Lea Maier aus Winzeln leidet unter dem Katzenschreisyndrom / Für die Mutter ist es oft hart

Von Dunja Smaoui

Fluorn-Winzeln. Der internationale Kindertag hat 2015 ein Symbol: den Bestimmerhut, mit dem die Kinder zeigen, wo es lang geht. Die 13-jährige Lea  aus Winzeln weiß ganz genau, was sie will und was nicht. Dabei hält sie auch das bei ihr früh erkannte Katzenschreisyndrom vom aktiven Leben nicht zurück.

"Lea ist ein außergewöhnliches Mädchen", sagt Monika Maier über ihre 13-jährige Tochter. "Sie ist viel ausgeglichener und fröhlicher als die meisten anderen Kinder, die ich kenne." Auch ein ehemaliger Mitarbeiter des Kindergartens, den Lea besuchte, erzählt: "Lea war immer anders." Er habe das Mädchen als sehr robust wahrgenommen. "Sie hat sich nie etwas gefallen lassen", erzählt er. "Sie war immer taff."

Lea streicht lachend über die Felltasche, die auf ihrem Schoß liegt und sieht ihre Mama zufrieden an. So leicht, wie dieser Moment scheint, sei es nicht immer. Im Gegenteil: Hinter den beiden liegt eine belastende Zeit. "Nach der Geburt haben die Ärzte erklärt, dass etwas nicht stimmt mit Lea", erzählt die alleinerziehende Mutter. "Was genau, konnte aber niemand sagen." Für die heute 45-Jährige habe damit eine schwierige Zeit  begonnen.

Neben einer Wochenbettdepression, mit der sie gekämpft hatte, erklärten ihr die Ärzte, Lea leide unter dem Katzenschreisyndrom. "Ich wusste gar nicht, was das ist", sagt Monika Maier. Zusätzlich hatte Lea einen Herzfehler, der vor zwei Jahren behoben werden konnte. Richtig aufgefangen habe Monika Maier im Krankenhaus niemand. "Ich war total überfordert mit der Situation und hätte mir gewünscht, dass mich die Ärzte besser  betreuen oder zumindest erklären, was los ist." Nach wochenlangem Aufenthalt im Rottenmünster in Rottweil und einem nervlichen Auf und Ab, fasste die junggebliebene Mutter dann den Entschluss: "Ich will mit meiner Tochter nach Hause."

Von da an habe sich die Lage verbessert. Monika Maier wurde ruhiger und setzte sich mit der Behinderung der Tochter auseinander. "Mit Lea läuft alles etwas langsamer", erzählt sie und lächelt zu ihrer Tochter herüber. Rückschläge wie auch Blicke und verletzende Worte anderer gehörten dazu. "Aber wir sind da irgendwie reingewachsen, stimmt’s?" Lea schaut auf den Tisch und nickt. "Ja", sagt sie. Ihre Stimme klingt hoch, leise, nie schrill. Dann greift sie nach der Fanta und trinkt in hastigen Zügen ihr Glas leer.

Monika Maier lernte mit der Zeit immer mehr mit der Behinderung umzugehen. Halt, Informationen und Kontakte habe sie in erster Linie über einen Förderverein erhalten. "Außerdem habe ich erfahren, dass es viele Symptome gibt", erzählt die 45-Jährige. "Lea sieht man es nicht an. Aber man hört es. Der Kehlkopf funktioniert nicht richtig." Neben sprachlichen Schwierigkeiten habe Lea Probleme, Wortzusammenhänge  zu erkennen.

Im Gespräch mit ihr schluckt sie oft laut. Sie lässt sich beim Antworten Zeit, hin und wieder sagt sie nur ein  Wort, starrt lange auf den Tisch oder sucht mit dem Blick Hilfe bei  der Mutter. Manchmal ärgere es sie, dass sie sich nicht ausdrücken kann, sagt Lea. "Aber sie findet ihren ganz eigenen Weg", sagt Monika Maier. "Manchmal schauspielert sie, manchmal zeigt sie Bilder. Und es ist immer lustig mit ihr."

Von klein auf bekommt Lea Sprachförderungsunterricht. "Sie hat große Fortschritte gemacht", sagt die Mutter. "Vor allem, seitdem sie in der Schule ist." Den Optimismus ihrer Tochter kann die Alleinerziehende nicht immer teilen. "Es ist oft  hart und das macht mich traurig", sagt sie.  Sie weiß nicht, was aus Lea wird, wenn sie die Schule abgeschlossen hat. Lea selbst sieht das anders. "Ich weiß nicht, was ich machen möchte." Aber das sei okay. Für den Moment genieße die 13-Jährige das Leben und die Freunde, die sie vor allem in der Schule gefunden hat.

"Lea hatte noch nie Schwierigkeiten, Kontakte zu knüpfen", sagt ihre Mutter. Allein sei sie zur Jungschar und zu einer Jazzdance-Gruppe gegangen. "Sie ist ein mutiges Kind."  Mit Alltagssituationen und beruflichen Chancen stünden beide dennoch  alleine da. "Die Familie ist da", sagt Monika Maier. Aber sonst? "Weitere Unterstützung gibt es eigentlich nicht."