Peter Boch heißt der neue OB von Pforzheim. Nach einem fulminanten Wahlkampf hat er Amtsinhaber Gerd Hager im ersten Wahlgang besiegt. Foto: dpa

37-Jähriger hat Amtsinhaber im ersten Wahlgang besiegt. Früherer Ministerpräsident hat Wahlkampf mitorganisiert.  

Epfendorf/Pforzheim - Über ihn redet die halbe Republik: Peter Boch, jung, dynamisch, erfolgreich. Noch ist der 37-Jährige Bürgermeister in Epfendorf. Doch bald schon wird der CDU-Politiker Oberbürgermeister in Pforzheim sein.

Nach dem fulminanten Sieg bei der Oberbürgermeister-Wahl in Pforzheim am Sonntag ist er bundesweit im Gespräch: Peter Boch. Der Bürgermeister von Epfendorf, einem Dorf im Kreis Rottweil, hat gleich im ersten Anlauf die absolute Mehrheit erreicht. Er hat nach einem fulminanten Wahlkampf Amtsinhaber Gert Hager im ersten Wahlgang besiegt. Für die Sozialdemokratie im Land eine Demütigung. Aber auch ein anderer macht von sich reden.

Bochs Sieg ist eine Sensation. Sein Erfolg das Meisterwerk eines Mannes, den etliche in der Landespolitik, vor allem in der Landes-CDU, weiterhin lieber abgeschrieben wüssten: Stefan Mappus. Er hat Boch in seine Heimatstadt Pforzheim geholt, in jene Stadt, in der er lange Zeit kommunalpolitisch aktiv war und nun CDU-Ehrenvorsitzender ist.

Die beiden kennen sich seit Jahren. Boch, der einen bunten Lebenslauf aufweisen kann mit Stationen als Balletttänzer und Polizist, ist Personenschützer von Mappus, als dieser vom Staatsministerium in Stuttgart aus das Land regiert. Doch nur für kurze Zeit. Das Jahr 2011 markiert einen Wendepunkt im Leben der beiden, die Wege gehen auseinander. Mappus verliert mit der Landtagswahl den Job als Ministerpräsident, Boch hingegen wird etwas: Bürgermeister in Epfendorf. Gerade einmal sechs Jahre später schafft er es mithilfe von Mappus zum Verwaltungschef der achtgrößten Stadt im Land. Damit beweist das Polit-Duo Boch und Mappus: Die CDU, sie kann in Baden-Württemberg doch noch OB-Wahlen gewinnen. In Pforzheim sogar erstmals.

"Peter Boch ist ein sensationeller Wahlkämpfer, er hat Charisma und packt die Dinge an", schwärmt Mappus. Der Förderer ist von seinem Schützling überzeugt. Diese Überzeugungskraft war auch notwendig, um in den eigenen Reihen die anfänglichen Zweifel an dem Kandidaten aus der Provinz zu zerstreuen. Boch gegen Hager, ein unbeschriebenes Blatt gegen den Amtsinhaber – kann das gut gehen?

Unterschiedlicher könnten die beiden vom Typ her nicht sein: Gert Hager, der nun abgewählte OB, ist Sozialdemokrat, 54 Jahre alt, und gilt den meisten als bieder. Boch, mit CDU-Ticket ausstaffiert, ist 37 Jahre jung, kommunikationsstark, ein Sympathieträger. Wo er hinkommt, so scheint es, öffnen sich ihm Türen und Herzen der Menschen. Das geht so weit, dass die Leute Selfies mit ihm machen wollen. Boch, ein Polit-Star.

Jung, dynamisch und erfolgreich? Das gern als Goldstadt apostrophierte Pforzheim könnte diesen Erfolg gut gebrauchen. Denn vom Glanz früherer Zeiten ist nicht mehr viel zu sehen. Das Geld ist knapp, die Aufgaben sind enorm, die sozialen Probleme offensichtlich. Das bildet den Nährboden für rechte Gruppierungen. Die AfD triumphierte bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr, wurde stärkste Kraft, holte eines von zwei Direktmandaten im Land. Pforzheim hat seitdem einen zweifelhaften Ruf.

Eine Wahl zu gewinnen, ist das eine, die Amtsperiode angesichts dieser Herausforderungen erfolgreich zu bestehen, das andere. Mappus sagt, Boch kann das, ihm traut er das zu.

Dass neben der FDP auch die AfD den CDU-Kandidaten im Wahlkampf unterstützte, wollte der politische Gegner zu seinen Gunsten nutzen. Der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) wollte seinem Parteifreund Hager auf den letzten Metern beistehen. Mentrup empörte sich auf seiner Facebook-Seite am Freitag, zwei Tage vor der Wahl, über die Sympathiebekundung der AfD für Boch und schlussfolgerte: "Die alte Mappus-CDU ist wieder da: widerwärtiges Machtstreben um jeden Preis."

Da war er wieder, der Reflex, der seit Jahren von den Protagonisten auf landespolitischer Ebene ausgelöst wird, wenn es um Mappus geht. Mappus’ durchgreifender Politikstil und sein Machtbewusstsein, seien heute verpönt. Das wird nicht nur von Grünen, SPD und FDP so gesehen. Auch in der CDU denken sie in dieser Weise über den vorerst letzten Ministerpräsidenten aus den eigenen Reihen. Mappus wird in der Landes-CDU immer noch als Persona non grata behandelt.

Mappus und Boch, sie haben es allen gezeigt. Freund und Feind. Hält Peter Boch, was sich die Leute von ihm versprechen, beginnen möglicherweise bald wieder goldene Zeiten in Pforzheim.

Stefan Mappus hat bewiesen, dass er es noch kann, dass er über politisches Gespür und ein glückliches Händchen verfügt. Dem früheren MP wird nachgesagt, dass in ihm das politische Feuer weiterhin lodert. Der Wahlsonntag dürfte wie Öl in dieses gewesen sein. Die Freude in der Landes-CDU über den Coup in Pforzheim hält sich daher in Grenzen.

Winfried Kretschmann (Grüne) war fast 63 Jahre alt, als er Ministerpräsident wurde. Mappus wurde im April 51. Bis Ende 2019 steht er bei einem IT-Beratungsunternehmen bei München unter Vertrag. Die nächsten Landtagswahlen sind 2021. Dann wird er 55. Kein Alter, um es politisch nicht noch einmal wissen zu wollen. Dann wieder in der ersten Reihe.