Vor der Pandemie demonstrierten Radfahrer in Rottweil noch für bessere Bedingungen – offenbar nicht ganz unbegründet. Foto: Schmidt

Im Fahrrad-Abitur glatt durchgefallen: Beim Fahrradklima-Test des ADFC erreicht Rottweil die ernüchternde Note 4,4. Damit steht die Stadt in ihrer Größenklasse auf Rang 418 unter insgesamt 447 Gemeinden.

Drei Kriterien gibt es, da schneidet Rottweil im Urteil von Fahrradfahrern etwas besser ab als andere Orte gleicher Größenordnung: Fahrraddiebe gehen hier ihrem kriminellen Geschäft vergleichsweise selten nach, es gibt hinreichend Fahrrad-Abstellplätze – und die Wegweisung für Radler auf den Straßen bewegt sich immerhin auf durchschnittlichem Niveau.

Das waren die guten Nachrichten.

Bei allen anderen Kriterien, die der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) in seinem „Fahrradklima-Test“ anlegt, schneidet Rottweil schlechter, deutlich schlechter oder sehr viel schlechter ab als durchschnittliche Städte zwischen 20 000 und 50 000 Einwohnern.

27 Kriterien wurden geprüft

Im „Fahrradklima-Test“ lässt der ADFC Mitglieder und Nicht-Mitglieder alle zwei Jahre die Situation für Fahrradfahrer an ihrem jeweiligen Wohnort beurteilen. Bewertet wird im Schulnotensystem von 1 bis 6. Die Teilnehmer hatten insgesamt 27 Kriterien unter die Lupe zu nehmen. Diese reichen von Einschätzungen zum örtlichen Verkehrsklima über den Stellenwert des Radfahrens in der Gemeinde, das Sicherheitsgefühl und den Komfort beim Radeln in der Stadt bis zur konkreten Beurteilung der Infrastruktur wie etwa der Radwege und des Radverkehrsnetzes.

Aus allen Einzelurteilen errechnet der ADFC eine Durchschnittsnote. Aus dieser ergibt sich im Vergleich von Gemeinden ähnlicher Größenordnung eine Rangliste.

Ettlingen in Baden-Württemberg ganz vorn

Für Rottweil lautete die Durchschnittsnote im jüngsten Test 4,4. Im Abitur würde das bedeuten: durchgefallen. In der bundesweiten Rangliste der Orte mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern landet Rottweil unter den 447 Gemeinden auf dem 418. Rang. Im Jahr 2020 lautete die Rottweiler Note 4,5. Im Jahr 2018 kam Rottweil auf das Ergebnis 4,3.

An der Tabellenspitze dieser Größenklasse steht jetzt das nordhessische Baunatal mit Gesamtnote 2,5. Das beste Ergebnis aus Baden-Württemberg fährt Ettlingen bei Karlsruhe mit der Note 3,1 und dem bundesweiten Rang 5 ein.

Fast überall deutlich schlechter als der Durchschnitt

Von solchen Ergebnissen kann Rottweil nur träumen. In 24 der 27 Kriterien schneidet die Kreisstadt schlechter ab als der Schnitt. Besonders negativ beurteilen Rottweiler Radfahrer das Angebot von Leihfahrrädern, die Fahrradmitnahme im Nahverkehr und die Ampelschaltungen. Ebenfalls eindeutig „mangelhaft“ fielen die Urteile aus für die Breite der Radwege, das Fahren auf Radwegen und Radschutzstreifen, die Führung an Baustellen, das allgemeine Sicherheitsgefühl, die Falschparkerkontrolle auf Radwegen, das Fahren im Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen sowie der Winterdienst auf Radwegen.

„Wir wissen, dass beim Radwegenetz in Rottweil noch Luft nach oben ist“, kommentiert der neue Mobilitätsbeauftragte der Stadt Rottweil, Horst Bisinger, und verspricht Besserung: „Bis zur Landesgartenschau wollen wir die Radinfrastruktur deutlich ausbauen.“ Aktuell entstehe ein umfassendes Radwegekonzept.

Zur Teilnahme am Fahrradklima-Test hatte der ADFC Ende vergangenen Jahres online sowie per Handzettel aufgerufen. Bundesweit wurden am Ende mehr als 245 000 Teilnehmer registriert. Bei der Auswertung berücksichtigt wurden nur Gemeinden mit einer Mindestteilnehmerzahl. Für Orte mit bis zu 50 000 Einwohnern etwa forderte der ADFC mindestens 50 Teilnehmer. Aus Rottweil wurden 68 Bewertungen registriert.