Zum Einsatz kommt eine spezielle Bohrtechnik mit drei ineinanderliegenden Bohrgestängen, die gewährleisten soll, dass möglichst unbeschädigte Bohrkerne aus dem Gestein gezogen werden können. Foto: nil

High-Tech in idyllischer Natur: Im Christophstal wird geprüft, ob sich Schwerspatabbau in einem Bergwerk lohnt. Mit Video

Freudenstadt-Christophstal -  High-Tech in idyllischer Natur: Seit Montag wird bei Christophstal der Finkenberg angebohrt, um herauszufinden, ob sich ein Schwerspatabbau in einem Bergwerk lohnt.

Auf dem Meisenhüttenweg stehen etliche Maschinen: Ein Stromerzeuger, Hydraulik-und Wasserpumpe zwei Wasserfässer mit je vier Kubikmetern Inhalt und das Spezialbohrgerät der Firma Drillcon aus Schweden, die die Probebohrungen im Auftrag der Bergbaufirma Sachtleben aus Wolfach erledigt. Zum Einsatz kommt eine spezielle Bohrtechnik mit drei ineinanderliegenden Bohrgestängen, die gewährleisten soll, dass möglichst unbeschädigte Bohrkerne aus dem Gestein gezogen werden können. Diese Technik wird bei Sachtleben zum ersten Mal angewendet. "Damit wollen wir einen Überblick erhalten, was uns erwartet. Es ist immer spannend was passiert", sagt Jochen Richert, Markscheider bei der Firma Sachtleben Bergbau. Markscheider ist der Begriff für einen im Bergbau tätigen Vermessungsingenieur.

Gebohrt wird am Finkenberg an drei Stellen, und zwar eine am Meisenhüttenweg und zwei weitere auf der Finkenberghalde. In drei Wochen sollen diese Arbeiten erledigt sein. Es ist recht leise an der Bohrstelle. Nur das Surren eines Lüfters für die Hydraulikkühlung und von etwas weiter weg das leise Brummen eines Stromerzeugers sind zu hören. Auch das Bohren selbst verursacht kaum Lärm. Denn es geschieht nicht etwa mit Pressluft sondern mit einem hydraulischen System. Pro Tag kann etwa zwölf Meter in den Berg gebohrt werden, erläutert Geologin Ana Rieger. Sie ist bei Sachtleben Lagerstättenerkunderin und betreut die Untersuchungen im Christophstal.

Etliche Proben liegen bereits in speziellen Kunststoffwannen. Sie sind bis zu 280 Millionen Jahre alt und genau dokumentiert. Die Schwerspatgänge datiert Ana Rieger auf rund 150 Millionen Jahre. Nach so kurzer Bohrzeit könne man noch nicht sagen, ob das Schwerspataufkommen ausreicht, um es abzubauen. In einer Probe sieht man aber deutlich einen weißen Einschluss in das Gestein. Das ist das begehrte Mineral. Das ganze Verfahren ist ein langer Prozess.

Die Probebohrungen sind die erste Stufe zur Erkundung des Baryt-Vorkommens, erklärt Jochen Richert. Falls ein vielversprechender Gang gefunden wird, müsse gerechnet werden, ob sich der Abbau lohnen könnte. Erst dann werde ein neuer Probestollen bergmännisch aufgefahren, wie einst der Dorotheastollen. Er würde eventuell in der Nähe des Straßburgerinnen-Stollens liegen, in dem früher nach Silber gesucht wurde und in dem heute Fledermäuse wohnen. Der Eingang ist auf der Finkenberghalde noch sichtbar.

Wenn später mehr Material aus dem Stollen geholt wird, müsse man erneut rechnen, wenn dabei herauskomme, dass es Sinn macht, beginne der Regelabbau. Dann rechnet man mit einer Ausbeute von 30 000 Tonnen Schwerspat pro Jahr. Bis dahin werden aber vermutlich zwei bis drei Jahre ins Land gehen. Wenn das Ergebnis der Probebohrungen zu schlecht ist, könne es sei, dass auch kein Stollen mehr gegraben wird. "Es geht immer Schritt für Schritt", so Richert.

Früher wurde im Christophstal nach Silber gesucht heute ist es Schwerspat (Baryt), ein Mineral, das nach seiner Aufarbeitung vielfach Verwendung findet, unter anderem für die Herstellung von Kunststoffen, Dämm-Materialien, Schwerbeton oder Farben und Lacken.

Schon vor rund 30 Jahren, so erläutert Jochen Richert, sei der Finkenberg von der Firma Sachtleben beprobt worden. Ende der 80er-Jahre wurde der Dorotheastollen bergmännisch aufgefahren, um zu testen, ob sich ein Abbau von Schwerspat lohnt. Damals wurde das Vorhaben allerdings aufgegeben, weil sich der Aufwand zur Aufarbeitung des Materials aus Freudenstadt nicht lohnte. Inzwischen habe man verbesserte Techniken, um das Material aufzubereiten, so Jochen Richert. Außerdem sei Schwerspat für noch mehr Produkte als noch vor 30 Jahren gefragt und somit ein begehrtes Gut.

Info: Geschichte des Bergbaus

Zur Geschichte des Bergbaus in Christophstal gibt es im Freudenstädter Stadtarchiv zahlreiche Aufzeichnungen. Nachfolgend einige Auszuüge

Der Abbau von Silber- und Kupfererz im Forbachtal und auf dem Schöllkopf ist seit dem frühen 16. Jahrhundert nachweisbar.

Der seit 1564 erstmals genannte St. Christophsstollen wird namensgebend für das gesamte Forbachtal, besonders nachdem 1573 in Stuttgart silberne "Christophstaler" geprägt wurden.

Vor allem unter der Regierung von Herzog Friedrich I. von Württemberg werden sowohl der Abbau gefördert, als auch Anlagen zur Verarbeitung aufgebaut.

Nach dem Tod des Herzogs 1608 setzen die Arbeiten fast ganz aus. Zwar wird in den nächsten Jahrzehnten immer mal wieder die eine oder andere Grube geöffnet, aber Ende des 18. Jahrhunderts wird kein Silber- und Kupfererz mehr abgebaut.

1816 gibt das Bergamt das Erzgraben frei und Privatgesellschaften werden gegründet. Die Ausbeute ist nicht ergiebig, so dass um 1848 auch dieser Abbau beendet wird.

Nebenbei wird Schwerspat abgebaut. Es gibt sogar eine städtische Grube, aus der Material stammt, mit der unter anderem der Verschönerungsverein neue Gehwege auf dem Kienberg verlegt.

Auch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird immer wieder das Bergwerkseigentum verpachtet, doch größeren Erfolg kann keine Gesellschaft aufweisen.

In den 80er-Jahren reibt die Firma Sachtleben einen Probestollen, den Dorothegang in den Finkenberg. Zum einem Abbau kommt es aber nicht.