Schöffengericht verhängt trotz langem Vorstrafenregister eine Bewährungsstrafe / Gewisse Hoffnung vorhanden

Von Ursula Blaich

Freudenstadt. Das Schöffengericht in Freudenstadt musste schon mehr als ein Auge zudrücken, um die Haftstrafe gegen eine 31-jährige Deutsch-Russin, die wegen mehreren Betrugsdelikten und Urkundenfälschung vor Gericht stand, zur Bewährung auszusetzen.

Letztlich ging das Gericht auf die Forderung der Staatsanwaltschaft ein und verhängte der jungen, geschiedenen Frau eine Bewährungsstrafe von drei Jahren. Das Strafmaß erfolgte unter Berücksichtigung der noch laufenden Bewährungszeit aus einer vorherigen Verurteilung. Im Hinblick auf ihre beiden kleinen Kinder (vier und neun Jahre), von denen eins zudem behindert ist, ließ das Gericht noch einmal Gnade walten.

Insgesamt acht Fälle von Betrug und eine Urkundenfälschung in der Zeit von Januar 2011 bis November 2013 wurden der Angeklagten vorgeworfen. Sie soll zweimal bei einem Freudenstädter Fachgeschäft Gardinen und Stoffe für zusammen rund 2500 Euro gekauft und nicht bezahlt haben. Außerdem wurde der Hartz-4-Empfängerin zur Last gelegt, mehrfach das deutsche Sozialsystem betrogen zu haben. Unter anderem habe sie sich zwei Monate in Russland aufgehalten und in dieser Zeit weiterhin Sozialleistungen bezogen. Am Tag vor der Abreise habe sie noch einen Vorschuss für eine Krankenhausbehandlung mit ihrer behinderten Tochter in Tübingen, wo sie jedoch nicht war, beantragt und erhalten. Ihr wurde weiter vorgeworfen, die Gründung einer eigenen Internet-Modeversandfirma mit russischer Mode und eines Ladens in Freudenstadt dem Job-Center nicht gemeldet zu haben. Eine nicht bezahlte Rechtsanwaltrechnung, zwei offene Reisebürorechnungen für Flüge nach Moskau, der Betrug einer Internetkundin, die Unterschriftenfälschung ihrer Geschäftspartnerin während ihrer kurzen Selbstständigkeit und ein nicht bezahlter 3-D-Designerkurs standen ebenfalls in der Anklageschrift.

Nachdem die Angeklagte beim ersten Verhandlungstermin zunächst alle Anschuldigungen bestritten hatte, gab sie zu, den ersten Gardinenkauf getätigt zu haben. Außerdem sei ihr nach längerem Überlegen wieder eingefallen, dass sie doch auch einmal für längere Zeit in Russland gewesen ist, was sie zuerst verleugnet hatte.

An viele andere Fragen, die Richter Axel Benz und Staatsanwalt Paul Trick an sie richteten, konnte sich die Frau nicht mehr erinnern. Vielen Zeugenaussagen widersprach sie. Nach der Beweisaufnahme verlas Amtsgerichtsdirektor Benz ein nicht enden wollendes Vorstrafenregister aus der kriminellen Vergangenheit der Angeklagten.

Ab dem Jahr 2005 wurden ihr mehrfach Verleumdung, Betrügereien und Betrugsdelikte unter falschem Namen zur Last gelegt. Darunter waren Käufe bei Möbelgeschäften und in Modeläden mit gefälschten Überweisungen, Mietschulden, Handyschulden, Scheckkartenbetrügereien, geprellte Tankrechnungen und nicht bezahlte Zahnarztrechnungen. Auch Baumärkte und gutgläubige Handwerksbetriebe wurden in größerem Umfang betrogen. Mehrere Bewährungsstrafen wurden verhängt. Insgesamt gibt es 110 Gläubiger und noch rund 60 000 Euro Schulden, die sich bereits durch Vergleiche reduziert haben und ein eröffnetes Insolvenzverfahren, gab der Richter bekannt. Die bei der Hauptverhandlung anwesende Bewährungshelferin war vorsichtig bei der Beurteilung der Angeklagten und konnte keine günstige Prognose für die Zukunft erstellen. Ansätze seien dennoch da. Die Frau mache derzeit ein Praktikum im pflegerischen Bereich und habe wohl gute Aussichten anschließend einen Ausbildungsplatz als Krankenschwester zu erhalten. Die Bewährungshelferin bescheinigte ihr eine große emotionale Nähe zu ihren Kindern.

In seinem Plädoyer hob Staatsanwalt Trick hervor, die Angeklagte habe permanent über ihre Verhältnisse gelebt und wollte mehr darstellen, als sie in Wirklichkeit ist. Dadurch habe sie sich strafbar gemacht mit immer neuen "krummen Geschäften". "Sie müssen kleinere Brötchen backen und das muss man halt irgendwann begreifen", sagte er. Trotz allem wolle er ihr die Chance noch einmal zu einer Bewährungsstrafe geben und könne dies auch verantworten.

Auch das Schöffengericht gab ihr eine letzte Chance und verhängte das Strafmaß zur Bewährung. "Denken Sie ab jetzt jedes Mal, wenn die Versuchung da ist, an ihre Kinder", mahnte der Richter. Er und seine beiden Schöffen hätten wohl überlegt, ob es sich bei den Anschuldigungen nicht um gewerbsmäßigen Betrug handle, bei dem ein ganz anderes Strafmaß vorgegeben wäre. Die Angeklagte sei eine typische Betrügerin, eine Hochstaplerin, die anders leben will, als sie es sich leisten könne. "Wir haben eine gewisse Hoffnung bei Ihnen, aber es war ganz eng", so Richter Benz abschließend.