Hans Ersingers Augen strahlten an Weihnachten 1979/80, als er im Eutinger Stellwerk 3 Unterschlupf bekam. Foto: Ersinger

Eutinger wie Hans Ersinger erinnern sich an Weihnachtsgeschichten, die sich rund um den Neuen Bahnhof abspielten.

Eutingen - Vor 80 Jahren wurde mit der Eröffnung des Neuen Bahnhofs Bahngeschichte geschrieben, die viele Menschen bis heute noch fesselt. Vor allem zu Weihnachten denken sie gerne an die "lebendige Zeit" des Denkmals zurück – so auch Hans Ersinger.

"Es war um Weihnachten 1979/80 in TET (Bezeichnung für den Bahnhof Eutingen, Anm. d. Red.). Ich war damals mit meinem grünen VW-Polo, Baujahr 1975, unterwegs", erinnert sich Hans Ersinger, Eigentümer der Stellwerke 1 und 3 sowie Pächter des Stellwerks 2. "Ich graste damals die Bahnstrecke ab. In meinem Kassettenrekorder lief das Lied 'Der lachende Vagabund'. Es lag Schnee. Weil es bereits dunkel und recht ungemütlich war und ich zudem kalte Füße hatte, bettelte ich am Stellwerk 3 um Einlass", erzählt er.

Hans Ersinger war dort kein »Fremder«, denn er hatte das Stellwerk bereits einige Male besucht. Deshalb ließ der diensthabende Wärter Link den Besucher hinein. Ersinger erinnert sich heute gern daran: "Es war so richtig gemütlich warm im Stellwerk und wir unterhielten uns. Zwischendurch rappelte der Streckenblock und gleich darauf fing der langsam schlagende Wecker an, den Auftrag vom Fahrdienstleiter aus Stellwerk 2 anzumelden. Auf dem Hebelwerksaufbau stand ein kleiner geschmückter Christbaum mit elektrischen Kerzen, der immer dann etwas wackelte, wenn ein Zug angefahren kam. Dann schien das ganze Stellwerk zu vibrieren. Wir schauten dann beide dem Zug nach, der Schnee hinter sich aufwirbelte. Ich freute mich in diesem Moment, Teil der Eisenbahn zu sein."

Diese Zugehörigkeit hatte jedoch auch einige Pflichten. So mussten die Bahnbediensteten an Weihnachten am Neuen Bahnhof ihren Dienst leisten. "Jedoch hat die Bahn versucht, dass die Väter an Heiligabend frei hatten und diesen mit ihrer Familie feiern konnten", erinnert sich der ehemalige Eisenbahner Benno Nesch. Der Eutinger hatte zu seiner Ausbildungszeit Dienst an Heiligabend und weiß daher noch, dass jeder als Dankeschön eine Flasche Wein bekam. "Die Weihnachtsfeier fand im Unterrichtsraum des Bahnhofsgebäudes statt. Alle Diensthabenden saßen an den Tischen und ließen sich gemeinsam das Essen schmecken. Anschließend gab es ein Unterhaltungsprogramm." Einen Stock tiefer arbeitete die Familie Creuzberger und ihre Angestellten in der Bahnhofsgaststätte, bis der letzte Zug abfuhr. Dann konnten auch sie Heiligabend feiern. Ein Christbaum zierte damals den Raum. Die Gaststätte war nur an Heiligabend geschlossen, an den anderen Weihnachtsfeiertagen hatte sie ganz normal geöffnet.

Ganz normaler Betrieb herrschte auch bei Familie Schäfer am Blockstellwerk Abel, das sich einst zwischen Eutingen und Göttelfingen befand. Von 4.45 Uhr bis kurz vor 21 Uhr arbeitete der Familienvater Karl Schäfer, der immer wieder die Bahnschranken öffnen und schließen musste. "Die Strecke zwischen Eutingen und Freudenstadt war damals noch nicht so stark befahren. Es kam schon manchmal vor, dass zwei Stunden lang kein Zug kam", erklärt Alwine Rothfuß, Tochter des damaligen Schrankenwärters. Sie war elf Jahre alt, als die Familie nach Eutingen zog. Sieben Jahre lang wurde das Weihnachtsfest im Blockstellwerk Abel gefeiert. "Wir mussten immer mit dem Vater Karten spielen, damit er nicht alleine Dienst machen musste", sagt sie. Nach dem letzten Zug gegen 21 Uhr gehörte der Heiligabend der Familie, doch auch Schäfer hatte an den folgenden Weihnachtsfeiertagen keinen freien Tag.