Marius Goll – am Tisch – berichtet von seinen Begegnungen mit den Asylsuchenden. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Begegnungsabend: Weitingens zwölf neue Mitbürger stellen sich vor

Die Freundes- und Arbeitskreise "Asyl" entwickeln sich derzeit in fast jedem deutschen Ort. Sie schießen quasi wie Pilze aus dem Boden.

Von Peter Morlok

Eutingen-Weitingen. Ohne die große humanitäre Hilfe der vielen Ehrenamtlichen, die aus Mitmenschlichkeit und christlicher Nächstenliebe handeln, könnte die ehrgeizige Vorgabe "Wir schaffen das" nie und nimmer umgesetzt werden. Integration an der Basis läuft in den Orten ab. So auch in Weitingen.

Dort leben zwölf syrische Flüchtlinge, die auf ein besseres Leben in Deutschland hoffen. Ihr Weg führte sie nach einer langen, beschwerlichen Reise zuerst ins Erstaufnahmelager Ellwangen und von dort über Freudenstadt nach Weitingen.

Dort wurden sie bei einem Kennenlerntreffens von Dorfbewohnern und der Gruppe begrüßt, die sich um sie kümmert, "Wir hätten in Deutschland nie geglaubt, dass wir solche Mengen an Flüchtlingen aufnehmen müssen", betonte Hermann Nesch, der als Sprecher des Arbeitskreises Asyl die Weitinger Gruppe, die aus dem Arbeitskreis Asyl Eutingen entstand, durch den Abend führte.

"Wir alle waren erschrocken und betroffen von dem vielen Leid, das über die Fernsehbilder in unser Leben getragen wurde. Aber es war weit weg. Heute ist es da. Zwölf Männer, traumatisiert und teils kriegsversehrt, haben ihre Heimat verlassen, um bei uns Schutz zu finden". Nesch erinnerte daran, dass nach dem Zweiten Weltkrieg schon einmal eine Flüchtlingswelle über Deutschland rollte und das Wort "Flüchtling" einst ein Schimpfwort war.

Er wusste aber auch, dass der örtliche Sportverein nie zu dem geworden wäre, was er heute ist, hätten nicht gerade die Flüchtlinge die Tore der Fußballmannschaften geschossen. "Sie haben den TSV wieder mit aufgebaut und zum wichtigsten Verein des Ortes gemacht", sagte er.

Auch viele der aktuellen Asylsuchenden sind Fußballfans und einer der "Jungs" war auch schon beim Probetraining. Ein anderer ist syrischer Vizemeister im Schwimmen. Aktuell leben sie im Haus Sonnenberg 4.

Nesch wusste, dass einer der Männer, die zwischen 18 und 38 Jahre alt sind, schon einen Fahrradsturz fabriziert hat. "Aber wer Krieg und eine Flucht überstanden hat, macht das nichts aus". In seiner Gesamteinschätzung kam er zum Ergebnis: "Es send eifach dufte Kerle". Obwohl es noch viel zu tun gebe, bis die zwölf "Kerle" integriert sind, ist er überzeugt: "Wir machen das, wir schaffen das".

Ortsvorsteher Roland Raible erinnerte sich an den Tag, als er erfahren hat, dass dem Ort zwölf Asylsuchende zugeteilt werden. "Wir waren überrascht – für uns alle war es ein Stück Neuland". Unklar war für ihn, welche Aufgaben die Ortsverwaltung hat. "Im Grunde genommen gar keine, das wird alles von Eutingen aus geregelt", zeigte er sich erleichtert, wusste aber, dass die Flüchtlinge gerne arbeiten würden, wenn man sie lassen würde. Raible ist überzeugt, dass man die Männer nur so integrieren kann.

Für ihn steht außer Frage, dass weitere Flüchtlinge in den Ort kommen. Daher sein Appell an alle, die leerstehende Gebäude haben, diese zur Verfügung zu stellen. Er selbst bot einen Raum im Rathaus an, der als Treffpunkt genutzt werden könnte.

Das Thema Arbeit und sinnvolle Freizeitbeschäftigung ist eines der Hauptprobleme und das Credo dieser Diskussion war: "Die Leut brauchat a Geschäft". Claudia Belz von der Gemeindeverwaltung relativierte, dass sie jedoch in den ersten drei Monaten nicht arbeiten dürften.

Wenig später zeigten die Herren aus dem fremden Land, wie gut sie sich schon eingelebt haben. Sie stellten sich teils in Deutsch vor und schlossen ihre Vorstellung mit den Worten "und ich wohne in Weitingen". Sie nahmen die Besucher des Kennenlerntreffs mit in ihre Heimat, zeigten Bilder ihrer Dörfer und Familien und betonten, dass sie über die schrecklichen Anschläge in Paris entsetzt sind. "Terrorismus ist keine Religion und deshalb sind wir vor dem IS geflohen", so ihre Botschaft. Bevor man anschließend zum gemütlichen Teil überging, baten sie die Anwesenden um eine Schweigeminute für die Opfer dieser Tat.