Armin Jöchle hat allerbeste Chancen, auch nach der Bürgermeisterwahl auf dem Chefsessel im Eutinger Rathaus zu seitzen. Foto: Dold Foto: Schwarzwälder-Bote

Armin Jöchle redet vor der Bürgermeisterwahl Klartext / "Vertreter der Bürgerschaft müssen sagen, ob sie schmalere Infrastruktur wollen"

Eutingen. Armin Jöchle dürfte auch nach der Wahl am Sonntag, 8. März, Bürgermeister von Eutingen bleiben. Doch was hat er vor in der Gemeinde in den nächsten acht Jahren? Im Gespräch mit dem "Schwarzwälder Bote" bekannte er Farbe.  

Herr Jöchle, Sie sind jetzt seit bereits 24 Jahren Bürgermeister von Eutingen. Sehen Sie Ihre Mission noch nicht als erfüllt an? 

Als Missionar bin ich nicht gekommen und Eutingen mit seinen Teilorten musste man nicht missionieren. Es gibt noch spannende und interessante Aufgaben, die ich vorhabe. Daher kann man schon sagen: Diese Aufgaben sind noch nicht fertig.  

Den Horber OB Peter Rosenberger zieht es nach Mannheim. Gibt es auch bei Ihnen noch andere Karrierepläne? 

Nein. Definitiv keine. Auch wenn einem das immer wieder nachgesagt wird, obwohl das in den letzten Jahren weniger geworden ist.  

Grausamkeiten soll man in der Politik zu Beginn einer Amtsperiode verüben. Welche haben die Bürger zu befürchten?  

Eigentlich keine. Die große Politik mag so ticken. Aber bei unserer kleiner strukturierten Politik kann ich mich nicht dran erinnern, dass ich nach den letzten drei Wahlen irgendwelche Grausamkeiten verkündet hätte. Was man aber heute schon sagen kann: Man hat einige Ziele vor Augen und diese Dinge kosten richtig viel Geld. Da muss man erklären: Entweder man verschuldet sich hoffnungslos oder man muss von manchen Projekten wegkommen oder sie verschieben. Das könnte eine "Grausamkeit" sein.

Was sehen Sie als die dringendsten Aufgaben an, die nun angepackt werden sollen?

Die dringendste Aufgabe – und da sind wir schon mittendrin – ist der Kunstrasenplatz, den wir mit dem SV Eutingen bauen wollen. Hier bekommen wir die jetzige Sportplatzfläche frei. Dort wollen wir das Pflegeheim und seniorengerechte Wohnen hinkriegen und dann natürlich den Verbrauchermarkt. Da haben wir bislang eine Lücke, die möglichst schnell geschlossen werden soll. Dann soll die Sache mit dem Bahnhaltepunkt Eutingen Nord und dem Ausbau der Straße zwischen Eutingen und Göttelfingen erledigt werden, über die schon seit 2006 geredet wird. Das sind wichtige Aufgaben, die man in den nächsten ein, zwei Jahren umsetzen könnte.

Wie sieht es in Weitingen, Rohrdorf und Göttelfingen aus?

Wir würden gerne deutlich mehr machen, aber das scheitert an zwei Dingen. Zum einen braucht man Geld dazu. Und selbst wenn wir auf einmal zehn Millionen Euro hätten, ginge es auch nicht so schnell, da man planen muss und auch Personal benötigt. Auf längere Sicht stehen die Hallen in Eutingen und Weitingen an, die einer Sanierung bedürfen. Hinzu kommt das Thema barrierefreies Rathaus mit einem Aufzug. Dann gibt es kleinere Maßnahmen, die nicht ganz so viel Geld benötigen, wie eine Aussegnungshalle auf dem Friedhof in Göttelfingen.

Sind das die viel zitierten Wahlversprechen?

Wenn ich jetzt nochmal acht Jahre da sein sollte: Wenn man dann diese "Big Points" wie die zwei Hallensanierungen, das Rathaus sowie die Kreisstraße mit Bahnhaltepunkt sowie dem Verbrauchermarkt in der Zeit schafft – das wäre schon etwas.

Zu dem wohl größten "Big Point": Zu welchem Datum wird die Umfahrung von Eutingen eingeweiht? 

Wenn ich das sagen könnte, würde ich als Wahrsager auf Jahrmärkten mein Geld verdienen oder bei Lotterien mitmachen. Das kann ich überhaupt nicht sagen. Das ist eines der schwierigsten Themen, denn als Gemeinde können wir sie nicht realisieren. Man braucht die Bundes- und Landespolitik sowie den Landkreis, der die Option hätte, als Straßenbaulastträger aufzutreten und es gemeinsam mit der Kommune finanzieren könnte. Nur hat man da gelegentlich den Eindruck, man ist von allen ein Stück weit verlassen. Das Thema wird vermutlich noch mal etwas stärker in den Fokus rücken, wenn der Lärmaktionsplan umgesetzt wird. Der eine oder andere wird aufwachen, wenn die Tempo 30-Zone in der Ortsdurchfahrt gilt und sieht, dass man etwas anderes bräuchte. Vor über zehn Jahren hieß es, Eutingen bräuchte keine Umgehung, da ja bald die Hochbrücke in Horb gebaut werde. Dann soll der Verkehr darüber fahren. Trauen Sie sich, ein Datum zu nennen, wann man auf der Hochbrücke in Horb fahren kann?

Klares Nein. 

Seit zwei Jahren wird diskutiert, dass dort die Planfeststellung bald losgeht. Man kriegt bei so einem Thema den Leuten eben kaum noch erklärt, woran es hängt.

Wie sieht es mit der Sanierung der Ortskerne aus?

Das ist eine weitere Aufgabe, die wir nur mit begrenzten Mitteln angehen können. Hier versuchen wir, die Grundstückseigentümer dazu zu animieren, ihre Grundstücke an Sanierungswillige verkaufen. Zudem müssen Bedingungen geschaffen werden, damit die vier Ortschaften auch für Investoren von Immobilien interessant bleiben, da diese Städte von über 30 000 Einwohnern bevorzugen. Die Gemeinde hat einige Grundstücke aufgekauft und geschaut, dass ein Bauherr gefunden wird. Aber auch dafür muss man Geld liegen lassen und das fehlt dann woanders wieder.

Hand aufs Herz, auch angesichts des demografischen Wandels: Wie lange kann sich die Gemeinde noch vier Rathäuser, vier Hallen, vier Ortschaftsräte und vier Feuerwehren leisten?  

Diese großen Aufgaben kosten richtig Geld. Wie lange man sich diese Infrastruktur in diesem Umfang noch leisten kann – insbesondere die Hallen sind relativ alt –, das ist eine interessante Frage. Diese werde ich nicht beantworten können, da das nur im Kontext mit den Bürgern geht, weil die loslassen müssen. So lange die Vertreter der Bürgerschaft – also Ortschaftsräte, Ortsvorsteher und Gemeinderäte – zum Ergebnis kommen, dass man sich diese Strukturen leisten will, muss man die Strukturen eventuell auf einem niedrigeren Niveau führen. Oder es dauert länger, bis alles wieder auf einem vernünftigen Niveau ist, zum Beispiel die Hallensanierungen.

Können Sie weitere Beispiele nennen?

Zur Aussegnungshalle Göttelfingen: Es gibt Gemeinden mit 5000 Einwohnern, die haben nur eine Aussegnungshalle. Nun wird hier eine zweite gewünscht – für 1000 Einwohner. Das Gleiche gilt für die Feuerwehr. Das Feuerwehrhaus Eutingen ist beispielsweise größer als das in Bondorf, trotzdem macht man sich in Weitingen auf den Weg, ein neues Feuerwehrhaus zu bauen, das nicht unter einer Million Euro zu realisieren sein dürfte. Das muss an anderer Stelle wieder eingespart werden. Sagt nun ein Ortsvorsteher beispielsweise "Ich will mein Rathaus nicht saniert haben, aber dafür meine Feuerwehr am Ort"? Im Moment ticken wir aber noch alle so, dass das zur Dorfgemeinschaft gehört. Der Aufwand in Rohrdorf und Göttelfingen ist bei der Feuerwehr überschaubar. Doch wenn man sich auch dort ein großes Gerätehaus wünscht: Das geht definitiv nicht.

Wie sieht es mit den Rathäusern aus?

So lange wir Ortschaftsräte, Ortsvorsteher und Ortsverwaltungen haben, wird man immer Rathäuser haben. Solange man nicht darauf verzichten will: Ich alleine entscheide das nicht.

Wird es auf absehbare Zeit einen Anlauf geben, die Ortschaftsverfassung zu ändern, also die Ortschaftsräte abzuschaffen? 

Das wurde 2004 einmal diskutiert, aber das Votum der Bürgerschaft über Unterschriftenlisten war eindeutig für die Ortschaftsverfassung. 

Warum diskutiert der Bürgermeister das nicht wieder?

Ich neige dazu: Wenn ich vor zehn Jahren etwas diskutiert habe, dann soll das kein Tabuthema sein. Nur haben sich die gesellschaftlichen Entwicklungen in den letzten zehn Jahren nicht derart verändert, dass es sich rentiert, diese Diskussion noch mal anzuzetteln. Daher setzte ich meine Zeit lieber für etwas Produktiveres ein. Das würde sich nur ändern, wenn das von der "Bürgergesellschaft" stärker heran getragen wird. Die Ortsgremien sorgen für bürgerschaftliches Engagement und erhalten Dorfgemeinschaften am Leben. 

Was verbuchen Sie als den größten Erfolg ihrer bisherigen Zeit in Eutingen?  

Was ein Stück weit meine Handschrift trägt, ist das Kindergartenwesen. Wir haben fünf sehr moderne und großzügige Kindergärten, die, was das Betreuungsangebot und die Qualität der Arbeit angeht, im Umkreis im oberen Segment angesiedelt sind. Seit letztem Jahr können wir 50 Prozent der U3-Kinder einen Platz anbieten – diese Zahl spricht für sich –, und das, obwohl es in unserer Gemeinde viele Kinder gibt. Der Rechtsanspruch seit 2014 liegt bei 34 Prozent.

Auch bei der Ganztagsbetreuung in der Grundschule habe ich ganz wesentlich dazu beigetragen.

In der gesamten Amtszeit hat sich einiges getan, zum Beispiel siedelte sich die DHL an, ein Betrieb mit 250 Mitarbeiter auf elf Hektar Fläche. Das ist unser größter Arbeitgeber, denn wir haben eben keinen fischer oder Homag.  

Worauf können Sie noch stolz sein? 

Der Ausbau des Radwegenetzes war mir schon immer ein Anliegen. Rund um Göttelfingen haben wir durch die Flurbereinigung ein gutes Wegenetz, nach Bildechingen wurde der Radweg gebaut, im Neckarerlebnistal wurde die Lücke geschlossen und auch im Gewerbegebiet und entlang der B28. Hinzu kommen die Radwege zwischen Rohrdorf und Weitingen und ins Gewerbegebiet. Auch bei der Straße zwischen Eutingen und Rohrdorf habe ich gesagt: "Da gehört ein Radweg hin". 

Und worüber ärgern Sie sich am meisten? 

Dass das mit der Umgehung immer so ein Hickhack ist und dass sich Bund und Land nicht einig sind. Mal heißt es, wir kriegen eine Umgehung, mal heißt es, wir kriegen keine. Wir sind damals zwischen die Stühle geraten mit der Hochbrücke und finden derzeit sehr wenig Unterstützung bei Bund und Land. 

Sie haben immerhin einen Gegenkandidaten: Wie lautet Ihr Wahlziel in Prozenten ausgedrückt? 

Ich rede da nicht lange drumherum: Wenn man 35 Prozent Wahlbeteiligung hinkriegt, ist es okay. 40 wären natürlich noch besser. Mit Jedem kann man halt nicht gleich gut, vielleicht machen wir dafür auch zu viel. Wenn es zehn Prozent gibt, die jemand anders die Stimmen geben, dann kann ich damit gut leben.

Die Fragen stellte Martin Dold