Werden Trichtinger und Harthauser Abteilungswehren ein Löschzug?

Von Marcella Danner

Epfendorf. Kommen sie, oder kommen sie nicht? Es ist bereits ein paar Minuten über der Zeit, zu der am Mittwochabend im Harthauser Gemeindehaus die außerordentliche Mitgliederversammlung der Abteilungswehren beginnen soll. Noch sind die Harthauser Kameraden weitestgehend unter sich. Bürgermeister Peter Boch und Gesamtkommandant Alexander Heim sehen auf die Uhr. Das anstehende Thema gibt durchaus Grund zur Sorge. Denn es geht um eine geplante Zusammenlegung der Feuerwehrabteilungen von Harthausen und Trichtingen zu einem Löschzug – mit einem gemeinsamen Gerätehaus. Ein brisantes und hochemotionales Thema, das ist allen im Raum klar. Die Sorge ist unbegründet. Die Trichtinger Wehr marschiert in großer Zahl mit Kommandant Andreas Leopold ins Gemeindehaus ein. Die Versammlung kann beginnen, und sie wird – ums gleich vorweg zu nehmen – den ganzen Abend lang recht sachlich geführt.

Es geht um die eigene Identität, um das gesellschaftliche Leben im Flecken, um durchaus verständliche Ängste. Das weiß Peter Boch ganz genau. Deshalb ist es ihm wichtig, die "Kameraden", wie er die Feuerwehrmänner immer wieder anspricht, mitzunehmen, einzubinden in Planungen, die er aber keinesfalls mit der Brechstange durchsetzen will. Das betont er mehrfach.

Fakt ist, dass bei den beiden Feuerwehrhäusern in Harthausen und in Trichtingen in den kommenden Sanierungen anstehen. Das Gebäude Dorf 8 in Trichtingen ist sogar in einem "desolaten Zustand", sagt der Bürgermeister. Ein 30 Jahre währender Investitionsstau verlange nun einen Kapitalaufwand im hohen sechsstelligen Bereich. Warum wurde eigentlich nie ins Trichtinger Magazin investiert? An den Tischen wird die Frage gemurmelt, einer spricht sie auch laut aus. Keiner habe sich halt herangewagt, an das Fass ohne Boden, geben sich die Wehrmänner selbst die Antwort.

Bürgermeister Peter Boch glaubt an seine Feuerwehr. "Wer, wenn nicht wir können es schaffen, die Situation zu meistern?!", macht er Mut. Ganz klar aber ist für das Gemeindeoberhaupt, dass sich die Kommune die Sanierung der beiden Gebäude nicht leisten kann und auch nicht leisten will. Denn schlussendlich habe man dann wieder zwei Feuerwehrhäuser mitten in den Orten. Im Gemeindeentwicklungskonzept wurden da ganz andere Vorstellungen erarbeitet. Es geht im die Gestaltung der Dorfmitte. Die Magazine sind da eher im Weg. Auch aus einsatztaktischen Gründen wäre eine weniger zentrale Lage wohl optimal.

Der Bürgermeister wagt sich an die "heilige Kuh" – das Dorf 8, in dem zwar die Feuerwehr untergebracht ist, das ansonsten aber leer steht. Ein großer Ökonomieteil gehört auch noch dazu. Am liebsten würde er es verkaufen. Gespräche mit potenziellen Investoren führt er bereits. Mit dem Gerätehaus unten drin wird er aber wohl keinen finden, gibt er unumwunden zu.

Mitgestaltung und Vorstellung eines gemeinsamen Feuerwehrhauses der beiden Gemeinden heißt der Tagesordnungspunkt der Versammlung. Alexander Heim, Kommandant der Epfendorfer Gesamtwehr, legt großen Wert auf das Wort Mitgestaltung. Die Anforderungen an eine Feuerwehr hätten sich geändert, die Intensität der Einsätze sei größer geworden. Der Großbrand in Harthausen, das Hagelunwetter in Trichtingen, das Zugunglück in Talhausen – die besten Beispiele dafür, wie eine moderne Wehr gefordert wird. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müsse in die Ausrüstung, die Fahrzeuge und in die Gerätehäuser investiert werden. Von den Kameraden werde viel Einsatzwille verlangt, die Teilnahme an Ausbildungslehrgängen beispielsweise.

Standortfrage mit Ingenieurbüro klären

In Zeiten, in denen der berufliche Einsatzort oft Kilometer entfernt vom Wohnort liege, werde es auch mit der Tagesverfügbarkeit nicht einfacher. In den kommenden Jahren sieht Heim da Probleme auf die Wehr zukommen. "Wo stehen wir 2018?", fragt er sich und in die Runde. In Harthausen war es erst durch eine konzertierte Aktion gelungen, 14 neue Feuerwehrmänner auf einen Schlag zu rekrutieren. Sonst hätte es böse ausgesehen. Für Kommandant Heim ist die Zusammenlegung deshalb eine logische Konsequenz.

Gedanken um den Fortbestand der dörflichen Identität hat man sich auch schon gemacht in der Führungsspitze. Sein Stellvertreter und zugleich Kommandant der Harthauser Abteilung kann sich zwei Feuerwehr-Vereine vorstellen. Fluorn-Winzeln hat es vorgemacht. Proben und Einsätze finden gemeinsam statt – Ereignisse im Flecken, wie Maibaumstellen, Bewirtung zur Fasnet oder einfach ein "Feschtle", könne jedes Dorf weiterhin für sich organisieren. Das setze voraus, das eventuell neu entstehende Dorfgemeinschaftshäuser oder andere Räume auch von den Kameraden genutzt werden können. Schließlich soll der Spaß bei allem ernsthaften Engagement nicht zu kurz kommen. Die Feuerwehrleute opfern viel Freizeit für dieses Ehrenamt. Wenn’s hart auf hart kommt, arbeiten sie unter Einsatz ihres Lebens.

Doch wo soll es stehen, ein gemeinsames, neues und hochmodernes Feuerwehrhaus? Diese Frage lässt sich am Mittwochabend nicht klären. Dazu will Bürgermeister Boch Fachleute befragen. Deshalb wird er das Vorhaben nun ausführlich im Gemeinderat diskutieren, der in seinen Haushaltsplanungen Gelder für die Beauftragung eines Ingenieurbüros einstellen muss. Kommendes Jahr also könnte man sich wieder in gleicher Runde treffen und gemeinsam mit einem Fachbüro analysieren, was genau man eigentlich braucht. Dann müssen die Zuschüsse beantragt werden. Der Bürgermeister geht von einer Zeitschiene von drei Jahren aus.

Er macht aber auch klar, dass dieser Abend nichts in Stein gemeißelt hat. Sollte sich in weiteren Gesprächen herausstellen, dass die beiden Abteilungswehren "noch nicht so weit sind", will er das Vorhaben nicht durchboxen. Dann kommt der Plan in die Schublade, aus der er zu gegebener Zeit wieder herausgeholt werden kann, wenn sich die Befindlichkeiten vielleicht geändert haben. Dem Einwand, der Eingemeindungsvertrag sehe die Beibehaltung der einzelnen Feuerwehrabteilungen vor, begegnet er entspannt. "Das ist vor 30 Jahren aufs Papier geschrieben worden. Inzwischen hat sich die Welt komplett verändert."