wie Technikern, Ingenieuren oder Meistern zu besetzen wären. Dem gegenüber könnten 48 Prozent der gemeldeten Arbeitslosen keinen formalen Abschluss vorweisen. Problem sei außerdem oft unzureichende Deutschkenntnisse. Auch Flüchtlinge wollen arbeiten und Geld verdienen, aber nicht dauerhaft als Helfer, sondern sich in Richtung Facharbeiter qualifizieren.

Bei Fahrner, anerkannter Bildungsträger, laufen aktuell in Kooperation mit der Agentur für Arbeit zwei Qualifizierungslehrgänge. Seit November erhält eine Gruppe berufsbezogenen Deutschunterricht. Eine zweite Gruppe startete im April. Zur ersten Gruppe gehören 13 junge Männer unterschiedlichster Herkunft, etwa aus der Türkei und aus Afrika, sowie eine junge Frau aus Polen. Außer der Sprache lernen sie theoretische sowie praktische Kenntnisse mit dem Ziel, als Helfer in der Lagerlogistik bei Fahrner beschäftigt zu werden. Während der auf neun Monate angelegten Ausbildungsdauer findet zunächst montags bis freitags ein dreimonatiger Sprachkurs an den Vormittagen statt, dem sich nachmittags der Einblick in die Berufspraxis anschließt.

Job-Garantie bei Abschluss

Diese "berufsanschlussfähige Teilqualifizierung" biete die Chance auf eine verkürzte Ausbildung zum Lageristen innerhalb von weiteren zehn Monaten oder zur Fachkraft Lagerlogistik, die sich mit 18 statt 24 Monaten anschließt. Wer mit Erfolg abschließt, hat eine Garantie auf einen Job in der Fahrner-Unternehmensgruppe. Die Agentur für Arbeit fördert das Modell mit Zuschüssen für die Ausbildungsbetriebe und trägt die Fahrkosten der Teilnehmer.

Neben "Kommit" gibt es ein weiteres Programm, "WeGebAU". Es ermöglicht den Erwerb von Abschlüssen. Christoph Jäger, Geschäftsstellenleiter der Agentur für Arbeit Freudenstadt, erklärte hierzu, dass dieses Projekt auch im Metall- oder Baubereich umgesetzt wird, beispielsweise für den Beruf des Industriemechanikers in Kooperation mit dem Oberlinhaus und dem Bildungszentrum Quantum in Freudenstadt. Unterstützt werden auch hier Teilnehmer ohne formalen Abschluss. Die Interessenten werden dabei von hoch qualifizierten Beratungskräften, die auch arabisch sprechen, informiert und mit den möglichen Firmen in Verbindung gebracht. Bei der Fahrner Consult können sie sich für den Einsatz als Berufskraftfahrer oder in der Lagerlogistik qualifizieren. Die Fahrner Academy tritt laut Geschäftsführer Sven Wolter hierbei als Bildungsträger und potenzieller Arbeitgeber auf. Der betriebliche Einsatz könne dabei im Logistikzentrum oder an wechselnden Lagerstätten in Freudenstadt und Horb erfolgen. Den Teilnehmern werde ein persönlicher Mentor zur Seite gestellt.

Wolter sieht bei den Geflüchteten bereits nach sechs Monaten gute Fortschritte bei den Sprachkenntnissen. Denkbar, so Christoph Jäger, sind auch Individuallösungen im Handwerk oder im Hotellerie- und Gaststättenbereich, um gemeinsam mit der Agentur für Arbeit neue Wege zu gehen. Das Thema Einstiegsqualifizierung in Praktikumsform über sechs bis zwölf Monate mit einer eventuellen Ergänzung durch Deutsch-Unterricht stelle hier eine zusätzliche Möglichkeit dar.