Eine stattliche Menge Marihuana stellte die Polizei im vergangenen Jahr sicher. Foto: Archiv

29-Jähriger bekommt Drogen im Wert von 200.000 Euro. 27-Jährige und deren Freund sollen Abnehmer bedroht haben.

Kreis Freudenstadt - Marihuana, wüste Bedrohungen und ein Pärchen à la Bonnie und Clyde: Mit diesem Cocktail hatte sich die Strafkammer des Landgerichts Rottweil gestern auseinanderzusetzen.

Auf der Anklagebank saßen eine 27-Jährige, die vor der U-Haft in Bonn lebte, aber aus einem Horber Teilort stammt, und ihr 31-jähriger Partner aus Bonn. Diese hatten an einen 29-jährigen Abnehmer in Empfingen Marihuana verkauft. Viel Marihuana. 40 Kilogramm, um genau zu sein, was einen Gegenwert von knapp 200.000 Euro hat.

Und so kam der Stein ins Rollen: Der Drogenlieferant des Empfingers war festgenommen worden und daher war er fieberhaft auf der Suche nach  Personen, die ihm "Stoff" besorgen können. Hier erinnerte er sich an die 27-Jährige, eine Bekannte aus früheren Tagen. "Sie lebt nahe an der holländischen Grenze und könnte Marihuana besorgen", so sein Gedanke. Nachdem der Kontakt geknüpft war und die Zusage der Angeklagten vorlag, besorgte sie 100 Gramm Marihuana und fuhr dieses mit ihrem Freund nach Empfingen, wo es übergeben wurde.

"Ich hole meine Freunde und dann sehen wir"

Doch damit war der Drogenhunger nicht gestillt: Der Empfinger fragte nach immer größeren Mengen – und auch diese wurden besorgt. 500 Gramm, 800 Gramm, später waren es ein Kilogramm und am Ende sogar drei Kilogramm, bis das Ganze aufflog.Doch bereits zuvor hatte es gewaltig geknirscht im Gebälk, da der Empfinger bei den Drogenzahlungen um 10.000 Euro im Rückstand war.

Daraufhin geriet der 31-Jährige gehörig in Rage: "Du fickst mich ab. Ich hole meine Freunde und dann sehen wir, was wir mit dir machen", sendete er per SMS an den Empfinger. Dieser und seine Familie sollen gar mit dem Tod bedroht worden sein. "Ich bekam selbst die Pistole auf die Brust gesetzt, um das Marihuana bei meinen Verkäufern zu bezahlen. Diesen Druck habe ich weiter gegeben. Ich bin kein gewalttätiger Mensch", rechtfertigte sich der 31-Jährige.

Staatsanwalt  Markus Wagner warf den Angeklagten räuberische Erpressung, Bedrohung und mindestens 20 unerlaubte Handlungen  mit Betäubungsmitteln zur Last. Die 27-jährige Angeklagte wurde im Alter von fünf Monaten von einem Ehepaar aus  Horb adoptiert. Bereits mit 17 zog sie von Zuhause aus. "Ich habe mich mit meiner Mutter nicht gut verstanden und fühlte mich nicht geliebt", sagte sie auf die Frage von Richter Karlheinz Münzer.

Nach dem Abitur zog sie nach Köln, wo sie mehrfach anfing zu studieren, doch dies wieder aufgab. Zwischendurch arbeitete sie als Kellnerin, bevor sie zuletzt ein BWL-Studium in Siegen begonnen hatte. "Gekifft habe ich, seit ich 18 bin. Täglich", räumte sie ein. Seit Mitte 2011 hatte sie eine Beziehung zu dem Mitangeklagten. Diese sei anstrengend gewesen, da er viel Drogen konsumiert habe. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Marihuana versickerten zumeist im Drogenkonsum – Kokain, Heroin, Marihuana – des 31-Jährigen. Zudem waren beide mit je rund 20.000 Euro verschuldet.

Mit Handyladen insolvent gegangen

Der 31-Jährige hatte zeitweise einen Handyladen, der aber insolvent ging. Sein Ziel war es, das Abendgymnasium zu absolvieren und VWL zu studieren. Eine Therapie aufgrund seines Drogenkonsums habe er nie gewollt, erklärte Verteidiger Thomas Ohm, da er sich schlecht einräumen könne, dass er Hilfe brauche. Das illustre Verteidigerpaar – neben Ohm auch der TV-Anwalt Uwe Krechel ("Barbara Salesch") – ergriff immer wieder das Wort, um das Verfahren in die gewünschten Bahnen zu lenken.

Der Empfinger, der selbst eine zwei Jahre und zehn Monate lange Haftstrafe wegen Drogendelikten verbüßt, war als Zeuge geladen. In zwei Punkten widersprachen sich seine Aussagen mit denen der Angeklagten. So habe er, sagte der Empfinger, die ausstehenden 10.000 Euro nicht zur Verfügung gehabt. Die Angeklagten sprachen hingegen davon, dass er 80.000 Euro in der Hinterhand gehabt habe. Zudem behauptete er, die Drogen allesamt selbst entgegengenommen zu haben. Die Angeklagten hingegen erklärten, sie hätten das Marihuana auch anderen Familienmitgliedern übergeben. Die Verhandlung wird am Donnerstag, 22. Januar, um 9 Uhr in Rottweil fortgesetzt.