Bischof kommt zum Jubiläum in Weitingen / Neuer Kirchenführer erscheint / Gefeiert wird mit Gottesdienst und Gemeindefest

Von Harald Mattenschlager

Eutingen-Weitingen. Ein halbes Jahrtausend Geschichte: Morgen feiert die katholische Kirchengemeinde Weitingen das 500-jährige Jubiläum der Einweihung ihrer gotischen Pfarrkirche St. Martinus.

Der Grundstein für das Gotteshaus war bereits 1504 gelegt worden, der entsprechende 500. Jahrestag der Grundsteinlegung wurde im Herbst 2004 mit dem Rottenburger Weihbischof Johannes Kreidler gefeiert. Ein weiterer 500. Jahrestag konnte im Sommer 2006 mit dem 500-jährigen Bestehen der Wallfahrtskapelle mit Weihbischof Thomas Maria Renz gefeiert werden.

Zur morgigen 500-Jahrfeier der Einweihung der Pfarrkirche kommt Diözesanbischof Gebhard Fürst nach Weitingen. Der Festgottesdienst beginnt um 10 Uhr und wird von der Chorschola St. Martinus sowie einer kleinen Besetzung des Musikvereins Weitingen mitgestaltet. Im Anschluss an den Gottesdienst lädt die Kirchengemeinde zu einem Gemeindefest auf dem Kirchplatz ein. Geboten wird Mittagessen sowie später Kaffee und Kuchen. Die Firmlinge organisieren eine Spielstraße für die Kinder.

Die wechselvolle Geschichte der Weitinger Kirche und der Pfarrei haben Lothar Schurer und Hermann Nesch bereits anlässlich der letzten großen Renovierung und Erweiterung der Kirche im Jahr 1986 in der "Festschrift zum Einzug in die umgebaute Pfarrkirche St. Martinus Weitingen am Sonntag, den 26. Oktober 1986" umfassend dargestellt.

Zum aktuellen 500-jährigen Jubiläum der Pfarrkirche wird morgen eine 32-seitge Festschrift als kirchen-, bau- und kunstgeschichtlicher Kirchenführer erscheinen. Sie kann nach dem Festgottesdienst von den Ministranten für fünf Euro erworben werden und ist auch später bei der Bäckerei Kalbacher, bei der Raiffeisenbank sowie am Schriftenstand der Kirche erhältlich. Zusammengestellt und gestaltet wurde das neue Heft von Hermann Nesch, von ihm und von Lothar Schurer stammen die Texte und Fotos.

Die Unterlagen über die Entstehung der Kirchengemeinde und über das Gotteshaus sind recht spärlich. Die Pfarrchronik wurde erstmals im Jahre 1812 vom damaligen Pfarrer Engel angelegt. Die Daten aus der Zeit vor 1812 wurden anhand loser Blätter und mündlicher Überlieferungen eingetragen. Aus dieser Chronik ist ersichtlich, dass die Kirche in den Jahren 1504 bis 1515 erbaut wurde.

Die Jahreszahl 1504 ist auch im Steingewände des früheren Hauptportals auf der Südseite (Richtung Rathaus) dokumentiert. Mitstifter des Gotteshauses von 1504 soll ein Dietrich Späth gewesen sein, der um das Jahr 1500 als Haushofmeister von Graf Eberhard im Bart Besitzer der Urnburg wurde. Das Wappen der Herren von Späth ist auch heute noch in einem Schlussstein des gotischen Sternengewölbes vorzufinden.

In der alten Chronik ist gleich zu Beginn zu lesen: "Die Ursache, warum so wenig vom hiesigen Ort, Kirche, Pfarrey und Gutthäter bekannt, ist, weil im Jahr 1643 den 22. Februar alle Pfarr- und Gemeindebücher verbrannt und durch die Feinde sind verheert worden."

Aus einer weiteren Aufzeichnung geht hervor, dass die Kirche bis auf den Chorraum, Hochaltar und das Langhaus niedergebrannt sei. So wird vermutet, dass dieser Feuersbrunst die Außenmauern des Kirchenschiffes und der Chor mit dem Gewölbe samt Hochaltar standgehalten haben dürften.

Nach dem 30-jährigen Krieg (der 1648 endete) wurde unter Pfarrer Philipp Molitor das Gotteshaus wieder aufgebaut und am 22. Mai 1657 neu geweiht.

Auch nach Umbau und Erweiterung von 1986 zeigen sowohl Gotteshaus wie auch Kirchturm bis heute unverwechselbar den gotischen Charakter. Die Anfänge des Kirchturms dürften wesentlich älteren Ursprungs sein, als aus der Zeit der Gotik. Die "Grundfesten" werden auf die Zeit vor der ersten Jahrtausendwende datiert.

Zur Zeit des Kirchenbaus von 1504 bis 1515 beherrschte die Gotik in den hiesigen Breiten den Baustil, hier vor allem die Hoch- oder Spätgotik. Der Baustil ist gekennzeichnet durch die Spitzbögen in Fenstern und Gewölben, sowie durch herrliche Maßwerke und Schlusssteine in diesen Spitzbögen. Eine Seltenheit und auch ein Kunstwerk stellt der Chorraum des Weitinger Gotteshauses dar. Das prächtige Sternengewölbe und die Fenster mit den herrlichen Maßwerken sind sehr bemerkenswert für eine Dorfkirche.

Zur Zeit der Einweihung im Jahr 1515 dürfte auch das Kirchenschiff ein Sternengewölbe gehabt haben, wohl bis zur Feuersbrunst im Jahr 1643. Dies wird durch mehrere Indizien belegt.

Das Gotteshaus wurde im 18. und 19. Jahrhundert mehrfach renoviert. Dabei hat auch der Barock Einzug in die Kirche gehalten. Mit der Renovierung von 1895/96 hielten die Farben der "Neugotik" Einzug in die Kirche. Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts wurden Kanzel, Seiten- und zuletzt 1898 der Hochaltar im Stil der sogenannten "Schreinergotik" errichtet. Bei der Renovierung 1934 wechselte man zu dunkleren Farben in der Gestaltung.

Seit der letzten grundlegenden Renovierung 1986 präsentiert sich das Gotteshaus freundlich, hell und licht. Im Norden (zum Pfarrhaus und Kirchplatz hin) wurde ein Erweiterungsbau erstellt. Im Kircheninneren lässt sich jedoch nach wie vor die Dimension und Gestalt der historischen Kirche ablesen. Die frühere zweite Empore wurde herausgenommen und eine neue und zweckmäßige Sakristei erstellt.

Architekt Helmut Krisch schrieb zur damaligen Sanierung und Erweiterung in seinem Schlusssatz: "Insgesamt war es das Ziel aller Beteiligten, einen würdigen, neuzeitlichen Gottesdienstraum zu schaffen und innen und außen Altes und neues ebenbürtig zu gestalten". Allerdings zeigt sich inzwischen außen wie innen deutlich, dass nach knapp 30 Jahren eine Auffrischung und Sanierung wieder nötig wäre.